Heute wird in der Sofioter Stadtgalerie eine Retrospektiv-Ausstellung des international angesehenen Illustrators Jassen Ghiuselev eröffnet. Das Publikum wird einen Monat Zeit haben, sich mit den Werken des Künstlers aus nächster Nähe vertraut zu machen.
Der 1964 geborene Jassen Ghiuselev absolvierte die Kunstschule und Akademie in Sofia. Diese besuchte auch sein Bruder Tschawdar, aber auch dessen Vater Nikola, der jedoch weltweit als Basssänger Ruhm erntete. Seit 1990 arbeitet Jassen als freier Künstler. Seine Illustrationen zu Klassikern, Märchen und Novellen fanden international große Beachtung. Sein "Pinocchio" wurde von der Stiftung Buchkunst als eines der "schönsten deutschen Bücher" ausgezeichnet.
Jassen Ghiuselev ist seit Kindesbeinen nicht nur an Kunst, sondern auch an Geschichte interessiert, was sich schließlich in seinen Werken widerspiegelt. Als Kind schmökerte er gern in reich illustrierten Büchern aus der umfangreichen Bibliothek seines Vaters, was seinen weiteren Weg vorwegbestimmte – er wurde Illustrator.
„Er hatte das Glück, zu den Generationen zu gehören, die unmittelbar nach der Wende die Kunstakademie beendeten“, erzählt uns Krassimir Iliew, Kurator der Ausstellung der Stadtgalerie Sofia. „Viele seiner Kommilitonen gingen sofort ins Ausland, vor allem nach Italien – dem Land der Künste. Jassen nutze ebenfalls diese Gelegenheit, zumal Italien für ihn kein fremdes Land war – er hatte es Dank der Engagements seines Vaters mit ihm bereist. Vor allem die Kunst der Renaissance hatte es ihm angetan. So wurde Italien als Ausgangspunkt seines Schaffens.“
Jassen Ghiuselev begann für verschiedene Verlage zu arbeiten. Verträumte Märchen, romantische Sagen und Legenden sowie Geschichtsabenteuer schmückte er mit seinen Illustrationen, die klassisch und surrealistisch zugleich sind. Mit seiner Gestaltung verhalf er ihnen zu einer größeren Verbreitung und zu weiteren Neuauflagen. Nehmen wir beispielsweise „Alice im Wunderland“. Die deutsche Ausgabe wurde vom Aufbau Verlag wie folgt vorgestellt: „Die Besten der Besten haben Alices Abenteuer illustriert. Keiner aber spiegelt mit seinen Bildern den Irrgarten einer verdrehten Welt so traumsicher wie Jassen Ghiuselev… Die alogische, verrückte Welt, die Ernst und Aberwitz, Phantastik und Bedrohung so doppelbödig vorstellt, bringt Ghiuselev in imaginäre Räume, in absurde Konstruktionen mit augentäuschenden Perspektiven, die das Raffinement der geheimnisvollen Welt eines M. C. Escher zeigen. Es gibt dort Treppen, die ins Nichts führen, Orte, die gleichzeitig Innen und Außen, Oben und Unten sind; Verwandlungsbilder mit den wundersamsten Augentäuschungen. Und so phantastisch wie der Irrgarten sind auch die Figuren in dieser Wunderwelt: eine Alice, deren Anmut, Schönheit und Ernst ebenso verzaubern, wie die abstrus hässliche Herzogin schockiert…“
Eine weitere Ausgabe in Bulgarien wird demnächst erscheinen, gefolgt von „Alice im Spiegelland“. Jassen Ghiuselev ruht sich aber nicht auf seinen Lorbeeren aus: „Derzeit arbeitet er intensiv am „Dekameron“ von Giovanni Boccaccio“, erzählt uns weiter der Kunstexperte Krassimir Iliew. „Das ist seine Art zu arbeiten – er stürzt sich kopfüber in ein Projekt. Natürlich ist es auch vorgekommen, dass er an mehreren Sachen gleichzeitig arbeitet. Nennen wir z.B. „Alice im Wunderland“, für deren Illustrationen er vier Jahre gebraucht hat. Zwischendurch hat er auch andere Dinge gezeichnet. Er vertieft sich meist aber nur in ein Werk. Jassen lässt alles hinter sich, ändert seine Zeichenmanier und fängt ganz von neuem an. Die Verleger sind natürlich nicht allzu glücklich über eine solche Arbeitsweise, weil sie vom Aussehen der Illustrationen konkrete Vorstellungen haben. Sie wollen sie in der Art wie seine vergangenen sehen. Jassen überrascht sie aber immer wieder und sie sind zuweilen enttäuscht. Der Künstler argumentiert, dass er dem Publikum nicht langweilig werden will.“
Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
Fotos: Weneta Pawlowa
Vom 10. bis 13. September findet in der französischen Hauptstadt das Festival des bulgarischen Films statt, dessen sechste Ausgabe unter dem Motto „Stronger Together“ steht. „Wir wollen in diesem Jahr internationale Koproduktionen mit..
Wie sah Sofia in den 1970er Jahren aus? Diese Frage beantwortet die Fotoausstellung „Station Sofia '70 “ mit Archivaufnahmen des berühmten bulgarischen Fotografen Panajot Barnew. Die Ausstellung wird am 3. September in der Galerie „Dot Sofia“..
Nur wenige Jahre vor dem Fall der Berliner Mauer und dem damit einhergehenden euphorischen Gefühl von Freiheit traten auf den Bühnen des Kunstfestivals „Apollonia“ in Sosopol zum ersten Mal Musiker, Künstler, Schriftsteller und..
Maria Kassimova–Moisset wird heute Abend um 20.00 Uhr in Berlin ihre originelle Aufführung „Frei fallende Geschichten“ präsentieren. Die Veranstaltung..