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Stilian Kirov: „Die Suche hört nie auf und das macht die Schönheit unseres Berufes aus“

Foto: Privatarchiv

Obwohl er nur knapp über 30 ist, ist die Berufsbiographie von Stilian Kirov wirklich beeindruckend. Seit dem Herbst 2017 ist er Musikdirektor von „Illinois Philharmonic - Chicago's Southland“. Den gleichen Posten bekleidet er auch in zwei weiteren Orchestern in den Vereinigten Staaten. Im selben Jahr hat Stilian Kirov auch den Ersten Preis des Internationalen Konzertwettbewerbs „Debut Berlin 2017“ gewonnen und machte sein Debüt in der Berliner Philharmonie.

Am 17. Januar wird Stilian Kirov im Sofioter Konzertsaal „Bulgaria“ zum ersten Mal die Sofioter Philharmonie dirigieren. Auf dem Programm stehen: die Ouvertüre zu Leonore Nr. 3 von Ludwig van Beethoven, das Konzert für Klavier und Orchester Nr. 2 von Franz Liszt und die Sinfonie Nr. 4 von Johannes Brahms. Beim Klavierkonzert tritt Petra Hollaender–Pogády als Solistin auf, eine der vielversprechendsten Pianistinnen ihrer Generation, die sich laut Kennern durch enorme Virtuosität und starke Bühnenpräsenz auszeichnet.

Die erste Probe mit der Sofioter Philharmonie (am 14. Januar)  war ein sehr schönes Erlebnis –  wunderbare Musiker, eine herrliche Arbeitsatmosphäre, Musizieren, das von der Seele kommt – was wirklich sehr wichtig ist. Es ist eine wahre Freude für mich hier, zu Hause, zu sein. Früher habe ich jeden Donnerstag die Konzerte in der Philharmonie besucht. Viele unwahrscheinliche Erinnerungen, viele Entdeckungen, große Inspiration verbinde ich mit diesem Saal hier“, gestand der junge Dirigent.

Wie viele andere Kinder in Bulgarien begann auch Stilian Kirov im Alter von fünf Jahren Klavier zu spielen. „Ich hatte mehrere Musikpädagoginnen. Alle haben ihren Beitrag zu meiner Entwicklung geleistet, der größte Verdienst kommt aber Prof. Milena Kurtewa zu, die mir bis zu meinem 13.-14. Lebensjahr helfend zur Seite stand“, sagt Stilian Kirov. Danach wurde er in der Nationalen Musikschule aufgenommen, wo er qualifizierten Klavier- und Oboeunterricht nahm sowie Stabführung bei Dejan Pawlow lernte.

Eine der ersten Sinfonien unter meiner Stabführung war die 100. Sinfonie von Haydn, die auch als „Militärsinfonie“ bekannt ist“, erinnert sich Stilian Kirov. „Ich kann mich wirklich glücklich schätzen, weil mich meine Lehrer in meinen Streben unterstützt haben, das „Jugendorchester“ und das Kammerorchester an der Schule zu dirigieren. Das brachte mir die ersten Eindrücke und Erfahrungen in diesem Beruf ein. Nachdem ich die Nationale Musikschule abgeschlossen hatte, habe ich zwei Jahre an der Nationalen Musikakademie studiert. Zur selben Zeit habe ich einen Klavierwettbewerb in Paris gewonnen und reiste parallel in die französische Hauptstadt, um dort Klavier zu studieren. Später bin ich nach Paris gezogen und habe dort ebenfalls die Fachrichtung „Dirigieren“ an der „Ecole Normale de Musique“ bei Dominique Rouits absolviert. Danach war ich als Assistierender Dirigent an der „Opera de Massy“ tätig. Eines schönen Tages riet mit mein Pädagoge, mich an den renommiertesten Hochschulen in den USA zu bewerben. Ich hatte Glück und wurde an der „Juilliard School“ aufgenommen, wo ich Orchesterdirigieren in der Klasse von Maestro James DePreist absolviert habe. Nach Abschluss des Studiums habe ich ein Jahr lang in New York gelebt – ich habe Musikunterricht gegeben, habe Klavier und Orgel gespielt. Es war wirklich nicht einfach, sich im „Mittelunkt der Welt“ zu befinden und nach Arbeit zu suchen. Ich wurde schließlich Assistierender Dirigent in Memphis im US-Bundesstaat Tennessee und wechselte zwei Jahre später zum Orchester der Seattle Symphony, das zu den sehr großen Orchestern zählt“, erinnert sich Stilian Kirov.

Dort arbeitete er im Laufe von drei Jahren, fühlte sich aber eines Tage viel zu bequem dort und das war ein Zeichen für ihn, dass es an der Zeit ist, etwas zu verändern. Er kündigte, ohne einen anderen Job zu haben, obwohl er soeben Vater geworden war. Zum Glück wurde er als Musikdirektor des Orchesters „New Jersey's Symphony in C“ gebilligt, wo sein Vorgänger der bekannte bulgarische Dirigent Rossen Milanow war. Die gleiche Stellung bekam er dann auch im Sinfonieorchester in Bakersfield.



Es ist sehr angenehm, Musik mit derart guten Musikern zu machen. Obwohl ich ständig unterwegs bin und „im Flugzeug lebe“, ist das eine große Belohnung. Jedes einzelne Orchester gleicht einer anderen Persönlichkeit und es ist extrem nützlich, mit derart unterschiedlicher und derart schöner Musik zu arbeiten. Ich gehe dabei immer von der Ansicht aus, dass wir gemeinsam auf der Suche sind. Das ist meiner Ansicht nach die richtige Herangehensweise. Natürlich hat jeder Dirigent eine eigene Vorstellung und einen eigenen Klang im Kopf. Aus diesem Grund ist es wichtig, unser Bewusstsein für das, was wir hören, zu öffnen. Man hört und reagiert – das ist eine sehr wertvolle Eigenschaft, die man entwickeln sollte. Ich stelle mir beispielsweise ein Solo auf eine ganz bestimmte Art und Weise vor, der Interpret spielt es aber auf eine vollkommen andere, aber viel bessere Weise. Dann werde ich das doch nicht ändern, nur weil ich vor der Probe im Kopf eine andere Vision davon hatte. In der Tat sollte man, wenn es „zu bequem“ wird, eine neue Richtung einschlagen. Noch viel wichtiger aber ist es, die Gelegenheit zu genießen, mit ausgezeichneten Musikern arbeiten zu dürfen, egal wo man sich momentan befindet. Ich bin derzeit genau in einer solchen Phase – ich mache Musik und entwickle mich als Künstler weiter. Wie Bernard Haitink, einer meiner hochgeachteten Mentoren, zu sagen pflegte: Die Suche hört niemals auf. Das macht die Schönheit unseres Berufes aus. Denn egal wie gut man ein Werk auch zu kennen glaubt, welches man interpretiert – man entdeckt immer wieder etwas Neues darin“, meinte abschließend Stilian Kirov.

Übersetzung: Rossiza Radulowa

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