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Die begabte und reiselustige Schriftstellerin Аnna Kamenowa

Foto: Archiv

Die Schriftstellerin Anna Kamenowa hat nur sechs Jahre des revolutionären 19. Jahrhunderts miterlebt, doch diese haben vollkommen ausgereicht, um ihren Kampfgeist und Patriotismus zu wecken, die sie bis zum letzten Atemzug geprägt haben.

In ihren frühen Jugendjahren hat die 1894 in Plowdiw geborene Anna in London und St. Petersburg gelebt, wo ihr Vater bevollmächtigter Minister war. Sie hat dort Literaturvorlesungen besucht und ihre Vorliebe für die Geschichte und Kunst entdeckt.

„Ich habe den großen Vorteil, dass ich inmitten hochgebildeter Männer aufgewachsen bin, die alle ihren Beitrag zu meiner Entwicklung als Persönlichkeit und Künstlerin geleistet haben“, sagte Anna Kamenowa in einem Interview, das im Goldenen Fonds des Bulgarischen Nationalen Rundfunk aufbewahrt wird. „Wir waren eine sehr harmonische Familie. Mein Vater hat uns nicht mit seiner Autorität erdrückt, sondern im Gegenteil – er hat unsere kulturelle Entwicklung gefördert.“

Während einer weiteren Auflage des Romans “Krieg und Frieden“ hat ihr Vater Michail Madscharow, der ihn übersetzt hat, Anna damit beauftragt, einige Seiten durchzusehen und Korrekturen vorzunehmen. „Nach dieser schnellen Einführung in die Literatur war viel Kühnheit erforderlich, um selbst mit dem Schreiben zu beginnen“, gesteht sie und fügt hinzu: „Aber der Wunsch danach erstarkte und vor meinem geistigen Auge, das stets auf der Suche war, wechselten viele weibliche Heldinnen der Weltliteratur.“

Mittlerweile begann Anna Rechtswissenschaften an der Sofioter Universität zu studieren. Dort lernte sie ihren künftigen Ehemann kennen - den berühmten Anwalt und Vertreter des öffentlichen Lebens Petko Stajnow. Er erkannte, dass sie einen feinen Sinn für die Probleme der modernen Frau hatte und ermutigte sie, ihr literarisches Talent zu entwickeln.

Anna Kamenowa mit Petko Stajnow

Anna Kamenowas Debütroman „Die Sünde Haritinas“ wurde 1930 veröffentlicht und von den Kritikern wohlwollend aufgenommen. Er war ein reifes Kunstwerk mit komplizierter Thematik. Es folgen zwei weitere Romane, die die Psychologie und Gefühlstiefe der Frau zum Gegenstand haben.

Mit der Zeit wurde die Schriftstellerin zu Tagungen und Konferenzen eingeladen und reiste oft in verschiedene Länder.

„Ich mochte es immer zu reisen – egal ob zum nahen Stausee Iskar oder nach Bombay“, sagt sie. „So unterschiedlich ihre Auswirkungen auch sein mögen, waren sie für mich gleichermaßen nützlich und inspirierend.“

Gekonnt und feinfühlig beschreibt Anna Kamenowa auch ihre Reise mit ihrem Mann, der inzwischen Diplomat war, nach Bombay.

„Ich war stolz darauf, dass ich als Bulgarin auf endlosen Sandstränden wandeln und den Wasserbergen trotzen konnte, die mit Wucht und Glanz vor meinen Füßen zerbarsten. Ich kam mit der außergewöhnlichen Weisheit eines alten Volkes in Berührung und mit der Magie der steinernen Monumente, die unter den feingliedrigen braunen Händen dieser Inder entstanden sind, die eine reiche Seele besaßen, aber in Entbehrungen lebten.“

Am 10. Januar 1944 erlebte Anna Kamenowa die größte Tragödie in ihrer Familie. Bulgarien, das im Zweiten Weltkrieg auf der Seite des Dreimächtepakts stand, hatte den Vereinigten Staaten den Krieg erklärt  und diese bombardieren die bulgarischen Hauptstadt. Die  Schriftstellerin verlor unter den Trümmern ihre Mutter, ihre Schwester und zwei weitere Familienangehörige. Die beiden kleinen Töchter ihres Neffen verwaisen und Anna und Petko übernahmen die Verantwortung für sie und zogen sie groß.

In ihrem 88-jährigen Leben hat Anna Kamenowa viele Romane, Kurzgeschichten, Kindergeschichten, Reiseberichte und Memoiren geschrieben. Ihr gehört die Übersetzung der Romane „Das Bildnis des Dorian Gray“ und „Onkel Toms Hütte“ sowie des Kinderbuches „Der Zauberer von Oz“. Und obwohl ihr zu Lebzeiten viel Anerkennung zuteil wurde, sind ihre Werke heute mehr oder weniger in Vergessenheit geraten.

Fotos: Archiv, bulgarianhistory.org



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