Ein Jahr voller Herausforderungen und unerwarteter Umbrüche geht zu Ende. Die Pandemie veränderte unseren Alltag und ordnete unsere Prioritäten neu. Verändert wurde nach drei Wahlen in Folge auchdie politische Landschaft. Covid und Wahlen waren die zwei Worte, die das Jahr 2021 geprägt haben.
Wie war dieses Jahr, betrachtet mit den Augen der Bulgaren auf der ganzen Welt und wie für die Bulgaren im Land selbst? Welche Hoffnungen knüpfen sie an das Jahr 2022? Das erfahren wir aus den Gesprächspartnern von Radio Bulgarien.
Daniela Sekina: Der Mensch kann nicht für sich allein leben
Daniela Sekina ist eine bulgarische Künstlerin aus Montreal. Obwohl sie Tausende Kilometer von Bulgarien entfernt lebt, trägt sie ihre Heimat in ihrem Herzen und kehrt jeden Sommer in ihre Heimatstadt Sofia zurück. Die Pandemie zwang es jedoch, mit dieser Tradition zu brechen. Sie ist überzeugt, dass die Prüfungen, die wir durchgemacht haben, uns gelehrt haben, das Spreu vom Weizen zu trennen, zu erkennen, was für uns wirklich wichtig und wertvoll ist.
„Das Jahr war nicht nur für Bulgarien schwierig. So war es für die ganze Welt. Ich glaube, wir haben in diesem Jahr etwasGrundlegendes verstanden, dass man nicht für sich selbst leben kann, denn die Menschen sind miteinander verbunden. Es muss mehr Solidarität, Toleranz und Verständnis zwischen uns geben. Nicht nur in Bulgarien, sondern auch in den anderen Ländern der Welt.“
Rangel Wassew: Ich betrachte mich als europäischen Bürger
Rangel Wassew ist ein in Berlin lebender Bulgare, der seine Komfortzone verlassen und seinen Job im deutschen Bundestag an den Nagel gehängt hat, um sich seiner Leidenschaft für Vinyl zu widmen und ein lukratives Geschäft daraus zu machen. Inzwischen stellt er Bürsten zum Reinigen von Schallplatten her und ist ein gefragter Geschäftsmann. Die Grenzen sind für Rangel Wassew eine Formsache. Er fordert alle auf, mit den Stereotypen zu brechen und Bulgaren im Land und solche im Ausland nicht mehr zu teilen.
„Ichwürdemirwünschen,diePhilosophie und die Denkweise zu ändern, dass junge Menschen Bulgarien verlassen und nicht zurückkehren. Mein Lebensmittelpunkt ist derzeit in Berlin, weil meine Familie hier ist. Aber unsere Kontakte zu Bulgarien sind sehr eng und wir verbringen so viel Zeit wie möglich in der Heimat.“
Plamena Tenewa-Mann: Bulgarien hat in Europa mehr Gewicht
Plamena Tenewa-Mann ist eine bulgarische Ingenieurin in einem internationalen Unternehmen. Seit über 20 Jahren lebt sie in Paris. 2021 beschreibt sie als schwierig. Doch das Jahr hat auch zu dem von den meisten Bulgaren ersehnten Regierungswechsel geführt.
„Auf Grund der vielen Wahlen hat das bulgarische Volk ein ganzes Jahr nachgedacht. Wir haben gesehen, wie Parteien geboren wurden und an die Macht kamen, um dem Staat in der Krise zu helfen. Ich freue mich, dass wir bereits eine Koalitionsregierungaus vier Parteien haben. Ihre Aufgabe wird nicht einfach sein, aber sie ist historisch. Veränderung ist zerbrechlich, aber sie ist endlich da! Geben wir den neuen Machthabern die Chance, unser Land auf eigene Beine zu stellen, wovon wir seit Jahren träumen“, sagt Plamena, die hofft, dass 2022 Bulgarien Stabilität geben wird.
Iwana Kalwatchewa: Die Dinge sind ganz einfach. Jeder muss seine Aufgabe gut erledigen
Auch die Fotografin Iwana Kalwatchewa, lebt in der französischen Hauptstadt. Die Kamera hat sie stets und überall dabei. Ihr Objektiv fängt den Alltag in einer unerwartet humorvollen Perspektive ein. 2021 beschreibt sie als komplex. Ihre die Bilanz lautet: „Es ist Licht im Tunnel zu sehen“.
„NachdreiParlamentswahlenerwarteich, dasswirendlicheinegutfunktionierendeRegierungundverantwortungsvollereAbgeordnetehaben. Die Dinge sind ganz einfach – jeder sollte gewissenhaft seine Aufgabe erledigen. Ich verstehe nicht, wie ein Bürgermeister, der einen illegalen Bau genehmigt hat, ruhig schlafen kann, oder ein Journalist, der Fake News verbreitet, ein Handwerker, der trotz Pfusch weiterhin seinen Job behält, der Arzt, der keinen Weg sucht, seine Patienten zu heilen, oder der Lehrer, der nicht lehrt…“
Jordan Radkew: Wir haben mit dem Bau einer bulgarischen Kirche in Südafrika begonnen
Jordan Radkew hat Bulgarien mit seiner Familie gleich nach der Wende von 1989 verlassen und sich in Johannesburg niedergelassen. In Bulgarien lehrte er an einer Universität. In der neuen Heimat ist er als Software-Spezialist erfolgreich.
„Bulgarien sah von hier aus betrachtet ziemlich verwirrt aus. Wir sind froh, dass wir endlich eine Regierung haben und hoffen, dass sie gut ist und dem Land zum Wohlstand verhilft", sagte Jordan und teilte mit, dass die bulgarische Gemeinschaft in Südafrika, trotz der schwierigen Situation mit der Pandemie, 2021 einen großen Erfolg verbucht. „Unsere Landsleute haben einen alten Traum verwirklicht. Sie haben die Erlaubnis für den Bau einer bulgarischen Kirche erhalten und im März damit begonnen.“
Marin Hristow: Ein Jahr wie jedes andere
Der Musiker Marin Hristow, Hriste genannt, lebt in Botewgrad. Er hatte die Idee, den bulgarischen Brauch der Segnung mit der Wünschelrute überall in der Welt zu popularisieren. Zu diesem Zweck forderte er Bulgaren in aller Welt auf, das Ritual mit der Wünschelrute vor bekannten Sehenswürdigkeiten zu aufzunehmen, um danach die Clips zu vereinen. Auf das zurückliegende Jahr blickt er philosophisch.
„In jedem Moment seiner Existenz kann der Mensch positiven als auch negativen Erscheinungen etwas abgewinnen. In dieser Hinsicht war es ein Jahr wie jedes andere. Die Frage ist, wie wir es empfinden und bewerten.“
Liebe Freunde von Radio Bulgarien, wir wünschen Ihnen für das kommende 2022, dass Sie gesund bleiben, das Negative ins Positive wandeln und das Leben in vollen Zügen genießen!
Redaktion: Miglena Iwanowa, nach Interviews von Gergana Mantschewa, Dessislawa Semkowska, Joan Kolev und Miglena Iwanowa
Übersetzung: Georgetta Janewa
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