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Menschenschicksale: Obdachlose im Winter

Foto: Archiv

Die einschränkenden Maßnahmen gegen die Corona-Seuche haben alle Bereiche getroffen: Wirtschaft, Bildung, Kultur und nicht an letzter Stelle – die sozialen Kontakte. Man kann unmöglich die Bereiche unseres Lebens danach sortieren, welche am meisten leiden und welche weniger. Es gibt jedoch eine Gruppe von Menschen, die es so und so nie leicht haben – die Obdachlosen.

In der kalten Jahreszeit kümmert sich in der nordbulgarischen Stadt Russe vor allem das Bulgarische Rote Kreuz um die dortigen Obdachlosen. Regelmäßig wird Essen an Notdürftige in einem Speisesaal verteilt, der vor mehr als 10 Jahren auf einem der Grundstücke des Roten Kreuzes errichtet wurde. Die Obdachlosen können auch das angebaute Bad nutzen, das in den Wintermonaten das Baden in der Donau ersetzt.

In diesem Jahr stehen den Notdürftigen jedoch weder der Speisesaal, noch das Bad zur Verfügung, denn die Maßnahmen gegen die Weiterverbreitung des Coronavirus verbieten größere Menschenansammlungen. Statt einеs warmen Essens werden Konserven verteilt, die für eine Woche reichen müssen – Bohnen mit Bratwurst, gekochtes Fleisch, Leberwurst, Makrele, aber auch Hamburger und eine Suppe. Das Lebensmittelpaket enthält ferner Desinfektionsmittel und eine Atemschutzmaske.

Im vergangenen Jahr haben 48 Menschen die Hilfe in Anspruch genommen, in diesem Jahr sind es weitaus mehr.

Sdrawko ist einer der Obdachlosen in Russe. Er ist sehbehindert, wartet aber immer noch auf die Gewährung einer Behindertenrente. Nach der Scheidung hat er die Wohnung verlassen müssen und ist auf der Straße gelandet. Das ist schon 10 Jahre her, in denen er im Sommer auf einer Parkbank schläft und sich im Winter in einen Keller verkriecht – illegal versteht sich.

„Ich habe Bekannte. Wenn ich durch das Zentrum gehe, ist immer jemand da, der mit etwas Geld gibt. Ich könnte auch betteln; ich stehle nicht, betrüge niemanden und belüge keinen... Manche geben mir etwas, andere nicht... Ich kann sie ja nicht anspringen und sagen: „Du gibst mir jetzt was!“, erzählt Sdrawko.

Auch Wassil ist seit vielen Jahren obdachlos. Nach Problemen in der Familie zog er aus und seitdem ist die Straße sein Zuhause. Ein ganzes Leben lang hat er bei der Bahn gearbeitet.

„Man hat mich gekürzt. Wenn du 60 bist, will dich keiner mehr. Wenn ich mich für irgend eine Arbeit gemeldet habe und zum Schluss sagen musste, wie als ich bin, habe ich immer die gleiche Antwort erhalten: „Wir setzen uns mit ihnen in Verbindung.“... und das war's.“

Panajot ist dankbar, dass er wenigsten etwas zu Essen bekommt: „Es ist gut, dass es Menschen gibt, die an solche wie uns denken.“ Seine Geschichte ist die wie viele andere auch: er wurde krank und verlor sein Zuhause.

„Ich habe einen Freund, der über mich sagt, dass ich einzig als Priester und Kesselschmied nicht gearbeitet habe. Ich kann vieles und habe die unterschiedlichsten Jobs gehabt. Von der Ausbildung her bin ich eigentlich Bäcker“, sagt Panajot.

Die Freiwilligen des Roten Kreuzes gehören zu jenen Menschen, die sich hauptsächlich um die Obdachlosen kümmern. Organisiert werden sie von Antoinetta Jabanosowa:

„Die Obdachlosen sind Menschen, die sich kaum Regeln unterwerfen. Wir akzeptieren sie aber so wie sie sind und verurteilen keinen. Im Gegenteil! Wir achten ihren Wunsch, auf diese Art und Weise zu leben. Wir helfen ihnen womit wir können. Einige von ihnen wollen es nicht zugeben, aber sie haben wirklich Hilfe nötig. In der letzten Zeit kommen ganz neue; gestern waren es drei und heute ebenfalls drei...“

In den letzten Jahren haben sich die Bulgaren an die Obdachlosen auf den Straßen gewöhnt und schenken ihnen kaum Beachtung. Die Gaststätten, die dem einen oder anderen Obdachlosen ein wenig Essen und Brot gaben, haben geschlossen. Die meisten Menschen sind zu Telearbeit übergegangen und gehen seltener außer Haus. Auf den Straßen leben aber weiterhin Menschen, wie Sdrawko, Wassil und Panajot, denen geholfen werden muss.

Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow

Fotos: Archiv


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