Die erste Vieh-Zählung nach der Befreiung Bulgariens wurde im Jahr 1887 vorgenommen. Danach wurde sie im Laufe von in drei Jahren viermal durchgeführt. Aus den Daten geht hervor, dass 1910 in unserem Land mehr als 8,6 Millionen Schafe gehalten wurden. Das entspricht 2.000 Schafen pro 1.000 Einwohner, womit Bulgarien den ersten Platz unter den europäischen Ländern eingenommen hat. In den 1980er Jahren erlebte die Schafzucht in unserem Land eine neue Blütezeit. Damals wurden in Bulgarien über 10 Millionen Schafe gezüchtet. Seitdem ist die Anzahl der Schafe in unserem Land um ein Zehnfaches geschrumpft – auf derzeit ca. 1 Million Schafe.
Laut dem Co-Vorsitzenden des Nationalen Verbands der Schaf- und Ziegenzüchter Simeon Karakolew gibt es in dieser Branche viele Probleme. Die sinkende Zahl der gehaltenen Tiere führt er auf das Fehlen einer angemessenen Regierungspolitik im Sektor Schaf- und Ziegenzucht zurück. „Das Landwirtschaftsministerium sollte sich und den Landwirten klare Ziele setzen. Die Menschen, die in dieser Branche beschäftigt sind, müssen darüber informiert werden, was von ihnen verlangt wird und wie sich die Branche entwickeln wird“, sagte Karakolew in einem Interview für das BNR-Inlandsprogramm „Christo Botew“.
Um die Viehzucht für die dringend benötigten Arbeitskräfte rentabel und interessant zu machen, sind wesentliche Änderungen erforderlich:
„Über 80 Prozent der Schaf- und Ziegenfarmen sind in einem desolaten Zustand“, erklärte Karakolew. „Trotz der zwei bereits zurückliegenden Programmzeiträume und der Beitrittsperiode, trotz der Milliarden, die in die Landwirtschaft geflossen sind, ist die Arbeit in der Schaf- und Ziegenzucht äußerst unattraktiv, ja sogar primitiv. Die Menschen, die jetzt Schafe und Ziegen züchten, tun das eher aus Liebe denn als ernstes Geschäft“, meint Simeon Karakolew.
Ein weiteres Hindernis für jene, die sich entscheiden, den holprigen Weg der Kleinviehzucht zu beschreiten, ist das System, nach dem Landwirte subventioniert werden.
„Was die Subventionen angeht, wissen wir alle, dass sie niemals und nirgends ausreichen. Die Unterstützung von landwirtschaftlichen Betrieben auf ihrer Größe (in Hektar) sollte eingestellt werden. Denn so kommt es zu ihrer Ausweitung in Großbetriebe, was den kleinen und mittleren Unternehmen zum Nachteil gereicht. Wir müssen zu einer anderen Art der Unterstützung landwirtschaftlicher Betriebe schreiten, wie das auch in anderen EU-Ländern der Fall ist.“
Das Verfahren zur Beantragung von Unterstützung im Rahmen europäischer Programme ist sehr kompliziert, so dass die Landwirte oft darauf verzichten. Karakolew ist überzeugt, dass der Staat sich bemühen sollte, die Beschäftigung in der Viehzucht zu fördern. In diesem Sinne ist die Legalisierung von über 7.000 Farmen, die aufgrund bürokratischer Hindernisse nicht als Viehzuchtbetriebe registriert wurden, ein kleiner Sieg für die Branche und ein großer Schritt nach vorne.
Nach einem Interview von Nina Zanewa, BNR-Programm „Christo Botew“
Zusammengestellt: Joan Kolev
Übersetzung: Rossiza Radulowa
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