Ihre flinken Finger huschen rhythmisch über die Touchscreens ihrer Tablets – fast zum Ausgleich dafür, dass sie immer noch recht unsicher auf den Beinen stehen. Die neuen Technologiegenies machen ihre ersten Schritte in der realen und virtuellen Welt zugleich. Ihre glänzenden Fähigkeiten entfalten sie bereits im zartesten Kindesalter und schaffen es so ganz früh in das Eliteteam der Weltveränderer.
Mit 17 hat Antoan Georgiew seine Berufung bereits gefunden. Er entwickelt Computerspiele und hat bereits etliche Auszeichnungen erhalten. Er wurde selbst vom bulgarischen Präsidenten mit dem „John-Atanasoff-Preis“ für sein Debüt in den Computertechnologien geehrt. Sein ganzes Können investiert Antoan Georgiew in letzter Zeit in den sogenannten virtuellen Lehrer, an dem er zusammen mit seinem Freund Aleks Zwetanow tüftelt.
„Wir haben einen 3D-Avatar kreiert und uns dabei mit einem Psychologen beraten, weil wir wollen, dass der virtuelle Lehrer den Schülern von heute sympathisch ist“, erklärt der Zögling des Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Gymnasiums in der nordwestbulgarischen Stadt Montana. „Der virtuelle Assistent kann Auskunft aus den unterschiedlichsten wissenschaftlichen Sphären geben. Man kann ihn beispielsweise durch Sprachkommandos nach der Fläche Bulgariens fragen. Bei seinen Atworten greift er auf eine fertige Datenbank zurück. An dieser Stelle möchte ich ausdrücklich unterstreichen, dass unser virtueller Lehrer auf keinen Fall die Rolle der klassischen Lehrer übernehmen soll. Das ist unmöglich. Unser Ziel ist eher, Möglichkeiten zur Bereicherung der Kenntnisse zu schaffen, die man zu Hause und in der Schule erwirbt.“
Ein Begriff aus einem englischen Dialekt für jemanden, der sich im Halbschlaf auf dem Sofa wälzt und fernsieht, verwendet Antoan für ein weiteres Projekt. „Blumber VR“ fordert vom User, Objekte mit bestimmten Parametern in der virtuellen Welt zu markieren, um die Wirkung eines psychologischen Gesetzes zu bestätigen.
“Das Projekt befasst sich mit dem berühmten Millerschen Gesetz, welches besagt, dass das Auffassungsvermögen des Menschen begrenzt ist. Wenn ich beispielsweise eine Reihenfolge von Farben aufzähle, werden Sie sich eine konkrete Zahl davon einprägen – in der Regel zwischen fünf bis neun. Nachdem ich von diesem Gesetz erfahren habe, wollte ich es in die virtuelle Realität integrieren und die Ergebnisse studieren. Als ich vor einigen Monaten während der Europäischen Messe für junge Nachwuchswissenschaftler in der polnischen Stadt Gdynia mein Projekt präsentiert habe, hatte ich die Gelegenheit, ca. 200 Personen zu testen und konkrete Schlüsse zu ziehen. Das wichtigste Fazit ist, dass die Kapazitäten unseres Arbeitsgedächtnisses in der virtuellen Realität geringer ausfallen als in der realen Welt. Beim Experiment hatten die Testpersonen bereits bei drei Elementen Schwierigkeiten. Nachdem sie aber nur zehn Minuten gespielt haben, konnten sie ihre Ergebnisse zunehmend verbessern“, erzählt Antoan Georgiew.
Bei diesem Projekt stützt sich der junge Forscher auf die Psychologie, die er ebenfalls leidenschaftlich liebt, und vor allem auf das sogenannte Cold Reading, das die Körpersprache eingehend analysiert und von Mentalisten verwendet wird.
„Heutzutage ist es ein großes Plus, sein Gegenüber durchschauen zu können. Die Art, wie sich ein Mensch verhält, seine Manieren und Reaktionen verraten sehr viel über ihn“, sagt Antoan Georgiew. Worte klingen oft unaufrichtig, doch könne man den Menschen mit Hilfe anderer Methoden ergründen. „Leider setzt sich der Trend durch, dass das Lügen zur Regel wird. In diesem Sinne verstehen es Politiker überall auf der Welt, ihre Schwächen zu vertuschen und zu lügen, um Einfluss zu haben.“
Mit Fortschritt der Technologien werden die Menschen immer öfter in die virtuelle Realität mit ihrer vermeintlichen Sicherheit flüchten, meint der Nachwuchsforscher und führt als Beispiel das Schießen von Seflies an gefährlichen Orten an, wodurch jedes Jahr Menschen ums Leben kommen. „Es ist Selbstkontrolle nötig. Diese wird aber nicht nur durch bewusstes Handeln, sondern auch durch Informiertheit erzielt. D.h. man sollte die Menschen offen darüber aufklären, was Risiken die virtuelle Realität birgt“, ergänzt Antoan Georgiew. Er ist sich sicher, dass er eines Tages in der bulgarischen IT-Branche tätig sein wird. Zwischenzeitlich arbeitet er an seinem neuesten Projekt – eine Plattform aus Minispielen für virtuelle Realität, mit der er sich erhofft, möglichst viele Menschen in aller Welt zu erreichen.
Übersetzung: Rossiza Radulowa
Fotos: Privatarchiv
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