In schwierigen Zeiten hat keiner das Recht, sich zurückzuziehen und zu einem gefühllosen Zeugen der Ereignisse zu werden. Die Frage, ob die Künstler davon ausgeschlossen sein, weil sie von Krieg nichts verstünden, steht nicht. Jeder steht vor dem Dilemma, ob er auf der Seite des Aggressors oder des Opfers ist; Unentschlossenheit ist ein Ausdruck der Angst.
Diese Woche drückten die Vokalensembles „Bella Voce“ und „Slavyani“, das Streichquartett „Philharmonica“ und der Pianist Svetlin Hristov ihr Mitgefühl für das Leid der ukrainischen Bevölkerung mit dem aus, was sie am besten können: Musik. „Im Gegensatz zu den meisten unserer Konzerte entstand „Die Musik der Ukraine“ als eine Initiative der Musiker – sie wollten zur Unterstützung ein Konzert geben und das ist großartig“, sagte der Dirigent der Sofia Philharmonie Najden Todorow, der von den Hörern des Bulgarischen Nationalen Rundfunks zu einem der „Bulgarischen Kulturbotschafter 2021“ bestimmt wurde.
Der Musiker ist davon überzeugt, dass die Künstler von Natur aus empathisch sind, gleichzeitig aber nicht die Fassung verlieren dürfen, weil sie Wunden heilen müssen. Kann aber ihre Stimme den Krieg stoppen?
„Leider ist die Kunst bereits gescheitert, obwohl ihre Aufgabe nicht darin besteht, den Krieg zu beenden, sondern ihn zu verhindern“, antwortet Najden Todorow. „In diesem Sinne kann man die Künstler als Ärzte betrachten; die Rolle der Ärzte im Krieg ist nicht zu töten, sondern zu heilen. Wenn wir in die Geschichte zurückblicken, werden wir entdecken, wie Schostakowitsch während des letzten großen Krieges in Europa die „Leningrader Sinfonie“ schuf, die die Menschen in Leningrad zum Überlebenskampf ermutigte. Auf der anderen Seite der Frontlinie setzte sich der Chefdirigent der Berliner Philharmoniker, Wilhelm Furtwängler, dessen Name mit dem Nationalsozialismus in Verbindung gebracht wurde, für jüdische Mitbürger ein. Die Mission von Künstlern, egal auf welcher Seite der Barrikade sie stehen, ist also zu retten.“
„Wenn sich der kreative Mensch nicht entschieden gegen den Krieg und den Schuldigen an diesem Krieg stellt, hat er kein Recht, als Künstler eingestuft zu werden“, sagt die Schriftstellerin Sdrawka Ewtimowa. Ihrer Meinung nach sollte sich jeder offen gegen den Aggressor Putin stellen und seine Unterstützung den leidenden Menschen in der Ukraine geben.
„In Kunstwerken wird der Krieg mit seinem wirklich unmenschlichen, hässlichen, abstoßenden und widerlichen Wesen dargestellt“, fährt Sdrawka Ewtimowa fort. „Der Tod der Opfer wird uns immer etwas bedeuten und zu unserem Herzen sprechen; wir müssen beweisen, dass wir für den Frieden groß genug sind. Warum passiert es, dass, wenn die letzten Zeugen des vorangegangenen Krieges nicht mehr am Leben sind, trotz der Mahnmale ein neuer ausbricht? Was sagt uns das – dass die Menschheit schwächer ist als der Krieg ist?“
Anstatt sich von existenziellen Fragen überwältigen zu lassen, versucht die Künstlerin Valentina Popova mit ihren Bildern in leuchtenden und lebendigen Farben Mut zu machen. Ihre Werke sind derzeit im großen Foyer des Bulgarischen Nationalen Rundfunks ausgestellt; die Mittel aus ihrem Verkauf sollen ukrainischen Flüchtlingen zugutekommen. Der Rundfunk, wie auch das Bulgarische Nationale Fernsehen stellen übrigens ihr gemeinsames Ferienheim in Kiten an der bulgarischen Schwarzmeerküste den Flüchtlingen zur Verfügung.
„Vielleicht ist es eine Art psychologische Abwehrreaktion, mir selbst und den Menschen um mich herum Kraft geben zu wollen“, sagt die Künstlerin. „Wenn eine weitere gigantische Tragödie die ganze Welt heimsucht - wenn ein Land leidet, wenn Menschen leiden, leiden wir alle. Im Moment wird das Gute mobilisiert und die Menschen organisieren sich schnell, um auf alle möglichen Arten zu helfen. Das ist mein Credo: Wenn jeder von uns auch nur einem einzigen Menschen hilft, wenn es auch eine noch so kleine gute Tat ist – dann ist das schon etwas.“
Zusammengestellt: Diana Zankowa (auf der Grundlage von Interview von Nina Zanewa und Assia Chaneva, BNR-Programm „Christo Botew“)
Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
Fotos: BGNES, Assia ChanevaWie sah Sofia in den 1970er Jahren aus? Diese Frage beantwortet die Fotoausstellung „Station Sofia '70 “ mit Archivaufnahmen des berühmten bulgarischen Fotografen Panajot Barnew. Die Ausstellung wird am 3. September in der Galerie „Dot Sofia“..
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