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Ein Spaziergang durch Malko Tarnowo und seine Museen

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Foto: Weneta Nikolowa

Die bulgarische Kleinstadt Malko Tarnowo ist lediglich 10 Kilometer von der Grenze zur Türkei entfernt. Am Horizont zeichnen sich inmitten einer Einöde die unberührten Höhenzüge des Strandscha-Gebirges ab. Jahrzehnte lang war dieser von der Urbanisierung verschonte Landstrich für den Massentourismus unzugänglich, denn er gehörte zum Grenzgebiet. Heutzutage steuern die Krise und der Bevölkerungsschwund für die Verlassenheit bei – die Menschen verarmen und wandern aus. Die Ruhe und Einsamkeit ziehen aber zunehmend mehr Touristen an, die gerade fern des Menschengewimmels nach unberührter Natur suchen. Die Besucher werden vor allem von der Landschaft, der Flora und Fauna, aber auch von den alten Kirchen und den Museen angezogen.

Ein Spaziergang durch Malko Tarnowo lohnt sich. Die Stadt ist eingebettet in saftigem Grün, die Luft ist sauber und Hektik scheint hier ein Fremdwort zu sein. Die Atmosphäre allein versetzt in Meditationsstimmung... Wenn wir schon bei diesem Thema sind: beide Kirchen der Stadt sind eine Besichtigung wert. Die orthodoxe Kirche „Mariä Himmelfahrt“, gemauert aus örtlichem Bruchstein, besitzt überraschend viele Ikonen. Bei ihrer Errichtung wurden Architekturfragmente antiker Bauten wiederverwendet, die in der Umgebung gefunden worden sind. Die Gegend ist reich an einstigen thrakischen und römischen Heiligtümern.

Malko Tarnowo besitzt auch eine katholische Kirche – „Heilige Dreifaltigkeit“, die 1931 auf den Fundamenten eines älteren Kirchenbaus errichtet wurde. An gleicher Stelle stand einst ein heidnischer Tempel. Die Einwohner der Stadt sind stolz auf ihre Vergangenheit und den sie umgebende Naturreichtum. Mehr über die Geschichte kann man im örtlichen Gemeindemuseum erfahren. Das Museum selbst besteht aus vier verschiedenen Gebäuden, alles historische Bauwerke, die verschiedene Expositionen beherbergen. Die Museumsgebäude sind einstige Bürgerhäuser aus dem Ende des 19. Jahrhunderts, errichtet im typischen Architekturstil der Strandscha-Region.

СнимкаDas erste Haus zeigt unsere Archäologie-Sammlung mit Exponaten aus dem 11. vorchristlichen Jahrhundert bis zum 4. Jahrhundert nach Christi Geburt“, erzählt Dimitrina Sabirowa, Kuratorin des Gemeindemuseums. „Es handelt sich überwiegend um Grabbeigaben aus der Zeit der Thraker, die die ersten Bewohner der Region waren. Im benachbarten Haus ist unsere Geschichtssammlung zu sehen, die die Stadtgründung 1626 dokumentiert. Anhand von Exponaten wird die weitere Entwicklung von Malko Tarnowo verdeutlicht, darunter die Zeit der bulgarischen Wiedergeburt, der Kampf gegen die türkische Fremdherrschaft und der Aufstand am Elias-Tag 1903 als Höhepunkt unseres Kampfes um nationale Befreiung. Wir besitzen auch eine reiche Ikonen-Sammlung, darunter von Heiligen, die insbesondere von der hiesigen Bevölkerung verehrt wurden und werden, wie z.B. der heilige Stilijan, den man um männlichen Nachwuchs bat. Da in der Region vornehmlich Tierhaltung betrieben wurde, richtete man seine Gebete auch an den heiligen Modest, der umringt von Tieren dargestellt ist.

СнимкаDie Naturkundeausstellung ist nicht minder sehenswert. Hier kann man in eine Baumhöhle kriechen, die einem Telefonhäuschen gleicht. Drinnen kann man jedoch Vogelstimmen lauschen. Der Nebenraum ist seinerseits verdunkelt und bildet einen nächtlichen Wald im Strandscha-Gebirge nach.
Im zweiten Stock wird verschiedenes Brauchtum vorgestellt, darunter die Rituale der Feuertänzer. Interesse weckt auch einer der Frühlingsbräuche, bei dem ein sogenannter „weißer Schembartläufer“, bekleidet mit sieben Fellen übereinander, einen gewaltigen Phallus aus Holz schwingt und symbolisch die Erde befruchtet.

Einzelheiten über örtliche Traditionen erfährt man aus der reichen ethnographischen Sammlung, die in einem getrennten Haus untergebracht ist.

СнимкаDie Ethnographie ist in einem 280 Jahre alten Haus zu sehen, dem Geburtshaus von Stamat Ikonomow, einem der Anführer des Aufstandes am Elias-Tag“, erzählt weiter Dimitrina Sabirowa vom Gemeindemuseum der Stadt Weliko Tarnowo. „Ausgestellt sind verschiedene Haushalts- und Arbeitsgegenstände. Eines der Zimmer zeigt eine typische Einrichtung eines Strandscha-Hauses von damals. Bemerkenswert sind auch die gezeigten Trachten. Hier sind drei ethnographische Gruppen anzutreffen – „Ruptzi“, „Tronki“ und „Sagortzi“. Die alteingesessene Bevölkerung in Malko Tarnowo nennt man „Ruptzi“ – sie haben die Strandscha-Region nie verlassen. Ansonsten trifft man verschiedene Trachten, Dialekte und Bräuche an.“

Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow



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