Sendung auf Deutsch
Textgröße
Bulgarischer Nationaler Rundfunk © 2024 Alle Rechte vorbehalten

Zeigt sich etwas Neues am politischen Horizont?

Bojko Borissow (l.) und Rumen Radew (r.)
Foto: Archiv BGNES

Abgesehen vom Coronavirus, das weiterhin Gesprächsthema Nummer eins ist, lenkten in den letzten Tagen die Wortgefechte zwischen Premier und Staatspräsident die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf sich. Für Kontroversen sorgten die Kompromate über Ministerpräsident Bojko Borissow und ob diese zu vorgezogenen Parlamentswahlen führen werden und Rücktritte erforderlich sind. Inmitten des Skandals verließ der ehemalige Vizevorsitzende der regierenden GERB-Partei, Zwetan Zwetanow, die Parteireihen und kündigte eine selbständige politische Karriere an.

Zwetan Zwetanow

Im Frühjahr 2021 stehen Parlamentswahlen an und bereits jetzt werden Parteien und Politiker aktiv. Neue Parteien zeigen sich am Horizont, gegründet und angeführt von den verschiedensten Vertretern des öffentlichen Lebens – angefangen bei ehemaligen Politikern und Abgeordneten bis hin zu Geschäftsleuten und Showmoderatoren. Und alle wollen sie Bojko Borissow und seine GERB-Partei stürzen.

Noch ist nicht klar, welche Ideen und Richtungen die neuen Formationen für die weitere Entwicklung des Landes anbieten werden. Das verwundert kaum jemanden, denn auch bei vorangegangenen Wahlen hatte sich oft ein recht buntes Bild an unklaren politischen Absichten gezeigt. So war es bereits zu Beginn der Wende zur Demokratie in Bulgarien, als sich 1991 zu den Wahlen insgesamt 37 Parteien und Koalitionen meldeten, die nur schwer auseinandergehalten werden konnten. Auch in den Folgejahren war es nicht viel anders, als die Zahl der Kandidaten schwankte. Alle priesen sich als die „wahre Alternative“ zu Regierenden oder traditionellen Parteienan, soweit in Bulgarien überhaupt von Traditionen in dieser Richtung gesprochen werden kann.

Welche Chancen zeichnen sich für die neuen politischen Spieler ab?

Maja Manolowa

Unter den aktiv gewordenen Politiker ist vor allem Maja Manolowa zu nennen. Sie ist ehemalige Abgeordnete der Bulgarischen Sozialistischen Partei, war danach Ombudsfrau Bulgariens und vor jenem Jahr bewarb sie sich um den Oberbürgermeisterposten in Sofia. In der letzten Zeit ist sie in den Medien und sozialen Netzen aktiv geworden und kommentiert als geschickte Vloggerin alle wichtigen sowie „skandalösen“ Tagesthemen. Hält man sich ihr gutes Abschneiden bei den Bürgermeisterwahlen in Sofia vor Augen, wird es nicht weiter verwunderlich sein, wenn ihre Plattform „izpravise.bg“ (zu Deutsch „steh auf“) in eine Partei hinüberwachsen sollte.

Slawi Trifonow

Der populäre Showmaster Slawi Trifonow wartet ebenfalls mit einer neuen Formation auf. Die Einschreibung seiner Partei „Ima takav narod“ (zu Deutsch „Es gibt ein solches Volk“), benannt nach seinem Album von 2017, ist momentan in Prozedur. Der bekannte Musiker, TV-Moderator und Produzent hatte bereits vor einem Jahr seinen Einstig in die Politik verkündet. Die Soziologen sind der Ansicht, dass sich seine Popularität auf das Wahlergebnis übertragen und er durchaus ins Parlament einziehen könnte.

Es wurde ferner klar, dass der einstige Vizevorsitzende und Wahlstratege der GERB-Partei, Zwetan Zwetanow, seine eigene Partei aufbauen werde. Noch ist nur bekannt, dass sie im politischen Spektrum Mitte-rechts angesiedelt sein wird. Das ist aber auch schon alles, was man über die neue Formation weiß. Es kann auch nur schwer abgeschätzt werden, ob die neue Partei genügend Stimmen auf sich vereinen kann, um ins Parlament zu kommen. Noch sind die Erinnerungen an den Immobilien-Skandal frisch, in dem auch Zwetanow verwickelt war. Auch wenn die Staatsanwaltschaft aus Mangel an Beweisen das Verfahren eingestellt hat, ist bei den Bürgern der bittere Machgeschmack geblieben, dass Spitzenpolitikern bei Immobilienkäufen Vorzugspreise genießen. Zwetanow ist aber auch als ein glänzender Parteiorganisator bekannt, der weiß, wie man Wahlen gewinnen kann. Er ist also ein Kandidat, von dem man noch so einiges erwarten kann.

Höchst eigenwillig und äußerst waghalsig mutet hingegen der Einstieg in die Politik an, den sich der dubiose Geschäftsmanns Wassil Boschkow leistete, der sich momentan in Dubai vor dem bulgarischen Gericht versteckt. Analysten stuften es als einen Bauchklatscher im politischen Meer ein. Boschkow agiert über die sozialen Netze und hat bereits den Namen seines politischen Projekts bekanntgegeben – „Bulgarischer Sommer“. Seine Ziele sind verschwommen und alles mutet eher an ein Medienspektakel an, als an eine ernste politische Absicht. Offensichtlich besteht sein Ziel darin, das Interesse an seiner Person wach zu halten.

Zehn Monate vor den Parlamentswahlen haben sich bereits mehrere politische Neulinge gezeigt, die zwar der Öffentlichkeit in Bulgarien bestens bekannt sind, aber weniger von ihren Ideen her, die sie verfolgen werden. Es wird sich zeigen, welche Richtungen sie einschlagen werden und ob sie das Interesse der Wähler auf sich lenken können.

Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow

Fotos: BTA, BGNES



Последвайте ни и в Google News Showcase, за да научите най-важното от деня!

mehr aus dieser Rubrik…

Blickpunkt Balkan

Gordana Siljanovska-Davkova legt Eid als "Präsidentin Mazedoniens" ab Die Amtseinführung von Gordana Siljanovska als erste weibliche Präsidentin der Republik Nordmazedonien (RSM) löste einen internationalen Skandal aus. Vor dem..

veröffentlicht am 17.05.24 um 12:19

Blickpunkt Balkan

Edi Rama sucht nach geeignetem Ort für Treffen mit albanischer Gemeinschaft Alle Parteien in Griechenland halten den Besuch des albanischen Ministerpräsidenten Edi Rama in Athen für unerwünscht. Am 12. Mai will Rama die..

veröffentlicht am 10.05.24 um 16:28

Menschen mit bulgarischen Pässen in Nordmazedonien haben sowohl für die Regierung als auch für die Opposition gestimmt

Am 8. Mai fanden in Nordmazedonien vorgezogene Parlamentswahlen und eine zweite Runde der Präsidentschaftswahlen  statt. Vor der Abstimmung bezeichnete einer der führenden albanischen Publizisten des Landes die Bulgaren im Wahlkampf als „Waisen“, weil..

veröffentlicht am 10.05.24 um 11:51