Wenn wir in einer kollektiven Verzweiflung verfallen und mit hochtrabenden Worten nach Rechtfertigungen im nationalen Schicksal suchen, ist es gut, uns vor dem geistigen Auge das leuchtende Beispiel jener Heldinnen zu führen, die in den nationalen Befreiungskämpfen ihr Opfer gebracht, in einer von Männern dominierten Welt für die Gleichberechtigung gekämpft, mit Klugheit ihre Kühnheit und Zielstrebigkeit in den Dienst ihrer Nächsten gestellt haben.
Im neuen Buch von Katja Sografowa werden genau solche bemerkenswerte Frauen vorgestellt. Es sind Schicksale aus sieben Jahrhunderten, von Kera Tamara, der Schwester von Zar Schischman, bis zur Dichterin Petja Dubarowa.
„Bemerkenswerte Frauen aus/für Bulgarien" präsentiert eine vielfältige Galerie von über fünfzig Bulgarinnen und Bulgarien liebenden ausländischen Frauen.
"Es gibt urewige Merkmale, die meine Heldinnen vereinen, und das sind die Tugenden einer Frau, die Stärke, Schönheit, der Stoizismus und die Weiblichkeit", sagt die Autorin Katja Sografowa.
Zu den interessanten Dokumenten, auf die die Literaturhistorikerin bei ihren Recherchen gestoßen ist, gehört ein Brief vom jüngeren Bruder von Rajna Knjagina, Anastas. (Anm. der Redaktion: Rajna Knjagina ist eine bulgarische Lehrerin, die die Fahne für den Aprilaufstand von 1876 gegen die osmanische Fremdherrschaft genäht hat.)
Er erzählt darin, dass Lady Emily Anne Strangford, eine Wohltäterin der Bulgaren, nach der Niederschlagung des Aprilaufstands sechs Krankenhäuser in unserer gebeutelten Heimat errichtet und sechs Mädchen adoptiert hat, um sie nach England zu bringen. Dort sollten sie studieren, um in Bulgarien Lehrerinnen zu werden. Der Bruder schreibt weiter, dass die Lady nach Rajna Knjagina gefragt und der Mutter Geld gespendet habet, eine Geste, die zeigen sollte, wie sehr sie den Beitrag der jungen Lehrerin für ihre unterjochte Heimat schätze.
„Indem die Schicksale der Bulgarinnen mit den Schicksalen von für Europa wichtigen Frauen in Verbindung gebracht werden, wird ein völlig neuer Blickwinkel auf die Geschichte der bulgarischen Frauen und ihrer Bedeutung eröffnet“, präzisiert die Literaturhistorikerin.
Katja Sografowa offenbart den Einfallsreichtum der Frau - ihre Intelligenz und Schläue, die im Gegensatz zu dem Verständnis im Osmanischen Reich steht, dass das „schwache“ Geschlecht dem Mann in Bezug auf seine Qualitäten weit unterlegen und daher nicht zu furchtlosen Taten fähig ist.
„Ich habe ein etwas ketzerisches Gesamtporträt geschaffen und es „Die geheimen Frauenwaffen im nationalen Befreiungskampf“ genannt und beschlossen, über Teodora Mirastschiewa Bakardschiewa zu schreiben, die das Lange Haar genannt wird“, erzählt die Autorin. „Für mich ist diese Frau das Sinnbild des weiblichen Wesens, der Schönheit und des Einfallsreichtums mit einer spezifischen Beteiligung an den heroischen Taten ihrer Zeit. Diese umwerfend schöne und elegante Bulgarin schmuggelte die geheime und für die damalige Zeit gefährliche Post über die Donau von Gyurgewo nach Russe. Teodora Mirastschiewa hat die Briefe in ihr Haar geflochten und in den weiten Röcken ihres Kleides Waffen geschmuggelt.“
In den ersten Jahren nach der Befreiung Bulgariens von der türkischen Fremdherrschaft habe eine junge und emanzipierte Bulgarien in Wien mit ihren expressionistischen Bildern Nikos Kazantzakis so sehr beeindruckt, dass er ihr einen Heiratsantrag gemacht haben soll.
„Als Avantgarde-Künstlerin war Bistra Winarowa für die damalige Zeit eine Ausnahmeerscheinung in Bulgarien“, betont die Autorin und fügt hinzu, dass sie die Ehefrau des bekannten und verdienten Diplomaten und Publizisten Simeon Radew war, dessen Name jeder Bulgare kennt. Über Bistra Winarowa sei aber nur wenig bekannt, obwohl sie die Aufmerksamkeit des Publikums verdient.
Katja Sografowa ist überzeugt, dass es bemerkenswerte Frauen nicht nur in der Vergangenheit gab, dass sie auch heute unter uns leben, in der Kunst, der Kultur, aber leider auch unter jenen tapferen Müttern, die mit ihren Kindern vor dem Krieg fliehen, während ihre Männer für ihre Heimat kämpfen.
"In meinem Buch habe ich auch das Porträt einer sehr starken, interessanten und kontroversen Ukrainerin gezeichnet“, erzählt Katja Sografowa und erwähnt Anna Karima, die zu den ersten Frauenrechtlerinnen Bulgariens gehört. Sie wurde in Berdjansk als Tochter eines bulgarischen Vaters und einer ukrainischen Mutter geboren. Das erkläre die Tatsache, dass sie in ihren feministischen Kämpfen bemerkenswert stark, sogar in gewissem Sinne aggressiv war“, findet die Autorin.
„Auch heute kommen bemerkenswerte Frauen aus den Ländern, in denen dieser schreckliche Bruderkrieg tobt, aber auch unter den bessarabischen bulgarischen Frauen kann ich nach zukünftigen Heldinnen für die Fortsetzung meines Buches suchen, sagt Katja Sografowa. Sie vermerkt, dass es in unserer Hauptstadt kein einziges Denkmal für die bulgarische Frau gibt und stellt die rhetorische Frage, warum keine dieser aufgeklärten und fortschrittlichen Damen aus dieser reichen enzyklopädischen Galerie von Frauen bisher nicht geehrt wurde.
Übersetzung: Georgetta Janewa
Fotos: libraryvt.com, ozone.bg, Archiv
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