Bis heute ist es ein Geheimnis geblieben, seit wann es Gebetsketten gibt. In Umlauf sind verschiedene Legenden.
„Eine davon erzählt von einem buddhistischen Priester, der einem armen Analphabeten aufgetragen haben soll, 108 Gebete zu sprechen. Der Inder soll erwidert haben, dass er nicht zählen könne. Daraufhin habe der Priester für den armen Mann einen Rosenkranz mit 108 Steinen gemacht und ihm gesagt, dass er nach jedem Gebet einen Stein überrollen solle“, weiss Christian Wandow, der seinen ersten Rosenkranz als 14jährigen Teenager gekauft hat. 50 Jahre später ist er immer noch dabei, seine wertvolle Sammlung aus Gebetsketten zu vervollständigen.
In allen Religionen werden die Gebetsketten benutzt, um Gebete oder Mantras zu zählen. Am häufigsten anzutreffen sind Ketten, die aus einem starken Woll- oder Seidenfaden bestehen, an dem eine Reihe von Knoten oder aus verschiedenen Materialien bestehende Kugeln oder Steine angebracht sind.
„Die orthodoxen Gebetsketten, die im Heiligen Wald auf Athos gefertigt wurden, bestehen aus schwarzer Wolle. Als Farbe wurde schwarz gewählt, um zu zeigen, wie traurig es war, das Christus gestorben ist. Wolle symbolisierte die Armut“, erläutert der Sammler und fügt hinzu, dass erst später Gebetsketten für die Reichen im Osmanischen Imperium in Mode kamen, für die Bernstein, Halbedelsteine oder sogar Edelsteine benutzt wurden.
„Der Rosenkranz gab Auskunft über den Stand des Besitzers. Das Wichtigste dabei ist die Quaste, die groß und aus weicher Seide sein musste. In der orthodoxen Welt ist die Gebetskette schwarz und endet mit einem Kreuz“, erläutert Christian Wandow
Der Rosenkranz kann aus Obststeinen, Achat, Tigerauge oder anderen Steinen bestehen. Es gibt Gebetsketten aus Silber und sogar aus Gold, die die Eitelkeit des Besitzers demonstrieren.
„Die schönsten Gebetsketten sind aus Bernstein oder Faturan gemacht. Faturan ist eigentlich ein Stück Harz oder Bernstein, das mit Rotwein oder Cognac gefärbt wurde. Um die Farbe zu verändern, wurden auch natürliche Farbstoffe verwendet. Während des 2. Weltkrieges ging das Rezept jedoch leider verloren. Ich sage leider, weil das Faturan durch die Wärme der Hände seine Duftstoffe entfaltet. Es riecht sehr angenehm“, erklärt Wandow, der bedauert, dass er in letzter Zeit beobachtet, dass Bernsteine an Silberketten angebracht werden. Das sei falsch behauptet der Sammler, weil das Silber den Bernstein vernichtet, wenn die Steine hin und her gerollt werden.
Zu den interessantesten Gebetsketten in seiner Sammlung gehört eine aus schwarzen Korallen, die auch „der Baum des Meeres“ genannt wird. Das Besondere daran sei, dass dieses Material äußerst selten anzutreffen ist.
„Zu meinen schönsten und interessantesten Gebetsketten gehört eine aus den Hörnern wilder Büffeln aus Afrika, eine aus Silber von meinem Vater und einige andere mit verschiedenen Kugeln aus Silber, Achat und Onyx. Am Herzen liegt mir auch ein Rosenkranz aus Perlmutt, den ich in Ohrid gekauft habe. Am liebsten mag ich aber die Gebetskette mit den gelben Perlen, eigentlich nichts Besonderes, aber ich mag sie vielleicht deshalb, weil sie am ältesten zu sein scheint“, gesteht der Sammler und erzählt, dass es heute wieder modern ist, eine Gebetskette zu tragen, sei es als Accessoire, um Stress abzubauen oder sich zu konzentrieren.
„In meiner Tasche trage ich immer einen kleinen aus 8 Kugeln bestehenden Rosenkranz. Wenn ich nachdenke oder müde bin, rolle ich die Kungeln hin und her“.
Im Unterschied zu Griechenland oder Mazedonien ist der Rosenkranz in Bulgarien nicht so populär und es gibt auch keine Spezialgeschäfte dafür.
„Nur selten sehe ich etwas, das mein Herz berührt. Wenn das nicht der Fall ist, ist der Kauf überflüssig“, ist Wandow überzeugt. Die Frage, ob man religiös sein muss, um einen Rosenkranz zu besitzen, verneint er kategorisch.
„Ich habe eine ganze Sammlung und bin Atheist. Das hat nichts damit zu tun. Die Frage ist, ob man einen Rosenkranz schön findet und ob man ihn zur Beruhigung braucht. Das ist das Wichtigste“.
Übersetzung: Georgetta Janewa
Fotos: Privatarchiv
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