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Strandscha wird als sagenumwobenes Gebirge beschrieben. Der Gebirgszug selbst erstreckt sich über zwei Staaten. Der südliche Teil des Gebirges mit dem höchsten Strandscha-Berg, dem 1031 m hohen Mahiala, breitet sich in der Türkei aus. Die Nord- und Nordwestausläufer erstrecken sich in Bulgarien. Der höchste Strandscha-Berg auf bulgarischem Gebiet ist die 709 m hohe Erhebung Goljamo Gradischte. Das Gebirge ist mit Spuren unserer Vorfahren übersät. Wer waren diese wundersamen Menschen, die sich vor Jahrtausenden ausgerechnet hier niederließen? Begleiten sie uns auf den Spuren der Thraker.
Seit 1995 ist das Strandscha-Gebirge ein Naturpark. Mit einer Fläche von 116.136 Hektar ist das Gebirge zugleich das größte Schutzgebiet Bulgariens. Es beherbergt die Reservate "Silkosia", "Uzunbudschak", "Witanowo", "Sredoka" und "Tisowitza". Jedes dieser Reservate wartet mit emblematischen Ortschaften auf, verbunden mit thrakischen Kultstätten und geheimnisvollen Praktiken, die heute Teil des materiellen und geistigen Erbes des Landes sind. Wer zum ersten Mal im Strandscha-Gebirge unterwegs ist, den wird das Landschaftsbild mit seinen flachen Hügeln und Tälern, mit seiner reichen Flora und seinem typischen Antlitz womöglich verwundern. Am besten beginnen Sie ihre Erkundungstour im Geschichtsmuseum in Malko Tarnowo.
Auf dem Gebiet der heutigen Stadt Malko Tarnowo zeugen die Überreste von über 50 erschlossenen Erzgruben von einer ruhmreichen Vergangenheit. Die Thraker waren ausgesprochen geschickte Bergleute und Metallurgen sowie Meister in der Herstellung von Gegenständen und Schmuck aus Kupfer und Gold. In der Antike war Kupfer ein ausgesprochen wertvoller Rohstoff, aus dem Kampfausrüstungen und diverse Utensilien gefertigt wurden. Im Geschichtsmuseum der Stadt erfährt man viele interessante Einzelheiten über den Zusammenhang des weltweit ältesten bearbeiteten Goldes aus der Nekropole von Warna und den Thrakern aus dem Strandscha-Gebirge. Das Gold, aus dem die brillanten Gegenstände aus der Warnaer Chalkolith-Nekropole gefertigt sind, stammen aus den drei Goldminen in der Region - bei Malko Tarnowo sowie in den Dörfern Rossen und Zidarowo.
Nach dem Museumsbesuch empfehlen wir einen geführten Ausflug zum Heiligtum Mischowa Niwa, zu Deutsch "Mäusewiese". Die Kultstätte ist nur 3 km südwestlich von Malko Tarnowo gelegen, befindet sich jedoch im Grenzgebiet. Die einstige Anlage, die heute größtenteils nur noch im Fundament erhalten ist, hat einen Durchmesser von rund 25 m. Das Heiligtum umfasst ein Kuppelgrab, ein befestigtes Gebäude namens Villa Rustika, in der das Tempelpersonal untergebracht war, eine Hügelnekropole, eine antike Wasserleitung, eine Festung und selbstverständlich eine Erzgrube. Der Kultbau war gleichzeitig das Grabmal eines thrakischen Stammensführers und Priesters. Freigelegt wurde jedoch nur ein Teil der Anlage, die Nachfolger eines noch älteren Heiligtums ist - eines Dolmens. Die Grabstätte besteht aus einem geschlossenen Gang, einem Dromos, und einer runden Kuppelkammer, in der berühmte Stammesführer beigesetzt wurden. Hierbei kommt dem Dromos eine ganz besondere Bedeutung zu. Das Betreten und Verlassen von Höhlen als auch das Überwinden von Naturphänomenen setzten die Thraker mit dem Übergang in ein neues Leben gleich. Der Dromos, der Gang in die Ewigkeit, ist mit den einstigen Vorstellungen der Menschen von Raum und Zeit verbunden. Der Eingang der Anlage war mit einem Giebel versehen, den ein Schild, ein Speer und zwei offene Handflächen zierten. Und natürlich liegt das Heiligtum, wie bei den Thrakern üblich, in einer Landschaft mit malerischem Panorama.
Auch die Wanderrouten zu den altertümlichen Kultstätten beeindrucken mit unvergleichlichen Landschaften: mit Buchenwäldern, mit dem für das Strandscha-Gebirge typischen Grün und mit immergrünen Eiben. Auf Schritt und Tritt erlebt man Überraschungen wie etwa den Anblick von typisch mediterranen Bäumen, Sträuchern und Blumen wie der Ilex colchia aus der Gattung der Stechpalmengewächse, der Lorbeerkirsche, der Mistel oder von Baumlianen. Ständiger Begleiter sind zudem der Rote Seidelbast und die Heidelbeere aber auch Schwarzstorch, Schmutzgeier, Steinadler, Waldschnepfe und Taube, um nur einige der insgesamt 17 Brutvögel zu nennen, die im Rotbuch Bulgariens erfasst sind. Hier liegt stets ein Zwitschern in der Luft, denn über dem Strandscha-Gebirge verläuft die Zugvogelroute Via Pontika. Vor allem im Frühjahr und im Herbst, wenn sich hier 57 Zugvogelarten ein Stelldichein geben, bietet der Himmel einen atemberaubenden Anblick.
3 km nordwestlich von Malko Tarnowo befindet sich die Gegend Propada mit einer Thraker-Nekropole und 45 Grabhügeln in vier Baurarten. Eine Bauart ist beispielsweise ausschließlich in Bulgarien und im europäischen Teil der Türkei anzutreffen. Zehn Kilometer von Malko Tarnowo in Richtung Tzarewo entfernt, lockt die Gegend Kamenska Bartschina, was so viel bedeutet wie Steinhügel. Die Einheimischen nennen den Ort kurz "Den Stein". In der Zivilisation der Thraker ist der Stein das Symbol der göttlichen Macht als auch der ewigen und vergänglichen Dinge. Offenbar nicht zu unrecht, zumindest was die bis heute erhaltene Kultstätte mit den Opferrinnen für Rituale mit Honig, Milch und Wein betrifft. Der Blick schweift in weite Ferne, hoch über irdischen Alltagssorgen, Schmerz, Eitelkeit und verführerischer Freude.
Einer der Felsen ist ein Naturphänomen, dessen Name auf die Ähnlichkeit mit einem Pilz hindeutet. Scheinbar von Menschenhand geformt, ist der Pilz-Felsen das Werk von Sonne, Wind, Wasser und Zeit. Die Zeit überlebt hat auch der thrakische Glaube, dass jeder, der sich durch den engen Spalt des Pilz-Felsens zwängt, alle Krankheiten und Nöte hinter sich lässt und ein Jahr lang glücklich leben wird. Die Heiligtümer der Thraker sind nur ein Teil des an Mystik und Wirklichkeit reichen Gebirges. Der Weg zu den antiken Stätten ist umwoben vom Sakrament der Drachenhöhlen-Legenden, die hiesigen Dörfern wie Ewrenozowo ihren Namen gegeben haben. Und man erzählt sich von der sagenumwobenen ägyptischen Göttin Bastet, die im Strandscha-Gebirge Zuflucht gesucht haben soll. Und von den Dolmen, von Traumbildern, von heiligen Heilquellen und vom Brauch des Feuertanzes, der auch heute noch gepflegt wird. Das ist jedoch eine ganz andere Geschichte, die uns erneut hierher zurück bringen wird - in das wunderschöne und geheimnisvolle Strandscha-Gebirge mit seinen zahlreichen Natur- und Kulturphänomenen.