Unsere Kindheit bestimmt unser weiteres Leben. Diese Weisheit gilt mit Sicherheit für Emmi Kujanpää, die einen Teil der Musikkultur Kareliens, von wo die Eltern ihrer Mutter stammen, in sich trägt. Was das Interesse der jungen Finnin gegenüber der bulgarischen Folklore anbelangt, geschah alles ganz zufällig – sie stieß auf einige Aufnahmen, die ihre Aufmerksamkeit fesselten. Mittlerweile beherrschen beide altehrwürdigen Musikkulturen seit etwas mehr als einem Jahrzehnt ihr Leben. Sie bilden auch die Grundlage ihres ersten selbständigen Albums, das „Nani“ heißt. Die finnische Premiere des Albums fand vor wenigen Tagen statt. Für Radio Bulgarien stellte sich Emmi Kujanpää vor und erzählte mehr über ihre Arbeit:
„Ich bin eine Sängerin und Komponistin. 2009 habe ich an der Akademie für Musik und Tanzkunst in Plowdiw bulgarische Folklore studiert. Außerdem habe ich die Sibelius-Musikakademie absolviert, die zur Universität der Künste Helsinki gehört. Ich unterrichte in dieser Akademie und auch an der Musikschule in Käpylä Folkloregesang und Kantele – das ist die finnische Zither. Die Lieder meines neuesten Projekts stammen alle von mir, fußen jedoch auf Folkloretraditionen. Sie wurden im Bulgarischen Nationalen Fernsehen und dem „Music Centre” in Helsinki aufgenommen.”
Am Album beteiligte sich „Das Mysterium der bulgarischen Stimmen – Internationale Gesangsakademie“. Diese vor zwei Jahren gegründete Formation bereitet Sängerinnen für den weltberühmten Chor vor. Dirigentin beider Formationen ist Prof. Dora Christowa, die übrigens auch an der Akademie für Musik und Tanzkunst in Plowdiw unterrichtete; unter ihren Schülerinnen war auch Emmi Kujanpää.
„Ich war von ihren schnellen Fortschritten sehr angenehm überrascht“, erinnert sich Prof. Christowa. „Sie eignete sich die Technik des Folkloregesangs, die spezifische Ornamentik und auch viele Lieder an. Außerdem nahm sie eine CD auf, an der sich zwei Quartette beteiligten. Bei dem bulgarischen handelt es sich um „Vaya“ der Plowdiwer Akademie und das finnische nennt sich „Mama“. Es ist sehr interessant, wie sie bulgarische und finnische Lieder interpretieren. Man lud mich ein, beide Formationen bei den Aufnahmen in Finnland zu leiten. Das Album, das nun erschienen ist, enthält ausschließlich Kompositionen von Emmi Kujanpää. Die Mädchen des Chores sind von ihren Liedern sehr angetan und arbeiten gern mit ihr zusammen. „Nani“ ist übrigens das erste Produkt unserer Internationalen Akademie.“
Das Album wurde bereits auf einigen Konzerten in Bulgarien vorgestellt; am 13. März erklang es in Helsinki im Saal der Sibelius-Akademie, jedoch nur vor etwa einer Handvoll Zuhörer. „Die Coronavirus-Realität ist sehr ermüdend, doch es geht nicht anders!“, seufzte Emmi Kujanpää. Dieses Konzert wurde jedoch live übertragen; eine Aufnahme von ihm gibt es auch im Internet.
„Das erste Lied habe ich vor einiger Zeit geschrieben“, erzählt die junge Finnin. „Wir haben zu Hause eine kleine Orgel stehen, auf der meine Tochter Cluster spielt. Als ich sie einmal hörte, kam mir die Idee für „Klar scheint die Sonne - Vuota Vuota“. Die Melodie folgt den Rhodopen-Liedern, der Refrain ist jedoch in karelischer Sprache. Das Lied „Nani“ ist wiederum der Mutter Erde gewidmet. Ich war sehr empört, als ich einmal erfuhr, wie viele Frauen auf der Welt diskriminiert werden. In dem Lied heißt es „Mutter, warum hast du diese Frauen verlassen?“ Das Lied „Celestia“ (Himmelsgöttin) entstand wiederum auf die Idee hin von Prof. Christowa, die mit sagte, es sei interessant, wenn ich ein Lied für Chor und Kantele schreiben würde. Ich kehrte gerade mit dem Flugzeug von Bulgarien nach Hause zurück, als es Zeit für einen alten finnischen Brauch war, der zu Beginn des Sommers stattfindet. Um Helsinki herum brannten bereits etliche Feuer und ich beschloss diesen Eindruck in Musik umzusetzen.
Als Komponistin besitze ich eine klassische Ausbildung, bin aber eine Folklorekomponistin geblieben. Als ich 6 Jahre alt war, waren bei uns noch viele Bräuche lebendig - alle Kinder spielten Kantele und es wurde ständig gesungen. Ich hatte eine wunderbare Lehrerin, die uns von klein auf dazu anhielt, selbst Texte und Melodien zu schreiben. Meine Großmutter, mit der ich eng verbunden war, stammte aus Karelien. Eines der Lieder in dem Album ist ihr gewidmet. Ich denke, dass die Karelier und die Bulgaren etliche Gemeinsamkeiten haben - sie sind warmherzige, gesprächige und emotionsfreudige Menschen. Auch der Gesangsstil in Karelien erinnert an den im mittleren Westen Bulgariens. Es gibt aber auch eine Reihe anderer Ähnlichkeiten…“
Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
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