Er lebt seit 20 Jahren in Großbritannien und gibt zu, schon lange nicht mehr gewählt zu haben. Aber nicht, weil ihn das Schicksal seiner Heimat nicht interessiert, sondern weil er in den Wahlen keinen Sinn sieht. Atanas Chikov, Einwanderungsberater und Initiator der Plattform BG Help, gehört zu den aktivsten Bulgaren auf der Insel. Er ist aber auch einer unserer vielen Landsleute, die schon lange den Glauben verloren haben, dass ihre Stimme einen Wert hat: „Wenn man nicht für eine der großen Parteien wählen will, sondern für eine kleinere, die weniger populär ist, verliert man nur seine Zeit und die abgegebene Stimme wird auf andere Parteien übertragen“, sagte Atanas Chikov in einem Gespräch für Radio Bulgarien. Ihm zufolge funktioniere das politische System in Bulgarien nicht richtig.
Wie wird in dieser Situation eine Regierungskoalition gebildet werden können und warum denken viele Bulgaren, dass es keinen Sinn macht, abzustimmen?
„Selbst wenn sie gebildet werden sollte, wird sie nicht von langer Dauer sein“, meint Chikov. „Es werden die Parteiinteressen der Politiker wieder das Übergewicht erlangen. Die Menschen sind verzweifelt, also werden sie ganz einfach nicht wählen gehen. Diese Regierung wird nur einen kleinen Prozentsatz des Volkes repräsentieren, weil sie nur von wenigen Bürgern gewählt werden wird. Und wieder wird es Unmut in den sozialen Netzwerken und Proteste geben. Es scheint, dass es niemanden gibt, der auf die Forderungen der Menschen reagiert. Viele Menschen in unserem Land haben die Hoffnung verloren, so wie es mir vor 20 Jahren gegangen ist, als ich beschloss, ins Ausland zu gehen.“
Als Einwanderungsberater in Großbritannien unterhält Atanas Chikov täglich Kontakt zu unseren Landsleuten auf der Insel. Er behauptet, dass der Grund, warum die meisten von ihnen ihre Heimat verlassen, die Enttäuschung über das Leben in der Heimat ist. Aber es gibt auch Bulgaren in Großbritannien, die davon träumen, in ihre Heimat zurückzukehren, und erklären, dass sie wählen gehen werden:
„Sie kommen hierher (nach Großbritannien), um etwas Geld zu verdienen und dann in ihr Land zurückzukehren, ein Haus zu kaufen, ein Unternehmen zu gründen usw.“, sagt Chikov. „Deshalb wollen einige, die konkrete Pläne für Bulgarien haben, zu den Urnen gehen und ihre Stimme abgeben, in der Hoffnung, dass sie dem Land helfen, sich schneller zu erholen. Einige glauben weiterhin daran, obwohl sie sich fragen, wen sie eigentlich wählen sollen.“
Atanas Chikov hält es für völlig sinnlos, sich an den Wahlen zu beteiligen, auch aus einem anderen Grund:
„Das Problem bei der Stimmabgabe im Vereinigten Königreich und im Ausland besteht darin, dass man wirklich seine Zeit verschwendet. Man muss lange reisen und sich lange anstellen. Und so geht ein ganzer freier Tag verloren! Eine Fernwahl über das Internet oder per Post ist leider nicht möglich. Hier bei den Wahlen in England wählt man auf dem Postweg. Man braucht nur den Stimmzettel auszufüllen und ihn abzuschicken und verschwendet dabei kaum Zeit. Ich persönlich bin mir aber nicht sicher, ob ich selbst unter solchen Bedingungen an den bulgarischen Wahlen teilnehmen würde, einfach, weil es keinen Sinn macht“, resigniert Atanas Chikov.
Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
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