Sofia wurde am 3. April 1879 von der verfassungsgebenden Volksversammlung, die in der alten bulgarischen Hauptstadt Weliko Tarnowo tagte, zur Hauptstadt des befreiten Bulgariens erklärt. Zur Auswahl standen noch die alte bulgarische Hauptstadt Weliko Tarnowo und Plowdiw. Das Argument von Prof. Marin Drinow, der die Idee hatte, Sofia zur Hauptstadt zu erklären, war, dass die Stadt im geometrischen Zentrum der bulgarischen ethnischen Gemarkung liegt.
Drinow kannte Sofia gut, da er nach der Befreiung Vizegouverneur des ersten Gouverneurs von Sofia, Pjotr Alabin, war. „Da Marin Drinow kein Abgeordneter war, musste der Vorschlag von Todor Dzhawarow eingebracht werden“, weiß Zdrawko Petrow zu berichten. Von Beruf Urbanist, gehört Zdrawko zu den jungen Leuten von der Agentur "Historical Routes Sofia", die mit großem Elan mit Sofiotern und Gästen das Puzzle der Stadtgeschichte zusammensetzen.
Sofia war zu dieser Zeit eine bunte, osmanische Stadt mit engen, gewundenen Gassen, ohne Kanalisation. „Kurz nach der Befreiung 1878 wurde sie vom österreichischen Politiker, Diplomaten und Slawisten tschechischen Ursprungs, Konstantin Jireček, "das bulgarische Venedig" genannt“, behauptet Zdwawko Petrow.
In der Stadt soll es damals zahlreiche Minarette und kleinere Kirchen gegeben haben, aber auch die Ruinen der römischen Stadt Ulpia Serdica. Zu den Gebäuden, die schon damals existiert haben, gehört die Basilika "Heilige Sophia". Vor der Befreiung soll sie eine Zeit lang als Moschee genutzt worden sein. Als ein Erdbeben ihr Minarett zerstörte, wurde sie verlassen. Sofort nach der Befreiung wurde das Gebäude als Beobachtungsturm für die Feuerwehr genutzt.
Der Handel spielte sich in der Nähe des heutigen Largo ab. Der Getreidemarkt befand sich an der Moschee "Banja Baschi" aus dem 16. Jahrhundert. Nach 1878 verwandelte sich dieser Teil der Stadt in eine Handelsstraße, die auch so genannt wurde.
1881 bestätigte Fürst Alexander der I. den Stadtbauplan von Sofia. Es war vorgesehen, anstelle der engen, gewundenen Gassen, breite, bequeme Straßen zu bauen. Sofia sollte ein europäisches Antlitz erhalten.
Die ersten Veränderungen wurden entlang der heutigen Moskowska-Straße vorgenommen. Früher hieß diese Straße Orhaniska, weil sie nach Orhanie führte, der heutigen Stadt Botewgrad. Aus dieser Richtung kamen die russischen Truppen, die die Türken immer weiter zurückdrängten, in die Stadt. Ihnen zu Ehren wurde die Straße in Moskowska umbenannt. Sofort nach der Befreiung wurde der dort befindliche alte türkische Reitstall in ein königliches Palais nach dem Projekt des österreichischen Architekten Viktor Rumpelmayer umgebaut.
„Das Jahr 1883 wurde im Ballsaal des neuen Palais mit einem großen feierlichen Empfang begrüßt. Der Kulturschock der geladenen Gäste war groß, denn bis dahin hatten sie so eine Einrichtung nirgendwo gesehen. In einigen alten Büchern ist zu lesen, dass es oft vorkam, dass jemand gegen einen der zahlreichen Kristallspiegel rannte...“, erzählt Zdrawko weiter.
Die ersten neuen Gebäude, die nach der Befreiung entstanden, wurden in dem zur damaligen Zeit in ganz Europa weit verbreiteten Architekturstil Neuklassizismus gebaut. Nach 1890 wurde auch der Jugendstil populär.
Die ersten Architekten des neuen bulgarischen Staates waren Ausländer, weil es keine bulgarischen Architekten gab. Die Ausländer sahen in Bulgarien eine neue Möglichkeit, ihr Betätigungsfeld zu erweitern. Besonders stark war der kulturelle Einfluss Österreich-Ungarns.
Viele der wunderschönen Gebäude in Sofia sind Friedrich Grünanger zu verdanken. Emblematisch für die Stadt sind die ehemalige chinesische Botschaft, das heutige türkische Konsulat, die Gebäude, in denen die griechische und die spanische Botschaften untergebracht sind und natürlich das Fürstenschloss.
Übersetzung: Georgetta Janewa
Fotos: https://historicalroutes.bg
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