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Migration in Weiß: Von klassischer Sesshaftigkeit nach grenzüberschreitender Mobilität

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Fotocollage: Silvia Petrowa

Der Bürgermeister eines gottverlassenen Gebirgsdorfes hat unlängst einen Preis ausgeschrieben, um einen Arzt in sein 970-Seelen-Dorf anzulocken. Der Ärztemangel ist akut und zum Teil auf die Auswanderung junger Mediziner zurückzuführen. "Migration in Weiß" nannte Dr. Anna Krastewa von der Neuen bulgarischen Universität in Sofia ihren Vortrag auf der heutigen Konferenz in Sofia über die Ausländer in Bulgarien und die Bulgaren im Ausland. Vor Beginn der Konferenz sprachen wir mit Dr. Krastewa.

"Die Auswanderung der Ärzte trifft jeden von uns", sagt Anna Krastewa einleitend. "Zum einen gehören die Mediziner zu den am besten gebildeten Schichten unserer Gesellschaft. Zum anderen hat ihre Migration rein wirtschaftliche Folgen für Bulgarien, denn die Medizin ist inzwischen auch ein Wirtschaftsfaktor. Und natürlich leiden wir alle unter dem Ärztemangel, wenn wir medizinische Hilfe brauchen", führt Dr. Krastewa aus.

Die Politik bezeichnet die Ärzteauswanderung als Verlust von hochqualifizierten jungen Menschen. Verloren geht die Investition in ihre Ausbildung, und Bulgarien verwandelt sich in einen Spender für das Gesundheitswesen entwickelter europäischer Länder. Aus der Sicht der auswanderungswilligen Ärzte sieht es naturgemäß anders aus – sie sprechen von Arbeitsbedingungen, Gehältern, Anerkennung und professioneller Zukunft. Dazu wieder Dr. Anna Krastewa:

"Auf der einen Seite steht der Staat, auf der anderen – seine Bürger", sagt Dr. Krastewa. "Die politische Elite in Bulgarien ist darin gescheitert, die Auswanderung der Ärzte als Kritik an ihrem eigenen Verhalten zu deuten. Ihre Kurzsichtigkeit sticht ins Auge. 80 Prozent der Absolventen der medizinischen Akademie in Sofia streben eine Zukunft im Ausland an. Das ist nichts weiter, als lautstarke Kritik an die Unterschätzung des Gesundheitsfürsorge in Bulgarien", meint Dr. Krastewa.

Und während die Politiker in Bulgarien über Geldmangel und Reformformel streiten, haben sich bulgarische Ärzte aus dem Ausland überlegt, wie sie der medizinischen Versorgung in der Heimat helfen können. Dr. Krastewa erzählt:

"Ein bulgarischer Arzt aus Paris und ein Kollege aus Deutschland haben gemeinsam eine Privatklinik in Bulgarien gegründet. Der Arzt aus Frankreich kümmert sich um seine Pariser Patienten drei Wochen im Monat und die vierte Woche behandelt er Patienten in Bulgarien. Sein Kollege aus Deutschland hat ein Gleichgewicht geschafft und ist zwei Wochen in Deutschland und zwei Wochen in Bulgarien. Das nennt man grenzüberschreitende Existenz. Die Auswanderung der Ärzte hat sich bereits in eine neue Migration, ja Mobilität transformiert. Die bulgarischen Ärzte, die sich entschlossen haben, ins Ausland zu gehen, wollen eigentlich nicht für immer dort bleiben und die Verbindung zur Heimat kappen. Sie suchen lediglich bessere Arbeitsbedingungen und Aufstiegschancen, die sie im unreformierten Gesundheitssystem in Bulgarien nicht vorfinden", ist Dr. Anna Krastewa überzeugt.

Übersetzung und Redaktion: Vessela Vladkova



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