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Die Rechtsanwältin Rumjana Tshenalowa gegenüber Radio Bulgarien:

Die Schaffung eines Mehrmandatswahlkreises „Ausland“ wird Manipulationen mit den Stimmen unserer Landsleute im Ausland verhindern

Foto: BGNES

Fast einen Monat nach den vorgezogenen Parlamentswahlen vom 27. Oktober kann die 51. Volksversammlung immer noch nicht ihre Arbeit aufnehmen, weil die Abgeordneten keinen Parlamentspräsidenten wählen können.

Die politische Pattsituation in Bulgarien wird durch die akute Frage bezüglich der Fairness und Transparenz der Wahlen noch zusätzlich verschärft. Der Grund dafür ist, dass zwei Parlamentskräfte - die Partei „Es gibt ein solches Volk“ (ITN) und die Koalition „Wir setzen die Veränderung fort-Demokratisches Bulgarien“ (PP-DB) - eine teilweise Annullierung der Wahlen gefordert haben, währen die Partei „Welitschie“, die wegen einigen ihr fehlenden Stimmen den einzug ins Parlament nicht geschafft hat, auf deren vollständige Annullierung bestehen. Einige ihrer Argumente für die Anfechtung der Wahlergebnisse überschneiden sich mit dem offenen Brief, den die Bürgervereinigung „Vereinigung“, verfasst von der Rechtsanwältin Rumjana Tshenalowa, an die zuständigen Institutionen geschickt hat. Auf 30 Seiten machen sie den Präsidenten, den geschäftsführenden Premierminister und die Abgeordneten mit einer Reihe offener Verstöße während des gesamten Wahlprozesses bekannt.

Rumjana Tshenalowa

Radio Bulgarien bat Frau Tshenalowa, die frappantesten zu nennen. Ihrer Meinung nach wurden solche Verstöße bei der Erstellung der Wählerverzeichnisse, der Einrichtung der Wahllokale, dem unrechtmäßigen Wechsel der Mitglieder der Wahllokalkomitees von deren Schaffung bis zum Wahltag selbst usw. festgestellt. Die Anwältin analysierte jeden dieser Punkte der Reihe nach:

„Die Wählerverzeichnisse werden nach der ständigen Anschrift der Gemeindeverwaltungen in der jeweiligen Ortschaft erstellt. Nach offiziellen Angaben des Nationalen Statistikamtes nimmt die Bevölkerung Bulgariens ab, wobei die Sterberate die Geburtenrate übersteigt. Im Jahr 2017 betrug die Bevölkerung Bulgariens 7. 500.000.34 Menschen, wobei 15 Prozent der Bevölkerung unter 18 Jahre alt waren. Das heißt, die Zahl der Wahlberechtigten liegt bei etwa 6 Millionen. Im Jahr 2024 beträgt die Bevölkerung etwa 6,5 Millionen, mit etwas mehr als 5 Millionen Wählern. Es scheint jedoch, dass die Zahl der Wahllokale nicht abnimmt, sondern zunimmt. Dies ist eine direkte Folge der Art und Weise, wie die Wählerverzeichnisse erstellt werden. Sie werden nicht aktualisiert, verstorbene Bürger werden nicht gestrichen“.

Die wachsende Zahl der Wahllokale führt auch zu einer Zunahme der Zahl der Wahlkommissionen.

„Das belastet den Haushalt, aber das Wichtigste ist, dass durch diese Leute in Wahllokalen, in denen 200-250 Menschen wählen, Vertreter jeder der parlamentarischen Parteien ernannt werden.  Auf 200 Personen kommen also 7 Personen in der jeweiligen Wahlkommission, deren Mitglieder über die Parteien, die sie vertreten, politischen Einfluss ausüben. In Bulgarien gibt es statt 5.000-6.000 Wahllokale ganze 12.00. Das ermöglicht Manipulationen bei der Meldung der Wahlergebnisse“, erläuterte Rechtsanwältin Rumjana Tschenalowa.
Der Austausch von Mitgliedern der Wahlkommissionen von ihrer Bildung bis zum Wahltag selbst wurde auch bei den vergangenen Wahlen vorgenommen“, sagte RumjanaTschenalowa und führte als Beispiel die Wahlkommissionen in Warna, die 460 an der Zahl sind, wobei im 419 von ihnen Mitglieder ausgetauscht wurden.

„Die Ersetzung eines Mitglieds einer Regionalen Wahlkommission ist zulässig, falls der entsprechende Menschen gestorben oder erkrankt ist, falls er am Wahltag nicht erscheint, gegen eine Anordnung oder einen Beschluss der Regionalen Wahlkommission oder der Zentralen Wahlkommission verstößt, wofür eine Strafe verhängt wird, und er deshalb entlassen wird. Es ist absolut inakzeptabel, ein Mitglied der Zentralen Wahlkommission nach dem Willen der politischen Partei zu ersetzen, die es vertritt“, betonte Rumjana Tschenalowa.

Die Anwältin wies auch auf die Notwendigkeit hin, einen Mehrmandatswahlkreis „Ausland“ zu schaffen, damit die Stimmen unserer Landsleute im Ausland das gleiche Gewicht erhalten wie die Stimmen im Inland. Denn die jetzige Situation sieht folgendermaßen aus:

„Auf der Grundlage aller gültigen Stimmzettel, die Stimmen aus dem Ausland mit einberechnet, wird die 4-Prozent-Hürde festgelegt und entschieden, welche Parteien einen Sitz im Parlament erhalten. Dann werden die Mandate jeder dieser Parteien in den jeweiligen Mehrmandatswahlkreisen berechnet. Und da es keinen Mehrmandatswahlkreis „Ausland“ gibt, werden die dort abgegebenen Stimmen nicht berücksichtigt, sondern proportional auf das gesamte Territorium aufgeteilt“, erklärte Tschenalowa und fügte hinzu: „Durch die Schaffung eines Mehrmandatswahlkreises „Ausland“ wird die Möglichkeit der Manipulation verhindert. Außerdem gehen ihre Stimmen derart nicht verloren“.

Bezüglich der zu erwartenden Entscheidungen des Verfassungsgerichts, was die Wiederherstellung der Befugnisse des Präsidenten bei der Ernennung einer geschäftsführenden Regierung und die teilweise Annullierung der Wahlen angeht, sagte Rumjana Chenalova, dass die Verfassungsrichter bei gutem Willen bis Ende Januar darüber entscheiden könnten.


Übersetzung: Rossiza Radulowa

Fotos: BNR, BTA, BGNES


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