Obwohl in den vergangenen Jahren in der Hauptstadt Sofia kräftig renoviert wurde, werden die Hauptstädter weiterhin mit allen möglichen Problemen konfrontiert, die das Eingreifen verschiedener Institutionen erfordern. Viele Bürgersteige und Straßen sind voller Löcher, die Straßenbeleuchtung lässt zuweilen zu wünschen übrig, die Luft ist an manchen Tagen stark verschmutzt und auch die Abfallentsorgung einiger Viertel funktioniert nicht normal. Solche und alle anderen Probleme können dem Kontaktzentrum der Gemeinde mitgeteilt werden. Die Bürger können jedoch auch den gewohnten Weg gehen und schriftliche Eingaben machen, oder sich telefonisch oder per E-Mail an das Hauptstädtische Inspektorat wenden.
„Die Bürger treten mit der Gemeindeverwaltung hauptsächlich über Eingaben in Kontakt. Über 80 Prozent der Einwohner Sofias wollen jedoch aktiver am Leben in der Gemeinde teilnehmen, wenn es darum geht, Beschlüsse zu fassen. Sie sehen jedoch keine entsprechende Möglichkeit“, sagte in einem Interview für Radio Bulgarien Theodora Sarewa von der Initiative „Bürgerhaushalt“.
Diese Bewegung versucht, die Bürger aktiver in die Arbeit der Gemeinde einzubeziehen. Sie sollen stimuliert werden, eigene Ideen zur Lösung verschiedener Probleme vorzubringen, die in Form von Projekten vorgestellt werden sollen.
Es gibt keine Schablone für den Bürgerhaushalt
„Die Einführung eines solchen Programms – „Bürgerhaushalt“, veranlasst die Gemeindeverwaltung, Verantwortung zu übernehmen und zuzusichern, dass die von den Bürgern unterbreiteten Lösungsvorschläge in der Stadtplanung und Entwicklung auch berücksichtigt werden. Es handelt sich um einen Mechanismus der Teilnahme, der sich von allen anderen unterscheidet, weil die Gemeindeverwaltung von Anfang an ein Engagement eingeht. Das Gute daran sind nicht einfach die realisierten Projekte, die am Jahresende abgerechnet werden, sondern die neue Art und Weise des Dialoges und der Zusammenarbeit zwischen den Bürgern und der Leitung der Stadt. Momentan generieren diese Beziehungen meist nur negative Erlebnisse.“
Die Idee für solch einen Haushalt ist im strategischen Dokument für die Entwicklung der Hauptstadt „Vision für Sofia“ enthalten, wobei eine Einführung bis 2027 vorgesehen ist.
Sofia mit Bürgerhaushalt bis spätestens 2027
„In der „Vision für Sofia“ wird tatsächlich diese Frist gesetzt, doch in der internationalen Initiative „Open Government Partnership“, der sich Bulgarien angeschlossen hat, wurde bereits 2017 die Einführung eines Bürgerhaushalts in der bulgarischen Hauptstadt als Pilotprojekt vereinbart. Der Bürgerhaushalt ist keine Formel, die auf Sofia maschinell übertragen werden kann. Uns ist wichtig, dass das Modell in Zusammenarbeit mit den Bürgern, dem Gemeindetrat und der Verwaltung erarbeitet wird. Wir haben eine Umfrage durchgeführt, in die nur ausgewählte Gruppen einbezogen wurden. Am 5. Oktober soll dann eine ausgedehnte Online-Diskussion starten, zu der alle Einwohner Sofias, unabhängig ihrer sozialen Stellung, eingeladen sind. Auf ihr soll besprochen werden, wie ein solches Modell in unserer Hauptstadt funktionieren kann.“
Bürger entscheiden über Verwendung von bis zu 10 Prozent des Gemeindehaushalts
In über 2.000 europäischen Städten, darunter die Hauptstädte Paris, Prag, Warschau und Madrid, existiert ein solches Instrument der Teilnahme der Einwohner an der Leitung ihrer Stadt. Die Haushaltsmittel, über die der Bürgerhaushalt entscheidet, belaufen sich auf 1 bis 10 Prozent des Gesamthaushalts der jeweiligen Gemeinde. Die Gemeindeverwaltung prüft jedoch als erstes, inwieweit die unterbreiteten Vorschläge realisierbar sind. In gemeinsamer Arbeit werden dann die Projekte vervollkommnet und zur Abstimmung vorgelegt. Dabei beteiligen sich auch die Einwohner der ganzen Stadt. Es werden dann jene Projekte verwirklicht, die die meisten Stimmen erhalten haben.
Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
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