Über die Zeit der Covid-19-Pandemie und ihre Auswirkungen auf unser Leben werden die künftigen Generationen wahrscheinlich aus den Schulbüchern lernen. Vorerst ist das Virus aber noch da und Bulgarien bereitet sich auf die neue Welle der Omikron-Variante vor.
Die Sorgen der Unternehmen und Verbraucher beziehen sich aber nicht nur auf den gesundheitlichen Aspekt der Krise, sondern auch auf den wirtschaftlichen. Sie sind aus der Umfrage ersichtlich, die die Bulgarische Handelskammer gegen Ende eines jeden Jahres durchführt. Aus der vom 8. November bis zum 8. Dezember durchgeführten Befragung geht hervor, dass die bulgarischen Unternehmen den Nationalen Plan für Wiederaufbau und nachhaltige Entwicklung und den so genannten Green Deal, zwei Dokumente, die die wirtschaftliche Ausrichtung der nächsten Jahre bestimmen werden, nicht gut kennen.
„Mehr als 56% der Befragten kennen den Inhalt der beiden Dokumente nicht“, bestätigt der stellvertretende Vorsitzende der Bulgarischen Handelskammer Stanislaw Popdontschew. Ein Drittel der Befragten sind mit Auszügen daraus vertraut. Nur etwa sieben Prozent der Betriebe behaupten, den Inhalt gut zu kennen.
Eine ähnliche Antwort gibt es auch auf die Frage, inwieweit eines der Projekte im Nationalen Plan für Wiederaufbau und Nachhaltigkeit ihr Unternehmen unterstützen könnte.
Ob bekannt oder nicht, keines der beiden Quellen für eine europäische Finanzierung sind für die bulgarischen Unternehmen vorerst zugänglich. Der Grund ist das verspätete Einreichen des Plans in der Europäischen Kommission.
"Die Fehler, die wir gemacht haben, müssen noch korrigiert werden. Dafür haben wir zwei Monate Zeit. Danach folgt eine erneute Prüfung durch die Europäische Kommission", erklärte die Finanzexpertin Mika Sajkowa in einem Interview für Radio Bulgarien. "Es ist realistisch, dass die erste Tranche der erwarteten 13 Milliarden Euro in Bulgarien im August eintreffen."
Ein besorgniserregendes Anzeichen für den Zustand unserer Wirtschaft in diesem Jahr sind die rückläufigen ausländischen Direktinvestitionen. Nach Angaben der Bulgarischen Nationalbank für die Monate Januar bis Oktober beliefen sich die ausländischen Investitionen auf 1,144 Milliarden Euro, um 50,7 Prozent weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres (2,322 Milliarden Euro).
Der rasante Anstieg der Preise für Elektroenergie war ein weiterer Schlag für die bulgarische Wirtschaft. Die Unternehmen werden für Dezember und das erste Quartal 2022 eine Entschädigung vom Staat erhalten, kündigte Energieminister Alexander Nikolow an. Unternehmen, deren langfristige Verträge auf mindestens 95 EUR pro Megawattstunde basieren, werden mit 75% der Differenz zwischen dem geschätzten und dem Börsenpreis des Stroms, jedoch nicht mehr als 30% des tatsächlichen Preises, entschädigt.
„Die extrem hohen Energiepreise zwingen etwa 62% der Befragten, die Preise ihrer Produkte zu erhöhen", sagte der Vorsitzende der Bulgarischen Wirtschaftskammer Dobri Mitrew. Diesen Preissprung werden wir alle spüren und letztendlich die Händler dafür verantwortlich machen. Der wahre Grund sind aber die Energiepreise.“
Unter diesen Umständen reagierte das neu gewählte Parlament blitzartig und verhängte ein Moratorium auf Strom-, Heizungs- und Wasserpreise, das bis zum 31. März nächsten Jahres in Kraft bleiben soll.Die Wirtschaftsministerin Kornelia Ninowa unterstützte die Maßnahme appellierte aber auch für Ausgleichszahlungen für Unternehmen, die entsprechende Verluste erleiden werden.
"Mit Hilfe von Energie- und Wirtschaftsexperten, der gesamten Denkfabrik des Landes, müssen wir eine Strategie für die Entwicklung des Energiewesens erarbeiten", sagte Mika Sajkowa. „Es ist dringend nötig, unser Wirtschaftsmodell zu überdenken, in das Mittel effizient investiert werden, um Produkte und Dienstleistungen mit hohem Mehrwert zu schaffen. Wenn es uns nicht gelingt, unsere Wirtschaft wieder aufzubauen, sei es in den Bereichen Dienstleistungen, Industrie oder Verkehr, werden wir keine Prosperität erreichen.“
2022 wird nicht einfach sein, sagt Mika Sajkowa voraus. Die Verabschiedung eines neuen Staatshaushalts zur Lösung wichtiger sozialer und steuerlicher Fragen, die dringende Wahl einer neuen Führung der Bulgarischen Nationalbank und eine durchdachte Reform des Rentensystems sind nur einige der Herausforderungen, denen sich die Regierungskoalition stellen muss.
Übersetzung: Georgetta Janewa
Fotos: Pixabay, BGNES, bia-bg.com
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