Nach einer Woche Straßenproteste in Skopje gegen den französischen Rahmenvorschlag zur Aufnahme von Verhandlungen über den EU-Beitritt Nordmazedoniens stellt sich die Frage, warum die Regierenden in unserem südwestlichen Nachbarland eine Entscheidung diesbezüglich hinauszögern. „Die Regierenden in Nordmazedonien sind überzeugt, dass sie den französischen Vorschlag nicht ablehnen sollten. Aber wegen der Gefahr vor Neuwahlen werden sie versuchen, die Verabschiedung des Beschlusses im Parlament zu verzögern, bis die Intensität der Proteste nachlässt.“ Das sagte Atanas Welitschkow in einem Interview für „Radio Bulgarien“. Er ist Chefredakteur der mazedonischen Website tribuna.mk, auf der die Bulgaren im Lande in der lokalen Sprachform ihren Positionen Ausdruck verleihen.
Auf die Frage, ob die Ablehnung des französischen Vorschlags zu wachsenden interethnischen Spannungen mit den Albanern im Lande führen könnte, äußerte sich der Journalist eher skeptisch:
„Ich würde nicht derart kühne Behauptungen aufstellen, dass der ethnische Frieden im Lande auf dem Spiel steht. Außenminister Bujar Osmani hat das zwar erwähnt, aber ich glaube, es war sein Hilferuf. Eine Art: Wir sollten es lieber zu Ende bringen, denn es könnte schlimm werden. Aber ich sage noch einmal, ich glaube, die Slawen und die Albaner in Nordmazedonien sind des Kämpfens müde. Ich glaube nicht, dass es zu nennenswerten Zusammenstößen auf ethnischer Basis kommen wird.“
Trotz der Proteste habe die negative Einstellung gegenüber der bulgarischen Gemeinschaft in Nordmazedonien nicht zugenommen, sage Welitschkow und weiter:„Wir sind an die negative Haltung vor allem der offiziellen Behörden hier gewöhnt, an ihre, wie ich sie nenne, systematisierte Sprache des Hasses. Die Stigmatisierung der Bulgaren hier ist allgegenwärtig. Es könnte möglicherweise zu einem Problem kommen, falls ein prominenter Bulgare zu den Protesten erscheint, aber was den Druck angeht - ich habe noch keine Informationen über etwas, das über das hinausgehen würde, was die Leute hier normalerweise ertragen. Es gibt Drohungen in sozialen Netzwerken, aber das ist eine gängige Praxis. Daran sind wir inzwischen gewöhnt.“
Der Journalist bestätigte die Information, dass sich unter den Demonstranten gegen die „Bulgarisierung Nordmazedoniens in der EU“ auch unzufriedene Menschen mit bulgarischen Pässen befinden. Dass viele von ihnen, je nach beruflichen Vorteilen und politischer Lage, sich mal als Bulgaren, mal als antike Mazedonier und mal als Mazedonier aus der Zeit Jugoslawiens ausgeben.
Atanas Welitschkow erwartet nicht, dass es während der neuen tschechischen EU-Präsidentschaft zu Änderungen am französischen Rahmenvorschlag kommt.
„Ich glaube nicht an eine solche Entwicklung der Dinge und zwar aus dem einfachen Grund, dass Bulgarien im Falle einer Änderung den Prozess sofort rückgängig machen sollte. Was der Europäische Rat über die französische Präsidentschaft als Vorschlag unterbreitet hat, ist das Beste für beide Länder. Wenn es zu einer Änderung kommt, sollte Bulgarien seine Positionen wie bisher konsequent verteidigen, die Verhandlungen sofort wieder von vorne beginnen und, wenn nötig, eine neue Blockade verhängen, meint der Journalist.
Übersetzung: Rossiza Radulowa
Fotos: BGNES, EPA/BGNES
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