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Christo Botew, der Aprilaufstand und die „Slawischen Komitees“

Bulgarien verlor am 2. Juni 1876 im Feuer des Gefechts um die nationale Unabhängigkeit einen seiner bedeutendsten Helden – Christo Botew

Christo Botew (l.), Iwan Drassow und Nikola Slawkow
Foto: Toma Hitrow

Die Erinnerungen der Teilnehmer an dem für Bulgarien schicksalhaften Ereignis 1876 sind zahlreich und oft widersprüchlich, aber die Briefe und Dokumente über den Aprilaufstand, der die Frage der Befreiung Bulgariens von der osmanischen Herrschaft auf die Tagesordnung setzte, zeichnen ein umfassenderes Bild der Ereignisse, das über die Interpretation der in der Schule gelehrten Geschichte hinausgeht. 


Wussten Sie, dass allein die Fahrkarten der ersten Gruppe von 40 Tschetniks, die am 16. Mai 1876 in Giurgiu zusammen mit dem Dichter und Revolutionär Christo Botew den Dampfer Radetsky bestiegen 650 Goldfranken kosteten? So schrieb es Sachari Stojanow nach den Erinnerungen von Dimitar Gorow nieder. 

Der Dampfer Radetsky
Die Summe reichte damals für das Kapital eines kleinen Unternehmens. Die Fahrkarte dritter Klasse für jeden einsteigenden Tschetnik, 195 Personen, die als Gärtner getarnt nach Serbien reisten, kostete so viel wie ein modernes Gewehr. Jeder von ihnen war mit relativ guten, meist belgischen Waffen usgestattet. Das Geld für die Waffen, und es war nicht wenig, kam vom „Bulgarian Humanitarian Board“. Dieses Gremium, das von August 1875 bis Juli 1876 in Bukarest tätig war, wurde formell gegründet, um Mittel für den Aufstand in Bosnien und Herzegowina zu beschaffen. Sein Nachfolger war die „Bulgarische Zentrale Wohltätigkeitsgesellschaft“.

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Diese Nichtregierungsorganisationen, wie wir sie heute nennen würden, wurden formell von Kirjak Zankow geleitet - einem Mitglied des aufgelösten Bulgarischen Revolutionären Zentralkomitees (BRZK) in Bukarest. In Wirklichkeit wurden beide Organisationen jedoch von dem russischen Diplomaten Wladimir Ionin geleitet. Letzterer hielt sich in der Walachei als Abgesandter der russischen „Slawischen Komitees“ auf. Die Slawischen Komitees spielten eine führende Rolle in der russischen Außenpolitik gegenüber Serbien und Bulgarien in der Ostfrage, der Frage, wie das Erbe des Osmanischen Reiches auf dem Balkan aufgeteilt werden sollte. Ihr erklärtes Ziel war die Unterstützung des Bildungswesens und der Kirche in Serbien und Bulgarien. In Wirklichkeit aber waren sie unter der russischen Autokratie ein Instrument, das es der russischen Diplomatie ermöglichte, hybride Propaganda und bewaffnete Aktionen auf dem Balkan durchzuführen.

Es ist interessant die Frage zu beantworten, warum die „Slawischen Komitees“ sich 1875 weigerten, Christo Botew und das von ihm geführte BRZK mit Geld und Waffen zu versorgen, um den Aufstand von Stara Sagora zu organisieren, aber Monate später hinter dem Aprilaufstand standen?
Die Komitees und die ihnen angeschlossenen Organisationen in der Walachei kontrollierten die Aktivitäten des  Giurgiu-Komitees, das den Aprilaufstand vorbereitete und sich Ende 1875 selbst auflöste. Die „Slawischen Komitees“ übernahmen über ihre Zweigstellen die Koordination der Truppen auf der anderen Seite der Donau, die aus der Walachei und Serbien nach Bulgarien einmarschieren mussten, um den Aufstand gegen die osmanische Herrschaft zu unterstützen.
1875 unterstützten Russland und Österreich-Ungarn aktiv den Ausbruch des Aufstandes in Bosnien und Herzegowina. Wien und St. Petersburg vereinbarten, dass der Aufstand der Anlass für eine internationale Konferenz zur Lösung der Ostfrage sein sollte. Wer die feurigen politischen Artikel von Christo Botew in der revolutionären Presse liest, wird erkennen, wie sehr die Aktivisten des  Bulgarischen Revolutionären Komitees befürchteten, dass Bulgarien den Moment verpassen würde, sich zu erheben und die Frage nach seiner Befreiung zu stellen. Das Revolutionskomitee beschloss daher, den Aufstand zu organisieren. Im August und September 1875 begab sich Botew nach Chișinău und Odessa, um Geld und Waffen zu beschaffen. Doch die „Slawischen Komitees“ und die von ihnen kontrollierten bulgarischen Emigranten in Russland ließen ihn mit leeren Händen zurückfahren. Zu dieser Zeit hielt sich Russland an die Vereinbarungen mit Österreich-Ungarn und forderte die Bulgaren auf, sich nicht aufzulehnen. Der Aufstand in Bosnien und Herzegowina flaute ergebnislos ab.
Von Großbritannien unterstützt, weigerte sich das Osmanische Reich, eine Konferenz einzuberufen, um den Status quo auf dem Balkan zu ändern. Daraufhin fühlte sich St. Petersburg nicht mehr gebunden und setzte auf die Bulgaren. Aus verschiedenen Gründen beteiligte sich Christo Botew nicht an der Arbeit des Giurgiu-Komitees, war aber bereit, an der bevorstehenden Überquerung der Donau mit der Freischar teilzunehmen. Ende April und Anfang Mai 1876 reiste Botew erneut nach Chișinău und Odessa. Er wurde herzlich empfangen und erhielt finanzielle Unterstützung. Schließlich schloss sich die künftige Freischar von Christo Botew dem „Bulgarischen Humanitären Kuratorium“ und seiner gut finanzierten und bewaffneten Gruppe an, die sich auf die Überfahrt nach Bulgarien vorbereitete.

•  Nationaler Marsch zum Gedenken an Hristo Botew


Die Landnung der Freischar von Christo Botew, gemalt von Dimitar Gjudzhenow

Die Bulgaren haben in ihrer Geschichte glückliche Momente erlebt, in denen die nationalen Interessen erfolgreich in die große internationale Politik integriert wurden und sich über die Widersprüche der Großmächte erhoben. Der spektakulärste Erfolg dieser Art ist der Aprilaufstand, der mit dem Opfer von Revolutionären wie Christo Botew und allen Teilnehmern des Aufstandes bezahlt wurde. Die Ereignisse von 1876 sollten die bulgarische Befreiung vorantreiben und zur Wiederauferstehung des bulgarischen Staates führen.


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Übersetzung: Georgetta Janewa



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