Vor dem Hintergrund der restlichen Balkanländer ist Bulgarien ein guter Ort für Investitionen. Davon ist der Wirtschaftswissenschaftler vom Institut für Marktwirtschaft Kalojan Stajkow überzeugt. Anleger verschaffen sich beim Betrachten der kompletten Bewertung eines Landes ein umfassendes Bild über alle positiven und negativen Faktoren, die das Geschäftsklima dort prägen.
„Die ausländischen Investitionen werden an zwei wesentlichen Kennziffern gemessen. Das sind zum einen die Investitionsströme, die gern in den Medien kommentiert werden und zum anderem die Höhe der Investitionen“, erklärt Kalojan Stajkow. „Wenn wir das Interesse der ausländischen Investoren an einer Wirtschaft oder einem Industriezweig ermitteln wollen, sollten wir an erster Stelle auf die Höhe der Anlagen achten, denn das ist der aussagekräftigere Indikator. Beim Betrachten der Höhe der Investitionen werden wir sehen, dass Bulgarien innerhalb der EU sehr gut abschneidet. Es belegt einen der führenden Plätze mit über 80 Prozent Investitionen, gemessen am BIP.“
Inwiefern achten die potentiellen Anleger auf dem Balkan auf solche Faktoren wie Bevölkerungszahl, Größe des Arbeitsmarktes und des Territoriums eines Landes, wie beispielsweise bei Giganten wie die Türkei und Russland?
„Das hängt in sehr hohem Maße von den Industrien ab. Falls ein kleines Land eine gut gebildete Bevölkerung mit Fremdsprachenkenntnissen hat, könnte der Export von Businessdienstleitungen oder das sogenannte Outsourcing dort besser vertreten sein als in einem größeren Land, wo die Bevölkerung einen niedrigeren Bildungsstand hat. Ein weiterer ausschlaggebender Faktor ist die Infrastruktur – ob es Wohnorte in der Nähe gibt, wieviel Zeit die Arbeitnehmer brauchen, um zu ihrem Arbeitsplatz zu gelangen, wie hoch die Bevölkerungsdichte ist etc. Jeder Investor zieht dabei die spezifischen Faktoren seiner Tätigkeitssphäre besonders in Betracht. Was den Arbeitsmarkt angeht, ist dies ein interessantes Problem. Bis zum Jahr 2014 konnte sich der Arbeitsmarkt in Bulgarien nicht schnell genug erholen und plötzlich kam es 2015-2016 zu einem Fachkräftemangel. Der Arbeitsmarkt verändert sich sehr schnell in kleinen, offenen Wirtschaften wie Bulgarien. Diese Dynamik verlangt auch eine größere Flexibilität seitens der Unternehmer beim Treffen von Investitionsentscheidungen.“
Was trifft eher für Bulgarien zu – bringen die Investoren neues Know-How oder vielmehr alte Technologien in unser Land?
„Beides geht Hand in Hand“, sagt Kalojan Stajkow. „Wenn wir jetzt von einer potentiellen Investition für einen neuen Volkswagen-Betrieb sprechen, dann würde dies in der Tat bedeuten, dass der neue Investor eine Produktion nach Bulgarien exportiert, die in anderen europäischen Ländern bereits unrentabel ist. Zugleich bringt er aber auch das Know-How mit, wie diese Autos hergestellt werden und zugleich auch Business-Ethik und sonstige Dinge, an die wir ohne diese Investition nicht kämen.“
Wie würden Sie beispielsweise einen Investor mit einem mittleren Unternehmen für Autozubehör davon überzeugen, dass Bulgarien ein guter Ort für Investitionen ist?
„Die niedrigen Kosten sind weiterhin ein Vorteil bei uns“, antwortet Kalojan Stajkow. „Neben niedrigen Kosten können wir aber auch mit relativ gut ausgebildeten Arbeitskräften punkten. Das hängt aber wohlgemerkt von der jeweiligen Branche ab. Das Unternehmen muss diese Arbeitskräfte auftreiben, sie sind nicht mehr so leicht zu finden wie bis vor wenigen Jahren. Die niedrigen Steuern, die leichte Administrierung, all das sind Hauptvorteile, wenn man in Bulgarien investieren und Business betreiben will. Das ist aber nur der Rahmen. In den einzelnen Sektoren gibt es zusätzliche Vorzüge, beispielsweise langjährige Erfahrungen in der Produktion und beim Handel mit großen internationalen Firmen“, sagte der Wirtschaftswissenschaftler Kalojan Stajkow abschließend.
Übersetzung: Rossiza Radulowa
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