Märchen geben einem Kind die Möglichkeit, die sie umgebende Welt kennenzulernen, zwischen Gut und Böse, schön und hässlich, richtig und falsch zu unterscheiden. Wenn wir aufwachsen, werden uns diese „Geschichten“ durch die persönlichen Geschichten der Menschen um uns herum erzählt, jene Persönlichkeiten, die wir als Vorbilder, Dreh- und Angelpunkt unseres eigenen Verständnisses empfinden. Das sind unsere modernen Aufklärer. Heute erzählen wir eine Geschichte über einen Jungen, der im denkwürdigen Jahr 1968 in Kjustendil geboren wurde, in die Fußstapfen seines Vaters, eines Künstlers, stapfte und Stück für Stück die Leiter zu seinem eigenen Gipfel erklimmt.
Teodor Uschew gehört laut einer Umfrage des Lerida Animation Festival (Animac) und des Barcelona Cultural Center von Anfang 2021 zu den einflussreichsten Animatoren der Welt der letzten 25 Jahre. Er wurde mit mehr als 200 internationalen Preisen ausgezeichnet, darunter eine Oscar-Nominierung von 2017 für den Film „Die blinde Wajscha“ nach einer Erzählung von Georgi Gospodinow. Sein Weg führte ihn durch Plowdiw, wo er seinen Abschluss am Gymnasium für Bühnenkünste machte, dann einen Master in Grafikdesign an der Kunstakademie in Sofia.1999 ging er nach Montreal und arbeitete jahrelang mit dem National Film Board Kanadas an der Entstehung einiger der besten Animationsfilme unserer Zeit zusammen, die vielfach ausgezeichnet wurden. Der Rest ist eine Geschichte von "unsichtbaren Verbindungen", die zu Bulgarien führen, die auch in Borislaw Kolews neuestem Dokumentarfilm erzählt werden, der dem berühmten Künstler gewidmet ist.
Der Streifen „Teodor Uschew: Unsichtbare Verbindungen“ wurde zum ersten Mal am 10. Oktober auf dem Festival Cinelibri in Sofia gezeigt.
„Menschen aus Kunst, Kultur und Sport haben mich schon immer interessiert. Obwohl meine Helden unterschiedliche Schicksale, Charaktere und Berufe haben, gehören sie einer Generation, meiner Generation, an. Sie alle wurden in den 1960er Jahren geboren, wurden durch die 1970er und 1980er Jahre geprägt als ihre berufliche Laufbahn begann, lebten in den 1990er Jahren und darüber hinaus besonders aktiv. Durch die persönliche Geschichte meiner Helden bemühe ich mich, ein Porträt der Zeit zu zeichnen", sagte Borislaw Kolew in einem Interview für BNR-Warna über den Streifen.
Teodor Uschew: "Auch wenn wir im Ausland leben, suchen wir die Interaktion mit Menschen, mit denen wir im gleichen Rhythmus pulsieren."
Im Dokumentarfilm ist die aktive Haltung von Teodor Uschew zur Situation in Bulgarien und dem Platz des Landes auf der geopolitischen Landkarte Europas zu spüren, Dinge, die im Spielfilmdebüt des Animators indirekt propagiert werden.
Der Film „φ 1.618“, eine Koproduktion von Kanada und Bulgarien, wurde am 8. Oktober bei der Eröffnung des Festivals „Cinelibri“ in Sofia uraufgeführt. Inspiriert ist er vom Roman „Spinning top“ des Kulturwissenschaftlers Vladislav Todorov, der seit vielen Jahren in den USA lebt. Teodor Uschew war im Studio des BNR-Programms Hristo Botew, um selbst über den Film zu erzählen.
„Die Interaktion von bulgarischen Künstlern außerhalb des Landes ist außerordentlich wichtig, denn auf diese Weise entstehen Meisterwerke. Auch wenn wir im Ausland leben, pulsieren wir im gleichen Rhythmus“, sagt Teodor Uschew und fügt hinzu, dass der Patriotismus nicht in den Tätowierungen von Nationalhelden besteht, die wir in der Vergangenheit verraten haben. „Unser Patriotismus besteht darin, nach Menschen zu suchen, die an einem Ort geboren wurden und die gleiche Weltauffassung teilen, die die gleiche Vision davon haben, wie wir unseren Geburtsort immer attraktiver und interessanter gestalten können. Damit es für die nächsten Generationen besser wird.“
Der Titel des Films ist der Wert des goldenen Schnitts in der Natur, das Verhältnis der letzten beiden Zahlen in der Fibonacci-Folge. „Ich bin Künstler und liebe Proportionen und Zahlen“, erklärt Teodor Uschew, der erfüllt ist von unendlicher Dankbarkeit gegenüber seinen Kollegen in Kanada, die sich bereit haben, für wenig Geld am Film zu arbeiten, nur ihm zuliebe. Er mag es, wenn sich Menschen für eine Sache einsetzen, ohne dass es ihnen zwangsläufig materielle Vorteile bringt oder die Dinge leichter macht. „Im Gegenteil, die Arbeit für eine solche Sache macht einem das Leben oft schwerer, weil jede Idee auf Widerstand stößt und enormen Einsatz erfordert. Deshalb ist es so schwierig, dass hier, in Bulgarien, etwas passiert", ist die Auffassung des weltberühmten Bulgaren über das Leben in seiner Heimat. Für ihn war es besonders wichtig, dass die Premiere von seinem Filmdebüt in Bulgarien stattfindet, seiner Heimat. Obwohl er im Ausland lebt, ist er politisch stark engagiert, was an seinen Zeichnungen der Augen der Ärzte aus den Covid-Kliniken und der Plakate in Unterstützung der ukrainischen Flüchtlinge erkennbar ist.
"Krieg ist nie ein guter Ausweg aus einer Situation. Heute wird ein Krieg vor unserer Haustür geführt", sagt der Animator und gibt zu, dass er zum ersten Mal von den Ereignissen beunruhigt ist.
„Es ist sehr beunruhigend, dass es Menschen in unserem Land gibt, die bereit sind, diesem Krieg die Tür von unserem Zuhause zu öffnen, indem sie sich auf die falsche Seite stellen, auf die Seite des Gewalttäters, des Usurpators. Die Künstler, soweit ihnen diese Gelegenheit gegeben wird, sind verpflichtet, Stellung zu beziehen und am Sieg der Normalität über das Böse, der Schönheit über das Hässliche teilzunehmen. Wir müssen Botschafter des Guten sein“, unterstreicht Teodor Uschew und versucht es mit vollem Einsatz während er seine nächsten Filmprojekte vorbereitet - zwei Langfilme und zwei Animationsfilme. Die Vorlage für „Der Wolf“ ist eine Erzählung von Emilian Stanew. „Noch eine bulgarische Spur“, scherzt der Regisseur. Es ist eine Geschichte, die Emilian Stanew selbst in zwei Sätzen zusammenfasste: „Wir hassen den Wolf in uns selbst, aber wir können ohne ihn nicht glücklich sein. Eine komplizierte Sache!".
* Teodor Uschew ist einer der bulgarischen Kulturbotschafter für das Jahr 2021 im Wettbewerb des Bulgarischen Nationalen Rundfunks.
Text: Wessela Krastewa nach Interviews von Nina Zanewa, BNR-Hristo Botew und Alexander Jordanow, BNR-Warna
Übersetzung: Georgetta Janewa
Fotos: Ani Petrowa, Teodor Uschew, Eliza Mateewa, Cinelibri
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