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Bulgarien und Vincent Dupuis

Der Franzose unterrichtet Geschichte und Geografie in Sofia und ist seit 18 Jahren im Lande

Ich bin ein Katzenliebhaber, sagte Vincent Dupuis und ergänzte, dass seine Lieblingshunderasse der Husky ist
Foto: persönliches Archiv

„Ich habe in Frankreich als Lehrer gearbeitet, aber ich war gelangweilt. Ich habe mich umgeschaut, wo ich als Geschichts- und Geografielehrer arbeiten könnte. Da bot sich eine Stelle in Bulgarien an“, erzählte Vincent Dupuis.

Und so mache sich ein frisch diplomierter Pädagoge, 2007 auf den Weg in ein Land, über das er so gut wie nichts wusste, um Kinder zu unterrichten, von denen die Hälfte Französisch nicht als Muttersprache haben, um den „schrecklichen“ bulgarischen Weißkäse zu essen und um die bulgarische Sprache zu lernen, in der sich das kyrillische Alphabet als eine der einfachsten Sachen herausstellt.

18 Jahre vergingen wie im Flug. Monsieur Dupuis ist jetzt fast Bulgare. Hier hat er nicht nur Arbeit, sondern auch Freunde, Lieblingsorte, Hobbys. Er mag alles in Bulgarien. Das Klima und die Landschaft in Sofia sind ähnlich wie in seinem Geburtsort.

„Es gibt einen Berg wie in der Auvergne, wo ich aufgewachsen bin“, sagte der Franzose gegenüber Radio Bulgarien und fügte hinzu: “Der Berg Puy de Dôme ist ein bisschen wie Witoscha. Dort gibt es einen See. Und die Temperatur und das Klima sind genau wie in meiner Region. Bulgarien ist kein sehr großes Land, aber es hat Berge, Meer und viele verschiedene Landschaften, und das gefällt mir sehr.“

Und Vincent Dupuis ist begeistert davon, sein neues „Heimatland“ zu erkunden. Er ist sich fast sicher, dass er schon mehr Orte in Bulgarien bereist hat als mancher Bulgare. Er war in allen Städten an der bulgarischen Schwarzmeerküste, und seine Lieblingsregion ist der Nordosten.

„Ich mag die Nordküste nahe der Grenze zu Rumänien sehr - Baltschik, Kap Kaliakra und vor allem Durankulak. Es ist ruhig, nicht zu überfüllt und es gibt riesige Strände. Von den Städten mag ich Plowdiw und Weliko Tarnowo sehr, vor allem Arbanassi, wo es eine wunderschöne Kirche gibt - „Geburt Christi“, die erstaunliche Fresken hat“, schwärmte Vincent Dupuis.

Der Geschichts- und Geografielehrer mit seiner letzten 12. Klasse des französischen Lycées

Seit er in Bulgarien ist - seit 18 Jahren - ist Vincent DupuisLehrer für Geschichte und Geografie am französischen Lycée „Victor Hugo“ in Sofia. Im Gegensatz zum Unterricht in seinem Heimatland findet er die Arbeit hier interessant, seine Kollegen wunderbar, und er sagt über die Kinder, dass er manchmal vergisst, dass sie keine Franzosen sind und Französisch für sie eine Fremdsprache ist.

Das allzu freundschaftliche Verhältnis zwischen Lehrern und Schülern findet er nicht gut. Nach Ansicht von Vincent Dupuis ist Distanz notwendig, damit die Arbeit gut läuft.

Doch Vincents Schüler lassen sich von seinem distanzierten Auftreten nicht täuschen, denn sie wissen, dass ihr Lehrer ein großes Herz hat. Vincent Dupuis engagiert sich bei Wohltätigkeitsveranstaltungen, insbesondere bei solchen, die benachteiligte Kinder unterstützen. In seiner Freizeit liest er Bücher und reist - er hat alle Nachbarländer Bulgariens besucht.

„Wenn Sie Franzose sind, dann verstehen Sie sicher etwas von Wein und Käse, aber was halten Sie von bulgarischem Käse“, fragen wir ihn scherzhaft.

Vincent Dupuis erzählteuns von seinem Vater, der in Bordeaux lebt und der festen Überzeugung ist, dass niemand außer den Franzosen guten Wein machen kann. „Spanische und italienische Weine sind nichts wert“, meint Vincents Vater. Deshalb konnte er es auch nicht glauben, als sein Vater bei seinem Besuch in Bulgarien bulgarischen Wein probierte und sagte: „Hmm, gar nicht so schlecht.“ Bei den Weißweinen mögen sie den Traminer, bei den Rotweinen - den Syrah.

Mit dem weltberühmten Karikaturisten Plantu, der im Jahr 2022 eine Ausstellung in unserem Land eröffnet hat.

Da unser Gast Historiker ist und die Vorgänge in der Politik in der Tiefe verstehen kann, stellten wir ihm diese Frage: „Was denken Sie über die aktuelle Situation des Landes?“

„Ich gebe nicht gerne Ratschläge, wenn es nicht mein Land ist. Bulgarien hat Probleme mit der Korruption, aber das gilt auch für Frankreich. Bulgarien ist ein Balkanland, und das Wichtigste für das Land ist meiner Meinung nach, gute Beziehungen zu seinen Nachbarn zu haben. Ich weiß, dass Bulgarien kleine Probleme mit Nordmazedonien hat, und die Geschichte mit der Türkei ist nicht sehr erfreulich“, sagte Vincent Dupuis und bezog sich dabei auf die fünf Jahrhunderte osmanischer Herrschaft. Und er übertrug seine Gedanken auf die Gegenwart:

„Meine Freunde fragen mich, wie die Politik in Bulgarien ist. Ich sage ihnen: In sechs Jahren gab es acht Wahlen. Aber warum? Jedes Mal gehen immer weniger Menschen wählen, und das ist ein großes Problem. Es ist auch sehr schwierig, eine Koalition zu bilden. Und Bulgarien hat wichtige Entscheidungen in Bezug auf Schengen und die Eurozone zu treffen. Für diese Dinge braucht das Land Stabilität. Vergessen wir auch nicht den Krieg zwischen Russland und der Ukraine - Bulgarien ist nicht sehr weit von diesem Konflikt entfernt, das Schwarze Meer ist nicht sehr groß. Bulgarien braucht also Stabilität, aber ich weiß nicht, wie sie erreicht werden kann“, so Vincent Dupuis.

Vincent Dupuisist kurz davor, sich von seiner zweiten Heimat zu trennen, da ihn persönliche Angelegenheiten zurück nach Frankreich rufen. Was wird er an Bulgarien am meisten vermissen?

Reiten ist eine der Lieblingssportarten von Vincent Dupuis

„Viele Dinge, natürlich die Freunde, die Sicherheit. Zum Beispiel, wenn ich mit meinen Freunden und ihren Frauen zusammen war - das ist so wertvoll, dass man in Bulgarien nachts in Ruhe spazieren gehen kann. Ich werde die Landschaften vermissen. Als Geografielehrer weiß ich zu schätzen, dass zum Beispiel zwischen Plowdiw und Sofia - nur hundert Kilometer, eine Stunde entfernt - eine völlig andere Landschaft liegt. Das ist sehr interessant und gefällt mir sehr gut.Als Historiker werde ich mich immer an das erste Mal erinnern, als ich in Nessebar war - das erste Mal, als ich die byzantinischen Kirchen und das Meer sah - so nah. In Frankreich haben wir so etwas nicht - es war so schön, so anders!Ich werde auch die Schule vermissen. Aber ich weiß, dass ich bald zurückkommen werde. Dies ist nicht das Ende meiner Geschichte mit Bulgarien“, sagte Vincent Dupuis zum Schluss.

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Übersetzung: Antonia Iliewa

Redaktion: Rossiza Radulowa



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