Wenn sich ein 10jähriges Mädchen mit einem Äffchen in einem Käfig vergleicht, das nicht weiß, ob es jemals wieder seine Freiheit wiedererlangen wird, schwimmen den Psychologen, Anthropologen und Psychotherapeuten all ihre Ratschläge, einer Flotte entkräfteter Worte gleich, davon...
Die Corona-Pandemie hat es mit sich gebracht: Die Kinder lernen lediglich von zu Hause aus und sind auch in Bezug auf Sport, Spiel und sozialen Umgang mit den Anderen stark eingeschränkt. Was passiert mit ihrer Psyche, wenn sie zwischen den vier Wänden sitzen und sich ihr Leben hauptsächlich online abspielt?
„Für uns Erwachsene ist die Situation eher ungewöhnlich; die Kinder, die ja der „digitalen Generation“ angehören, sind es gewohnt, den Großteil des Tages vor dem Computer zu verbringen“, sagt in einem Interview für Radio Bulgarien die Kinderpsychologin Dimitrina Prodanowa. „Auf die Kinder wirkt sich vielmehr aus, wie ihre Eltern mit der neuen Situation fertig werden. Wenn sie mit Vätern und Müttern leben, die ständig die Corona-Meldungen in den Medien verfolgen, werden auch sie verängstigt. Die Eltern müssen die Lage nutzen, dass sie mehr mit ihren Kindern zusammen sein können.“
Am schwersten würde es laut der Psychologin die Schüler der 1. bis 4. Klasse treffen, da sie Schwimmen gehen, malen, tanzen und viele andere außerschulische Beschäftigungen haben und nun auf einmal ihr gewohntes soziales Leben aufgeben müssen. Die Teenager ihrerseits beklagen sich, weil sie sich nicht mit Gleichaltrigen treffen können.
Keine Angstzustände provozieren!
Ob das Schreckgespenst „Corona“ auch das zarte Gefühlsleben der Heranwachsenden verletzen kann, hängt ebenfalls von den Erwachsenen ab. Kinder nehmen schnell die Emotionen wahr, in die die Worte gekleidet werden. Keinesfalls darf man bei ihnen Todesängste schüren, da sie so und so schon über die Medien ins Haus flattern. In solch einer Lage, eingesperrt zwischen vier Wänden, überhäuft mit Ängsten und Ungewissheiten, können unterdrückte oder längst überwunde Dinge wieder auftauchen:
„Es können gute und auch böse Dinge ans Tageslicht kommen“, warnt die Psychologin. „Wenn ein Kind keine Möglichkeit hat, den Ängsten mit physischer oder schöpferischer Aktivität zu begegnen, können diese Ängste in Aggression umschlagen. Viele Kinder beginnen aber auch globaler zu denken. Sie freuen sich, dass die Natur um sie herum sauberer geworden ist, das die Luft keine unangenehmen Gerüche aufweist... In der Isolation wird ihnen bewusst, wie sehr sie eigentlich ihre jüngeren Geschwister lieben. Auch wollen sie nach Ende der Pandemie sofort ihre Großeltern besuchen. Es besteht also die Chance, dass in ihnen bedeutende Werte auskristallisieren und das ohne den Einfluss der Erwachsenen.“
Auf die Kinder hören!
Die Erwachsenen ihrerseits haben nun die Chance, sich in der Kindersprache weiterzubilden. „Übersetzung aus der Kindersprache für Fortgeschrittene“ nennt sich das zweite Fachbuch von Dimitrina Prodanowa, dessen Premiere wegen Covid-19 jedoch verschoben werden musste. Das Buch gibt gute Ratschläge, beispielweise, wie wir unseren Kindern eine bessere Selbsteinschätzung beibringen können, oder wie wir sie dazu bewegen können, mehr zu lesen.
„Wenn Eltern zu mir in die Sprechstunde kommen, rate ich ihnen häufig: Machen Sie sich weniger in Foren kundig und lernen Sie keine von Psychologen vorgekaute Formulierungen! Hören Sie sich stattdessen ihre Kinder an, verlassen Sie sich auf ihre innere Stimme und ihr inneres Gefühl!“, rät die Kinderpsychologin. „Wir müssen viel mehr auf den gesunden Menschenverstand der Kinder bauen und sie mit Achtung behandeln, anstatt sie zu bemuttern oder zu bevormunden. Jeder Mensch trägt von Geburt an einen Keim Reife in sich. Man muss gerade diesen Keim und nicht die destruktive Seite des Kindes ansprechen, die ihrerseits in uns ein destruktives Verhalten erzeugen kann.“
Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
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