Im Dezember scheint es mehr Feiertage als Arbeitstage zu geben. Unabhängig der Unmengen von Aufgaben, die vor Weihnachten anstehen, lassen wir uns gern vom Rhythmus der zahlreichen Namens- und anderen festlichen Anlässen tragen. Der erste große Feiertag vor Weihnachten ist dem Heiligen Nikolaus am 6. Dezember gewidmet. Die orthodoxe Kirche feiert den Heiligen Nikolaus von Myra dem Wundertätigen als ein Beispiel des Glaubens und der Demut.
Inmitten der Fastentage vor Weihnachten gehört der Nikolaustag zu den beliebtesten christlichen Feiertagen. Banker, Matrosen und Fischer begehen an diesem Tag ihren professionellen Feiertag. Rund 200 000 Bulgaren haben Namenstag. Die Festtafel wird traditionell mit gefülltem Karpfen oder einem anderen Fischgericht, gekochten Mais, Weizen oder Bulgur und dem rituellen Brot gedeckt.
Wie die meisten christlichen Heiligen so hat auch der heilige Nikolaus sein Ebenbild in der Volkstradition.
Dem Volksglauben zufolge habe Gott als er die Erde erschuf, die fünf heiligen Brüder zu sich gerufen, um unter ihnen die Herrschaft über die Naturgewalten zu verteilen. Die Meere, Flüsse und Seen fielen Nikolaus zu. Er hatte die Gewalt über die Tiefen des Meeres und ihre Bewohner und über Stürme und Unwetter. Deshalb gilt der heilige Nikolaus gilt als der Schutzpatron von Seeleuten und Fischern. Diese Vorstellungen stimmen völlig mit der Überlieferung von der wundersamen Rettung von Seeleuten während eines schrecklichen Sturms überein, die in der Vita des Heiligen beschrieben wird.
In einigen Volksliedern wird darüber gesungen, dass der Heilige Flügel und die Fähigkeit hat, die Tiefen der Meere, aber auch die Höhen des Himmels zu erreichen, so dass er jeden Augenblick bereit ist, jemandem, der in Not geraten ist, zu Hilfe zu eilen. Er wird auch als wunderschönen Jüngling beschrieben, der sein Pferd sattelt, aber auch als ein alter Mann von dessen langen Bart der Schnee fällt. Der heilige Nikolaus gilt auch als Beschützer des einzelnen Menschen, der Familie, Sippe und Gemeinschaft. Der Heilige ist Schutzpatron von Burgas und anderen Ortschaften entlang der Schwarzmeerküste.
In der folkloristischen Gestalt des Heiligen finden die Forscher auch Merkmale des mythischen Drachenmenschen, der mit der einen Seele an einem Ort und mit der anderen dort sein kann, wo er sich wünscht. Der bulgarische Ethnograf Dimiter Marinow hat solche Erzählungen und Lieder aufgezeichnet. Darin wird beschrieben, dass der heilige Nikolaus, während er an der Festtafel saß und irgendwo im Meer jemand in Not geraten war, er nicht das Fest verließ, sondern einschlief. Er konnte mit seiner zweiten Seele wegfliegen und die in Not geratenen Menschen retten.
Dimiter Marinow zitiert ein zum Nikolaustag gesungenes Volkslied, in dem darüber gesungen wird, dass der heilige Nikolaus sein Pferd beschlägt, um gemeinsam mit allen Heiligen zur Geburtsfeier des „jungen Gottes“ zu gehen. Bei der Gottesmutter angekommen, setzten sich alle Heiligen an die Festtafel. Der heilige Nikolaus griff nach dem goldenen Pokal, den ihm der heilige Wassilios reichte, schlief aber ein und ließ es fallen. Kurz bevor der Wein ausgeschüttet wurde, fing er den Pokal auf und erklärte, dass er nicht eingeschlafen, sondern an einem anderen Ort war, um die starken Stürme zu besänftigen und drei Boote zu retten.
Der heilige Nikolaus gilt auch als Schutzpatron der Familie, des Hauses, des Eigentums und der Güter.
Übersetzung: Georgetta Janewa
Fotos: BTA und BGNES
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