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In Erinnerung an den Alpinisten Bojan Petrow: „Die Achttausender sind mein Kosmos“

„Konzentration und Disziplin sind die zwei Schlagworte im Alpinismus für mich“, sagte der legendäre bulgarische Alpinist Bojan Petrow in einem Interview, das er an einem heißen Augusttag 2012 gab. Heute wäre er 47 Jahre alt geworden.

Energiegeladen, stechender Blick, ein Mann, der jeder Situation Positives abgewinnen und tausende Menschen begeistern und daran glauben lassen konnte, dass jeder selbst den Horizont der eigenen Möglichkeiten bestimmt.

Als er 2018 zum 3. Lager des Achttausenders Shishapangma aufbrach, wollte niemand glauben, dass es für immer sein wird.

Zuletzt sah ich Bojan am 29. April. Er stieg hinauf, um sich zu akklimatisieren und sagte, dass er den Berg am 2. Mai besteigen wolle. Er lief die Route sehr schnell als wäre er kein Mensch sondern eine Maschine. Im Basislager gab man mir das Satellitentelefon von Bojan. Er hatte es für mich zurückgelassen, weil er wusste, dass ich Probleme im Dienst hatte“, erinnert sich der Ukrainer Alexander Nesterenko. Ein anderer Ukrainer sah Bojan mit seinem Stechglas in einer Höhe von 7 500 m. Am 3. Mai fanden Sherpas sein Zelt aufgerissen und voller Schnee.

Bojan ist für immer dort, in der Nähe der Sterne geblieben, weil er selbst ein gigantischer Stern war.

Als Teenager war Bojan vom Höhlenwesen fasziniert, danach vom Alpinismus. Diese Leidenschaften halfen ihm in seinem Beruf eines Zoologen. Von jeder seiner Expeditionen zu Gipfeln oder Höhlen in fernen Ländern brachte er neue Pflanzen, Steine und für die Wissenschaft neue Tierarten für den Fundus des Naturkundemuseums in Sofia mit, in dem er arbeitete.

Später wurde bei ihm Diabetes diagnostiziert, doch kann das jemand wie ihn aufhalten? Bojan Petrow eroberte als erster insulinabhängiger Alpinist 10 Achttausender ohne Sauerstoff und Sherpas, weil er überzeugt war, dass das den Sport ausmacht. Er machte uns bewusst, dass man konsequent dem großen Ziel entgegengehen kann, wenn man auf dem Weg dorthin viele kleine Ziele bewältigt, dass die Grenze keine Begrenzung ist sondern ein Weg zu neuen höheren Gipfeln und dass je höher man hinaufsteigt, desto geringer die Alltagsprobleme für einen erscheinen.

Für das Bergsteigen begeisterte sich Bojan Petrow nach einer Reise in die damalige Sowjetunion. Nachdem er mehrere Berge bestiegen hatte, wollte er immer höher hinauf.

Viele Menschen sind der Ansicht, das Bergsteigen und Diabetes unvereinbar sind. Bojan ist es gelungen, diese Vorstellung zu widerlegen.

Als ich im Jahr 2000 an Diabetes erkrankte, sagten mir die Ärzte, dass ich das Bergsteigen vergessen sollte. Tatsächlich war ich am Anfang irritiert, doch bereits nach einem Monat brach ich zu einer Expedition in eine Höhle in Rumänien auf. Natürlich hatte ich es schwer, weil ich 5 Mal am Tag Insulin spritzen und ständig mein Blutzucker messen musste. Drei Monate nach dieser Expedition habe ich den Ararat-Gipfel in der Türkei  (5 136 m) bestiegen. Das hat mir Mut gemacht und ich machte immer weiter. 2001 habe ich mich am Besteigen des Achttausenders Broad Peak im Karakorum beteiligt und es somit geschafft, die Krankheit meiner Beschäftigung unterzuordnen anstatt, dass ich ihre Regeln befolge.

Der denkwürdigste Aufstieg für Bojan Petrow

2009 bestieg Bojan Petrow im Rahmen von 8 Tagen zwei Achttausender – Gasherbrum I und II.

Nach dem Abstieg vom ersten Berg bin ich nicht ins Basislager zurückgekehrt, sondern bin einfach im Alleingang weiter zum zweiten Berg hinaufgestiegen. 40 Meter unterhalb des Gipfels wurde ich buchstäblich von den Witterungsbedingungen aufgehalten. Es wurde zu gefährlich. Beim Abstieg fiel ich 8 m hinunter in einen Gletscherspalt. Das ist das Schrecklichste, was ich im Gebirge je erlebt habe. Davon hat man als Bergsteiger nur geträumt, doch wenn es passiert, ist man für immer gezeichnet. Es ist ein psychologisches Trauma einfach zu gehen, ohne dass jemand mitbekommt wohin.“

Zum Glück entdecken spanische Bergsteiger den Bulgaren und er wird gerettet.

Über die Qualitäten, die ein Bergsteiger haben muss, außer Draufgänger zu sein, sagte Bojan Petrow:

Einen Draufgänger sollte man auf keinen Fall sein. Man muss klug, kombinativ, vorbereitet und körperlich außerordentlich fit sein.

Der Kick, wenn der Gipfel erreicht ist?

Die Achttausender sind für mich der Kosmos. Du siehst wie rund die Erde ist und der Horizont schief. Von jedem Gipfel sehe ich den nächsten Gipfel. Nachdem du so hoch hinauf geklettert bist, ist die ganze Welt um dich herum. Das Gefühl ist, über allem zu stehen.“


Übersetzung: Georgetta Janewa

Fotos: Privatarchiv

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