Der bulgarische Tourismus wurde vor knapp einem Jahrzehnt lediglich mit der Schwarzmeerküste und den Wintersportzentren Borowetz, Bansko und Pamporowo in Verbindung gebracht. Die kulturhistorischen Sehenswürdigkeiten, der Landtourismus, der medizinische und religiöse Tourismus waren noch Ausnahmeerscheinungen. Inzwischen hat sich Vieles verändert, Bulgarien bietet ein breitgefächertes touristisches Produkt an und es ist nicht übertrieben zu behaupten, dass sich das Land als „die touristische Perle des Balkans“ etabliert hat.
Diese positive Tendenz lässt sich durch konkrete Zahlen belegen. Angaben des Tourismusministeriums zufolge belaufen sich die Einnahmen aus Incoming-Tourismus im Zeitraum Januar bis Juni auf 1,3 Milliarden Euro, um 9,7% mehr im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Vorjahres. Die Branche formiert jetzt schon 13% des BIP und hat noch Potential nach oben.
Dem nationalen Statistikamt zufolge haben in den ersten 8 Monaten des Jahres ca. 7 Millionen ausländische Touristen Bulgarien als Urlaubsziel gewählt, ein Wachstum um 6% im Vergleich zum Vorjahr.
Bulgarien ist eine populäre touristische Destination und hat gute Positionen in einer Region, die touristisch viel zu bieten hat, belegen auch die Angaben einer Erhebung in fünf Quellstaaten für den bulgarischen Tourismus – Deutschland, Großbritannien, Russland, Rumänien und Serbien, die im Juni und Juli von Gallup International gemacht wurde. So haben 57% der Befragten Bürger dieser Staaten auf die Frage, ob Bulgarien eine attraktive touristische Destination darstellt, mit „Ja“ geantwortet. Für 27% war die Antwort ein „nein“. Die übrigen konnten die Frage nicht beantworten. Nach ihren allgemeinen Eindrücken von Bulgarien befragt, antworteten 80% der Besucher positiv, wobei Russen, Rumänen und Engländer am zufriedensten waren.
Bulgarien erwies sich auch für seine Nachbarstaaten als eine attraktive Destination. An erster Stelle beim Incoming-Tourismus für das erste Halbjahr 2018 steht Rumänien, gefolgt von Griechenland und der Türkei.
Bis zur Wende 1989 konnte von einem Touristenaustausch zwischen Bulgarien und Türkei nicht die Rede sein. Gerade die Unkenntnis über das Nachbarland hat zu einem gesteigerten Interesse seitens der Türkei geführt. Die in unserem Nachbarland so populären „Balkantouren“ beginnen oder enden mit einem Besuch in Sofia und Plowdiw. Inzwischen haben zahlreiche türkische Reiseveranstalter Weliko Tarnowo, Warna, Nessebar und Burgas fest im Programm. Jede Route türkischer Reisegruppen nach Rumänien führt obligatorisch auch nach Russe.
„Bulgarien beeindruckt sowohl mit seiner abwechslungsreichen Geschichte und Architektur als auch mit seiner intakten Natur“, bestätigt Burhan Bilen, der als Reiseleiter türkische Reisegruppen durch die Balkanländer begleitet. Sofia hält er für eine schöne Stadt mit viel Grün, ruhigen und freundlichen Menschen. „Die türkischen Touristen sind vom geregelten Verkehr und der Ordnung beeindruckt und davon, dass der Fußgänger geachtet wird im Gegensatz zu Istanbul mit seinem Lärm und Chaos. Sofia ist tatsächlich eine europäische Stadt. Plowdiv verdient es, 2019 europäische Kulturhauptstadt zu sein“, schwärmt Burhan Bilen und erzählt, dass die Gäste aus der Türkei oft zugeben, dass sie sich Bulgarien so nicht vorgestellt haben. „Sie kommen mit wenigen Erwartungen und kehren mit Begeisterung für das Land und unvergesslichen Eindrücken heim.“
Tatsächlich erweist sich der Tourismus als eine Möglichkeit wie mit einem Zauberstab Vorurteile wegzuräumen und die Nachbarn kennenzulernen.
„Wir bereiten uns auf eine gute Wintersaison vor“, sagt Yusuf Koç, Inhaber einer Reiseagentur, die auf die Balkanländer spezialisiert ist. „Im vergangenen Jahr haben ca. 26.000 türkische Touristen Bansko besucht. In diesem Jahr erwarten wir ein noch größeres Interesse“, bestätigt er und erklärt, dass Bansko die Skifahrer und Liebhaber anderer Wintersportarten mit seinen guten Pisten und der Infrastruktur, aber auch mit der Geschichte und den Traditionen anzieht. „Es gibt 400 Hotels hier. Die Stadt ist quirlig und lebendig. Während in anderen populären Wintersportzentren nach 17-18 Uhr die Bürgersteige hochgeklappt werden, gibt es hier viele Unterhaltungsmöglichkeiten wie Bowling, eine beleuchtete Rodelbahn, verschiedene Programme für Kinder. In den zahlreichen Gaststätten können die Gäste regionale Spezialitäten der bulgarischen Küche probieren. Für die Nachtschwärmer gibt es Diskotheken und Bars. Diese Kombination aus Wintersportzentrum und Stadtmilieu, Geschichte und Tradition ist einzigartig für Europa. Das Preis-Leistungsverhältnis, die Nähe zur Türkei und den anderen Balkanstaaten verwandelt Bansko in eine sehr populäre Destination für den Winter“, schwärmt Yusuf Koç.
Bulgarien ist auf dem besten Weg zu einer interessanten und anziehenden touristischen Destination nicht nur für die Nachbarländer und den europäischen Markt, sondern auch für Staaten aus dem fernen Osten und anderen für Bulgarien exotischen Ländern zu werden.
Übersetzung: Georgetta Janewa
Fotos: Sevda Dükkanci, Privatarchiv und BGNES
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