Sendung auf Deutsch
Textgröße
Bulgarischer Nationaler Rundfunk © 2024 Alle Rechte vorbehalten

Wie wirkt sich die Pandemie auf unsere Psyche aus?

Foto: Ani Petrowa

Ein erneutes Lockdown des Staates könnte von den Bürgern falsch verstanden werden; sie könnten sich massenhaft gegen die Schutzmaßnahmen auflehnen und diese nicht einhalten. Es könnte zu Massenprotesten kommen. Diese Ansicht äußerte in einem Interview für den BNR Gesundheitsminister Prof. Kostadin Angelow. Er versicherte, dass eine solche extreme Maßnahme angesichts der momentanen diffusen Verbreitung des Coronavirus nicht geplant sei.

Die Unsicherheit und die ständig wechselnden Anordnungen, mit denen man täglich konfrontiert wird, verursachen bei vielen Menschen Angstzustände. Neurotische Anfälle und andere extreme und unvorsehbare Änderungen im Verhalten sind die Folge. Eine Untersuchung, vorgenommen von Psychologen, hat ergeben, dass sich in Bulgarien die Fälle neurotischen Verhaltens im Vergleich zu 2017 verdoppelt haben. Das erkläre auch die übermäßig hohe Nachfrage nach bestimmten Medikamenten. Die Reaktion der Menschen kann sehr verschieden sein – angefangen bei auffälliger Passivität, Verschlossenheit, Selbstisolation, über Depressionen und Verzweiflung bis hin zu Dominanzanfällen.

Auf der Grundlage der Untersuchung, die an 1.911 bulgarischen Bürgern im Alter zwischen 25 und 60 Jahren vorgenommen wurde, zieht der Psychologe Plamen Dimitrow folgende Schlussfolgerungen:

„Auf der Grundlage der befragten 1.911 Bürger kann ich behaupten, dass sich die Zahl der Menschen, die real Erwartungen in Bezug auf Erfolge, Entwicklung, Unterstützung und Solidarität haben, zu Gunsten von Negativismus, Negation oder unbegründeter Perfektionismus und bestimmte Erwartung auf die Hälfte verringert habe. Auch haben Konformismus und Ritualisierung zugenommen. Viele Menschen sind konservativer geworden, andere wiederum haben angefangen, für Rechte, Freiheiten und demokratische Prinzipien zu kämpfen, die sie nicht in den Alltag übertragen können.“

Laut dem Psychologen müsse man aufhören, Verschwörungstheorien zu Rate zu ziehen und auf ein Eingreifen des Staates zu warten, wenn man selbst nichts für seinen Schutz tut. Was die Verschwörungstheorien anbelangt, würden sie in einem Augenblick immer in Erscheinung treten:

„Das sind Perioden erhöhter existenzieller Unsicherheit, wenn Menschen mit Sterbefällen konfrontiert werden und ihnen täglich vor Augen geführt wird, dass sie sterblich und unbedeutend sind und von unsichtbarer Hand einfach weggewischt werden können. All das erhöht das Gefühl von Unsicherheit und Ängsten und es schaltet sich unser psychosoziales Schutzsystem ein. Unsere Psyche versucht, diese Angstzustände auf irgend eine Weise zu verringern. Wir beruhigen uns, senken die Spannungen, werden religiöser und beginnen, uns auf Ideale, oder Führungspersönlichkeiten zu stützen. Von ihnen erwarten wir eine Politik in richtiger Richtung, die uns schützt, ohne dass uns bewusst wird, dass unsere eigene Sicherheit und die unserer Nächsten unserer Verantwortung obliegt.“

Redaktion: Joan Kolev

Übersetzung: Wladimir Wladimirow




Последвайте ни и в Google News Showcase, за да научите най-важното от деня!

mehr aus dieser Rubrik…

Ethnoküche, altertürmliche Trachten und Orchideen in der Europäischen Nacht der Museen in Burgas und Nessebar

Das Ethnografische Museum in Burgas wird heute nach leckeren Speisen duften. Der Direktor Dr. Milen Nikolow höchstpersönlich wird den Kochlöffel schwingen und zeigen, was unter ethnischer Küche zu verstehen ist und wie Schweinefleisch mit Gartenampfer,..

veröffentlicht am 18.05.24 um 12:10

Berufliches Burnout ist am häufigsten bei Menschen mit gesellschaftlich wichtigen Aufgaben zu beobachten

Die körperliche und geistige Gesundheit der Menschen über den gesamten Lebenszyklus hinweg steht im Mittelpunkt der Europäischen Woche der öffentlichen Gesundheit. Die Initiative fördert die Zusammenarbeit zwischen medizinischen Fachkräften in ganz..

veröffentlicht am 15.05.24 um 13:41

Über ein mögliches Leben in einer Welt ohne Monopole

Mit den vom Parlament verabschiedeten Änderungen des Energiegesetzes wurde der Beginn der Übergangszeit für die Liberalisierung des Strommarktes auf den 1. Juli 2025 verlegt. Die Änderungen sollen eine schrittweise Möglichkeit zur vollständigen..

veröffentlicht am 14.05.24 um 12:10