Vor mehr als einem Jahrhundert erdreiste sich ein Lehrer aus Widin seine Schule zu verlassen und trotz seiner spärlichen Einkommen, die ihm nicht einmal den Kauf einer Schiffsfahrkarte erlaubten, eine Weltreise zu unternehmen. Die bescheidenen Finanzen konnten seinen Enthusiasmus und Willen nicht brechen und so packte er seine wenigen Sachen und machte sich auf in die Welt hinaus …zu Fuß!
Doch wer ist eigentlich dieser Abenteurer, der nach der Befreiung Bulgariens von der türkischen Fremdherrschaft 1878 es wagte, seinem Traum zu folgen, bleibt vorerst ein Geheimnis. Ratscho Milanow, ein Heimatkundler aus Widin, ist jedoch fest entschlossen, das Geheimnis um diese äußerst interessante Geschichte zu lüften. Alles was er an Informationen darüber herausfindet, will er auf seiner Facebook-Seite „Das alte Widin“ veröffentlichen.
„Bei seiner Recherche über Postkarten, die im Internet versteigert werden, hat er bereits einiges herausfinden können“, berichtet die Journalistin Irena Danailowa, die ebenfalls Feuer für diese ungewöhnliche Geschichte gefangen hat. „Bei der Suche nach Informationen ist Ratscho Milanow auf eine Postkarte aus dem Jahr 1907 gestoßen, in dem der Lehrer sein Ziel bekannt gibt, in 12 Jahren, von 1903 bis 1915, die Welt zu bereisen. Auf einer anderen Postkarte in einer französischen Sammlerseite ist zu lesen, dass seine Reise 1913 zu Ende gehen wird. Diese Postkarten wurden nicht an bestimmten Personen adressiert. Der Lehrer hat sie einfach in Ländern hinterlassen, die er besucht hat. Tatsächlich klingt alles sehr unwahrscheinlich, doch der Lehrer ist vermutlich der erste Bulgare, der eine Weltreise unternommen hat und das ohne Geld.“
Auf einer Photographie aus dem Jahr 1907 ist der Reisende in Gesellschaft von zwei Männern abgebildet. Uns blickt ein hochgewachsener Mann mit langem Bart und hohen Stiefeln entgegen, der sich mit der rechten Hand auf einen langen Stock stützt und mit der linken ein Buch festhält.
Auf der Rückseite gibt er sein Vorhaben in Englisch, Deutsch, Französisch und Italienisch bekannt, die Welt zu bereisen:
„Der einzige Zweck meiner Reise ist, die Sitten und Gebräuche der Völker kennen zu lernen. Da ich ohne Mittel reise, so bin ich auf die Güte des ehrbaren Publikums angewiesen.
Die Karte mit meiner Photographie dient als Andenken meiner Reise.
1903. Beende die Reise in 1915.
H. J. M. NIKOLOFF, Lehrer aus Vidin (Bulgarien),
ist auf der Karte auf Deutsch zu lesen.
Die Information über das Abenteuer des Bulgaren erreicht sogar die Washington Times, die 1908 einen Artikel über ihn geschrieben und ein Foto veröffentlicht hat. Offensichtlich hatte der Lehrer eine solide Ausbildung und war mehrerer Fremdsprachen mächtig. Doch wo hat er studiert und die Sprachen gelernt, was hat er unterrichtet und wer war derjenige, der sein Interesse für die Weltreise geweckt hat?
„Diese Fragen bleiben vorerst unbeantwortet, denn es ist uns nicht gelungen in den Archiven von Widin seinen Namen zu finden. Wir wissen auch nicht, wer seine Verwandten waren“, gibt Irena Danailowa zu. „Seine Postkarten hat er immer mit seinen Initialen und dem Vermerk „Lehrer aus Widin“ versehen. 1903 gab es in Widin und der Region nicht so viele Lehrer, also werden wir früher oder später herausfinden, wer er war“, schlussfolgert die Journalistin.
Widin ist reich an Zeugnissen seiner alten Geschichte. Die Römer bauten auf einer antiken Siedlung ihre Stadt und nannten sie Bononia, was so viel wie „schöne Festung“ heißt. Hier erstreckte sich das Zarenreich von Widin. Im osmanischen Imperium wurde die Stadt zu einem wichtigen administrativen und wirtschaftliche Zentrum. An der Stadt fließt die Donau, die Verbindung zur westlichen Zivilisation. Sicher haben all diese Umstände die Phantasie und die Abenteuerlust des Lehrers befeuert.
„Im Jahr 1900 war Widin das Tor nach Europa. Alle aus Wien kommenden Schiffe, gingen hier auf Anker. In der Stadt lebten gebildete und wohlhabende Leute, die die Grundlagen des neuen Bulgarien legten“, erzählt Irena Danailowa weiter. „Aus Widin stammen nicht nur der erste bulgarische Patriarch Antim I., sondern auch andere in der damaligen Zeit wichtige Persönlichkeiten. Die Stadt wurde von vielen weltbekannten Persönlichkeiten besucht. Einige von ihnen, vor allem Juden, haben sich in Widin niedergelassen. Deshalb ist es gut möglich, dass der Aufschwung des jungen Staates den Lehrer dazu inspirierte, die Weltreise zu unternehmen.“
In 3 Jahren und 9 Monaten hat H.J.M. Nikoloff aus Widin 62.000 km in Europa und Afrika zurückgelegt. Ob er danach seine Weltreise beendet hat und in seine Heimatstadt zurückgekehrt ist, oder seine Erkundungen in weiteren fremden Ländern fortgesetzt hat, bleibt vorerst ein Mysterium. Eines Tages könnten die Archive dieses Geheimnis lüften. Für uns bleibt der Gedanke, dass die Trunkenheit und Euphorie von der wiedergewonnenen Freiheit seiner Heimat H.J.M. Nikoloff Flügel verliehen hat, um zu neuen Horizonten aufzubrechen und fremde Breiten zu erkunden.
Übersetzung: Georgetta Janewa
Fotos: BTA und @OldVidin
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