Das Überwinden großer Entfernungen durch die Lüfte und über die Meere mittels ihrer Materialisierung in der Kunst – der Maler und visuelle Künstler Alzek Misheff stellt die Freiheit der Selbsterkenntnis und Selbstoffenbarung auf ein Postament, weil sie ihm in der Heimat verweigert wurde. Zu seinem 80-jährigen Jubiläum ist er „mit seinen Werken gekommen“ und entführt uns auf den Weg der Malerei, von Themen und Projekten mit der großen Retrospektive „Acqui-Milano-Sofia“, die in 13 Sälen der Nationalen Kunstgalerie „Stadtschloss“ eingerichtet wurde.
Als Kind verzauberten ihn die Erzählungen seiner Großmutter über ihren Vater, den Ikonenmaler Ivan Zograf aus Kotscherinowo und so begann er früh zu malen. Jahre später kehrt der in Dupnitza geborene Alzek Misheff in seine Heimatstadt zurück, um seine Fähigkeiten als akademisch ausgebildeter Künstler unter Beweis zu stellen. Aber die kommunistische Regierung mochte keine allzu modernistischen Gemälde, weshalb seine Ausstellung „aufgelöst“ wurde und die Milizen einige der Leinwände beschädigten. Im selben Jahr, 1971, gelang es Alzek Misheff, einunddreißig Jahre alt, die schwer bewachten Grenzen zwischen zwei grundsätzlich verschiedenen Welten zu überwinden – er floh und erreichte Mailand.
„Ich musste von neuem anfangen, als mir klar wurde, dass mein ultimativer Abstraktionismus aus der Mode gekommen war und die konzeptuelle Kunst vorherrschte“, sagte der Künstler gegenüber Radio Bulgarien. „Meine eigentliche Karriere begann in Graz, wo ich zu einer Biennale zum Thema „Identität“ eingeladen worden war. Dort baute ich mit Hilfe italienischer, jugoslawischer und österreichischer Künstler einen primitiven Flugapparat mit Flossen und Flügeln, um meine Flucht aus Bulgarien zu verdeutlichen. Also fing ich an, halbwitzige Geschichten zu erzählen, etwas buchstäblich Paradoxes zu tun – nämlich mich über mich und nicht über andere lustig zu machen. Allmählich nahm mein Gesicht den Ausdruck eines Piloten und dann den eines Schwimmers und so weiter an. Mein Auftreten fand in der Kunstwelt Anklang und ich wurde fälschlicherweise als Konzeptkünstler angesehen.“
Alzek Misheff beeindruckt die Kunstwelt mit seinen Performances. In „Swimming across the Atlantic Ocean“ – ein Projekt, an dem er drei Jahre lang arbeitete und 12 Ausstellungen zwischen Mailand und New York gestaltete, zeigte er selbstironisch sein Können als Schwimmer im Pool des Schiffes „Queen Elizabeth II“ und schlüpfte in die Rolle eines Goldfisches in einem Aquarium und ließ sich in einem kleinen Wassercontainer transportieren. Mit seiner Aktion „500 junge Gesichter“, bei der er im urbanen Umfeld von Mailand, Rom, Turin, Bologna und Florenz großformatige Porträts nach Fotografien exponierte, schuf er eine Art soziales Netzwerk. 1976 erschien der Name des Bulgaren im Buch des italienischen Kunstkritikers Achille Bonito Oliva „Europe/America: The Different Avant-Gardes“, in dem die einflussreichsten 30 europäischen und 30 amerikanischen Künstler präsentiert werden. Es enthält den Namen eines weiteren Bulgaren - Christo. Das Schicksal wollt es und beide Künstler ziehen die Aufmerksamkeit des kunstinteressierten Publikums in der Hauptstadt mit zwei parallelen Ausstellungen auf sich.
„Wir haben beide etwas gemeinsam: wir sind Schicksalsbrüder, wir sind Flüchtlinge“, sagte Alzek Misheff. „Wir flohen vom sozialistischen Realismus. Beide unterscheiden wir uns jedoch durch die Ergebnisse unserer Kunst. Während Christo im Zentrum der modernen Kunst und des Konzeptualismus steht und seine Werke Skulpturen-Projekte darstellen, sind meine Werke - Gemälde und Erinnerungen an Dinge, die sich vor Zeiten ereignet haben.“
Obwohl Alzek Misheff seine Kunst manchmal aus dem Atelier in offene Räume exportiert, sagt er, dass die Malerei für ihn die führende Kunst bleibt.
„Meine Sachen sind vor allem eine selbstständige Malerei, die sich durch die Ähnlichkeit mit der Handlung, die Überzeugungskraft, die Emotion (falls beim Betrachter vorhanden) auszeichnen muss, damit er sich wiedererkennen kann“, sagt Alzek Misheff.
Die ausgestellten Werke von Alzek Misheffs, die seinen kreativen Flug verdeutlichen, werden bis zum 21. November 2021 im Stadtschloss in Sofia zu sehen sein.
Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
Fotos: Facebook /Istituto Italiano di Cultura Sofia und nationalgallery.bg
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