Mehr als 360.000 Bulgaren leben in Deutschland, eines der beliebtesten Auswanderungsländer, das Gelegenheit bietet, ein neues Leben zu beginnen. Der Preis, den jeder Einwanderer zahlt, ist ein anderer. Einige passen sich schnell und schmerzlos an, andere halten es in der Ferne nicht lange aus und kehren heim. Wesselin Georgiew und Daniela Dimowa gehören der ersten Sorte Menschen an. Geboren und aufgewachsen sind sie in der Schwarzmeermetropole Warna. Nach dem Schulabschluss sind sie nach Deutschland ausgewandert. Wesselin tat es 2010 in der Hoffnung auf eine Karriere als Fußballer in einem deutschen Verein. Daniela folgte ihm aus Liebe 7 Jahre später, wie sie selbst gesteht.
„Wir waren wegen des Coronavirus und auf Grund diverser Verpflichtungen seit zwei Jahren nicht zu Hause. Ansonsten versuchen wir, mindestens einmal im Jahr Urlaub in der Heimat zu machen, weil wir unsere Familien, Verwandten und Freunde vermissen“, gibt Wesselin in einem Interview für Radio Bulgarien zu. Außerdem fehle ihnen auch das Leben in Bulgarien, weil man sich nirgendwo so zu Hause fühlen kann wie in der Heimat, ergänzt Daniela.
Das Pärchen hat sich in Düsseldorf niedergelassen. Den Kontakt zu der Familie erhalten sie Online aufrecht. Mit Landsleuten treffen sie sich jeden Tag, weil sie ein Restaurant betreiben, in dem sie bulgarische aber auch deutsche Spezialitäten anbieten.
„Wir haben vor ungefähr 3 Monaten eröffnet. Nach und nach spricht es sich herum, dass es in Düsseldorf ein bulgarisches Restaurant gibt. Im Umkreis von 30-40 km gibt es keinen anderen Ort, wo bulgarische Küche angeboten wird“, erzählt Wesselin Georgiew und fügt hinzu, dass die Gaststätte seit 35 Jahren kroatische Küche und Balkanspezialitäten auf der Speisekarte hat.
„Kebaptscheta (die länglichen Fleischröllchen) und Bouletten werden nach wie vor am meisten bestellt, aber wir haben auch Kawarma (Geschnetzeltes aus Porree und Schweinefleisch) und die in Bulgarien beliebten in einem Tongefäß gebackenen Gemüse und Fleisch im Angebot, die inzwischen Gefallen finden“, sagt der Restaurantbetreiber und räumt ein, dass es allerdings Schwierigkeiten bei der Lieferung bulgarischer Produkte gebe.
„Wir kaufen vorwiegend auf dem deutschen Markt ein. Die einzigen bulgarischen Produkte sind die Gewürze, Weine, Schnäpse (Rakia), die Rohwurst und das luftgetrocknete Fleischfilet“, sagt Wesselin und beklagt, dass die Preise sehr hoch sind und er keine Großhandelspreise vereinbaren kann, weil er zu wenig bestellt. Manche der Produkte bezieht er aus russischen und türkischen Geschäften.
Ähnlich wie ihre Kollegen aus dem Gastgewerbe in Bulgarien befürchten die jungen Unternehmer, dass auf grund des Anstiegs der Strompreise auch die Preise der anderen Waren ansteigen werden.
Wesselin und Daniela verfolgen rege auch die politische Situation in ihrer Heimat und haben sich an den beiden Parlamentswahlen in diesem Jahr beteiligt. Auch am 14. November werden sie wählen gehen, bestätigt Wesselin und gibt aber zu, dass sie keine allzu großen Erwartungen haben.
„Während und nach den letzten beiden Wahlen ist es zu einem noch größeren Chaos gekommen und ich sehe im Moment nicht, wie eine Regierung gebildet werden kann. Ich bin der Ansicht, dass es immer noch zu viele Zwistigkeiten zwischen den Parteien in Bulgarien gibt."
Übersetzung: Georgetta Janewa
Fotos: Privatarchiv
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