Mohadese Mirzaee ist die erste Pilotin der afghanischen Zivilluftfahrt. Sie ist erst 23 Jahre jung. Im Februar dieses Jahres wurde Mohadese Teil der ersten vollständig weiblichen Flugbesatzung im asiatischen Land. Dieser Tag war einer der glücklichsten in ihrem Leben und damals ahnte sie nicht, dass ihr Schicksal ein halbes Jahr später eine Kehrtwende nehmen wird.
Im August, als die Taliban Kabul einnahmen, war Mohadese in Uniform am Flughafen und bereitete sich auf einen routinemäßigen Nachtflug nach Istanbul vor. An diesem Morgen hatte sie wie gewohnt ihr Zuhause verlassen und sich von ihrer Mutter und den zwei Schwestern verabschiedetr. Doch ihr Flugzeug sollte nie starten.
Im allgemeinen Chaos auf dem Flughafen in Kabul gelang es Moho, so wie sie von ihren Freunden genannt wird, gemeinsam mit Kollegen in ein Flugzeug nach Kiew zu steigen. Von dort flog sie nach Sofia. Doch warum fiel ihre Wahl gerade auf Bulgarien?
„Ich war schon mehrmals in Bulgarien, weil wir hier zweimal im Jahr unsere Auffrischungsschulungen durchführen. Das sind Trainings für Notfälle und ungewöhnliche Situationen während eines Fluges. Aus diesem Grund habe ich ein gültiges Visum, das mich gerettet hat. Ich kam am 16. August hierher und lebe seitdem in Sofia“, erzählt Mohadese, die anfangs geglaubt und stark gehofft hat, dass sich die Dinge in Afghanistan ändern und die Weltgemeinschaft nicht zulässt, dass ihr Land ins Chaos verfällt.
„Aber ich habe mich getäuscht. Die Taliban haben sich seit 2001 nicht verändert. Es sind immer noch die gleichen Leute. Wenn sie wirklich vorhatten, die Frauen zu respektieren, wie sie es versprochen hatten, und sie Seite an Seite mit den Männern arbeiten zu lassen, wäre ich nicht hier!“
Mohadesse Mirzaee hat in Bulgarien Asyl beantragt, lebt zur Untermiete, wartet auf die Verlängerung ihres Visums und nutzt die Zeit, um sich auf die Ausgleichsprüfungen vorzubereiten. Sie darf derzeit nicht arbeiten, um ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen.
„Ich bin mit guten Absichten hierhergekommen und werde bleiben. Ich hoffe, dass Bulgarien mir einen sicheren Hafen und einen Neuanfang für meine Liebe und Leidenschaft für die Fliegerei bietet“, sagt die junge Afghanin, die seit dem 15. August nicht mehr in der Luft war.
„Das belastet mich stark. Mein Herz bricht, weil ich die Luftfahrt liebe. Das Flugzeug und der Flughafen sind mein Zuhause. Im Himmel fühle ich mich am wohlsten. Ich wurde zum Fliegen geboren! Und jetzt wurde mir mein Recht, mich frei zu fühlen, genommen“, sagt Mohadese Mirzaee, die angibt, dass sie sich in Bulgarien wohlfühlt, da sie die bulgarische Kultur kennt und Freunde hat, die ihr helfen. Hilfe wird ihr auch von den Behörden zuteil.
„Trotzdem ist mir ist hier ständig kalt, obwohl das Klima hier wie in Afghanistan ist. Vielleicht geht es mir so, weil ich ganz allein bin, weit weg von meinen Nächsten“, gibt Moho zu.
Wochen nach der Einnahme von Kabul durch die Taliban wurden ihre Mutter und ihre beiden Schwestern nach Albanien ausgeflogen. Mohadese hofft, dass die Familie eines Tages zusammenkommt. Sie gibt zu, dass ihr die Heimat fehlt und sich nicht mit der Lage der Frauen in Afghanistan zufriedengeben kann.
„In den letzten 20 Jahren haben wir hart für unsere Freiheit und die Rechte der Frauen gearbeitet. Wir haben jeden Tag gekämpft! Und wir haben in all den Jahren viel erreicht, nicht nur die Afghanen, sondern die Frauen auf der ganzen Welt, die uns unterstützt haben. Sollten wir jetzt aufgeben, werden wir uns dem Willen der Taliban beugen. Das sollte nicht passieren!", sagt Mohadese entschlossen. Ihr Interview für Radio Bulgarien beschließt sie mit den Worten: „Ich werde wieder fliegen und nichts wird mich aufhalten! Ich werde es schaffen! Es ist nur eine Frage der Zeit!"
Das Interview auf Englisch: https://www.youtube.com/watch?v=b0y2NCFSoOY&t=7s
Fotos: Weneta Nikolowa, Archiv
Übersetzung: Georgetta Janewa
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