Mit einer Ausstellung, die denkwürdige Momente aus dem Leben und Schaffen von Elias Canetti zeigt, hat die Internationale Gesellschaft, die seinen Namen trägt, im Saal des Staatsarchivs ihr 25. Jubiläum begangen. Sie befasst sich mit der Popularisierung der Werke des Nobelpreisträgers, indem sie Bücher von ihm herausbringt, Literaturfestivals, schöpferische Wettbewerbe und internationale Foren organisiert.
Elias Canetti wurde 1905 ältester Sohn einer wohlhabenden sephardisch-jüdischen Familie in Rustschuk (dem heutigen Russe) geboren. Er lebte dort bis zu seinem sechsten Lebensjahr. Seine künftige Weltanschauung wurde stark von seiner Kindheit geprägt.
1911 zog seine Familie nach Manchester und ein Jahr später, nach dem Tod seines Vaters, nach Wien und Zürich, erzählt Prof. Penka Angelowa, Gründerin der Internationalen Gesellschaft „Elias Canetti“. In Wien brachte Elias Canetti seine ersten Werke heraus und entschied sich für Deutsch als Muttersprache. 1937 sah er sich jedoch gezwungen, wegen dem „Anschluss“ und den Judenverfolgungen Österreich zu verlassen. Während der Kriegshandlungen und lange Zeit danach lebte er in England. Das wirkte sich auf sein Schicksal als Schriftsteller aus, denn es ist schwierig, in Kriegszeiten und in Emigration Bekanntheit zu erlangen, zumal man auch noch in einer anderen Sprache schreibt. Seine Weltkarriere begann in den 1960er Jahren, als der größte deutsche Verlag, der „Hanser Verlag“, seine Bücher herausbrachte. 1981 hat Elias Canetti den Literatur-Nobelpreis erhalten und auf dem Stuhl der Nobelpreisträger den Namen seiner Geburtsstadt Rustschuk verewigt. Es ist allzu verständlich, dass sich Elias Canetti nicht mit einem einzigen Land identifizieren konnte. Es fühlte sich an mehreren Orten daheim und sah neben Wien und Zürich auch Russe als seine geistige Heimat an.
1931 verfasste Elias Canetti seinen einzigen Roman „Die Blendung“, der jedoch erst nach dem Zweiten Weltkrieg in den Fokus der Aufmerksamkeit des Publikums und der Kritiker geriet. Sein philosophisches Werk „Masse und Macht“, das er 1960 zu Ende schrieb, wurde zum wichtigsten seines Schaffens. Darin geht er solchen Fragen nach wie: menschliche Existenz, Wahnsinn, Tod, Macht und Massenbewegungen. Alle Werke von Elias Canetti, egal ob künstlerische Prosa, Theaterstücke oder Essays, führen zu jenem Moment seiner Reife, als er all seine Lebenserfahrungen systematisiert, indem er sich in die Zeit seiner Kindheit in Rustschuk zurückversetzt.
Wenn man seine Autobiographie liest, versteht man, dass Elias Canetti einige der Hauptsymbole von Macht und Masse bereits in seiner Kindheit erkannt hat, meint Prof. Penka Angelowa. Die Grundsteine für den späteren Denker wurden ergo bereits während seiner frühesten Kindheit in Ruschuk gelegt. Seine Kindheitserlebnisse dort bildeten das Fundament, das er durch seine späteren Erfahrungen ausgebaut und bereichert hat.
Elias Canetti leitet seine Memoiren mit der Beschreibung der Stadt ein: Es lebten dort Menschen der verschiedensten Herkunft, an einem Tag konnte man sieben oder acht Sprachen hören. In Rustschuk lernt er Bulgarisch von den Bauernmädchen aus den Nachbardörfern, hört von ihnen Geschichten über Werwölfe, die die zugefrorene Donau überqueren und verkriecht sich mit ihnen angstzitternd in einer Zimmerecke. Dort verfolgt er den Halleyschen Kometen und fürchtet zusammen mit den Massen den nahen Weltuntergang. Der Schriftsteller wurde 89 Jahr alt. Mit 76 wurde er mit dem Literatur-Nobelpreis für sein Gesamtwerk geehrt, das sich durch Weitsicht, Ideenreichtum und künstlerische Wucht auszeichnet.
Elias Canetti ist ein europäischer Bürger, der in Bulgarien geboren wurde – er ist sowohl bulgarischer als auch deutscher und österreichischer Nobelpreisträger, sagte abschließend Prof. Penka Angelowa.
Übersetzung: Rossiza Radulowa
Fotos: Diana Tsankova und Archiv
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