Am 6. Dezember begeht man in Bulgarien den Nikolaustag – einen der größten kirchlichen Feiertage im Winter. Im Mittelpunkt steht der heilige Nikolaus der Wundertäter, der in Bulgarien zu den populärsten Heiligen gehört. Er stammt aus Kleinasien und genauer gesagt aus der Stadt Myra und lebte in der zweiten Hälfte des 3. und der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts. Zu Lebzeiten war er mit seiner Wohltätigkeit, aber auch mit den Wundern berühmt, die er vollbrachte und die sich auch nach seinem Ableben ereigneten. Der Heilige ist mit seinem unbeugsamen Widerstand gegen Ketzerei und Heidentum in die Kirchengeschichte eingegangen und gilt als „Stütze des Glaubens, Beispiel der Sanftmut und Lehrer der Enthaltsamkeit“. In der Folklore jedoch wurde er mit verschiedenen älteren heidnischen Göttern vermischt. Und so weiß der Volksmund davon zu berichten, dass er ein vielgesichtiger Heiliger sei. Mal erscheine er als junger Recke mit unvorstellbaren Kräften, mal als alter Greis mit einem langen weißen Bart. In den Augen der alten Bulgaren war er ein Gebieter über die Meere und Beschützer der Seeleute und Fischer.
Den Legenden nach habe der Heilige mehrmals das Meer bei stürmischem Wetter beruhigt und das Leben gefährdeter Seeleute gerettet. Er wird auch von den Bankern und Händlern als ihr Schutzheiliger angesehen, aber auch von den Gefangenen, denn wegen seines Glaubens an Jesus wurde der Wundertäter in einen Kerker eingesperrt und gefoltert.
Der Heilige verstarb am 6. Dezember 342 und wurde in Myra beigesetzt. Sein Ruhm als Wundertäter zu Lebzeiten hielt auch nach seinem Ableben an und seinen Gebeinen wurden etliche weitere Wunder zugeschrieben. Am 9. Mai des Jahres 1087 wurden seine Gebeine von gedungnen Seeräubern gestohlen und nach Bari in Italien überführt, wo sie heute noch ruhen.
Zu Ehren des heiligen Nikolaus wird ein Familienfest veranstaltet. Zum Abendessen wird speziell Fisch zubereitet.
Daneben werden auch andere Gerichte aufgetischt, die für die Fastenzeit typisch sind, wie Bohnensuppe oder mit Reis gefüllte Weinlaub-Rouladen. Früher glaubte man, dass man unbedingt Karpfen zubereiten müsse, weil nur dieser Fisch das Zeichen Gottes trägt – gemeint ist die kreuzartige Gräte am Kopf. Außerdem soll ein Karpfen dem Heiligen geholfen haben, in Not geratene Fischer zu retten. Am Nikolaustag wird heutzutage jede Sorte Fisch gegessen.
Der Tradition nach wird an diesem Tag keine Hausarbeit verrichtet. Der heilige Nikolaus sei nämlich auch ein Schutzherr des rituellen Festessens. Und so wird sein Fest bis heute gebührend begangen und ganz besonders, wenn jemand in der Familie den Namen dieses Heiligen trägt.
Namenstag haben alle, die die Namen Nikolaj, Nikola und Nikolina und ihre Ableitungen tragen, also rund 200.000 Menschen in Bulgarien; davon sind zwei Drittel Männer.
Deutsche Fassung: Wladimir Wladimirow
Fotos: Archiv, BGNES
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