Bulgariens Präsident Rumen Radew weilte am 21. und 22. Mai zu einem Besuch in Russland und setzte damit der zehnjährigen Pause im bilateralen Dialog auf höchster Ebene ein Ende.
Das russische Staatsoberhaupt Wladimir Putin bezeichnete die Visite als ein „gutes Signal für die Erneuerung der russisch-bulgarischen Beziehungen“. Auch Präsident Radew zeigte sich optimistisch, versäumte es aber nicht zu vermerken, dass es „nach drei eingestellten Großprojekten, unter den Bedingungen von Sanktionen und Begrenzungen und nach dem kurzsichtigen politischen Gerede der letzten Jahre schwer ist, über Vertrauen zu sprechen“.
Im Juli 2016 wurde in einem Kommentar von Radio Bulgaren die Frage gestellt, welche „Normalisierung“ der Beziehungen zwischen Sofia und Moskau zu erwarten ist. Damals hieß es skeptisch, dass die „Normalisierung“ der Beziehungen zu Russland nur ein guter Vorsatz sein kann. Jetzt stellt sich die Frage, ob der Zeitpunkt für die Wiederherstellung der Beziehungen gekommen ist.
Präsident Rumen Radew sprach zuerst mit Premierminister Dmitri Medwedew und später mit Wladimir Putin über die seit Jahren immer wieder vertagte 16. Tagung des regierungsübergreifenden Ausschusses für wirtschaftliche und wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit. Es ist sehr wahrscheinlich, dass der Ausschuss im Oktober tagen kann. Die Tagesordnung wird noch festgelegt werden, doch der Wunsch des bulgarischen Präsidenten nach direkten russischen Gaslieferungen, sowie das Aufrollen des Projekts AKW Belene werden als Diskussionspunkte kaum umgangen werden können.
Wie es bekannt wurde, steht ein Treffen zwischen dem bulgarischen Ministerpräsidenten Bojko Borissow und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in Russland bevor. Zur Diskussion sollen die Wiederherstellung des Vertrauens und die vollwertige Zusammenarbeit zwischen beiden Staaten nach der Einstellung der Projekte „AKW Belene“, „South Streem“ und Erdölpipeline „Burgas – Alexandrupolis“ stehen. Informationen aus dem Ministerrat zufolge soll das Treffen noch in diesem Monat stattfinden. Inoffiziellen Quellen behaupten, dass die Vorbereitungen für dieses Treffen seit rund drei Wochen laufen. Die berechtigte Frage, insbesondere in Anbetracht der angespannten Beziehungen zwischen Ministerrat und Präsidentschaft, warum es erst während der Visite von Rumen Radew in Russland bekannt gegeben wurde, bleibt offen, ist aber kaum das Wichtigste.
In einem Telefongespräch mit Präsident Putin zum Fall „Skripal“ schlug Borissow die Einladung, Russland zu besuchen, aus. Bekannt ist auch, dass der bulgarische Premier auch während der Wahlkampagne von Putin im März eine Visite gemieden hat. Beschlossen wurde, den Besuch erst nach dem Gipfel EU-Westbalkan in Sofia am 17. Mai stattfinden zu lassen, der von Bulgarien als EU-Ratsvorsitzender organisiert wurde.
Ein konkretes Datum für das Treffen Putin – Borissow wurde nicht genannt. Diplomatischen Quellen zufolge soll es zwischen dem 30. Mai und dem 1. Juni stattfinden.
Der Moment für die Überwindung eines Teils der Hindernisse vor der gewünschten Normalisierung der Beziehungen scheint günstig zu sein. Das bulgarische Parlament muss über den Vorschlag der Regierung für einen Neustart des Projekts AKW Belene abstimmen. Die Energieministerin Temenuschka Petkowa hat Varianten für die Nutzung der Ausrüstung, das für das Atomkraftwerk produziert wurde, unterbreitet, darunter auch eine Ausschreibung, um einen strategischen Investor zu finden. Am Dienstag gab Rosatom-Chef Alexej Lichatschow bekannt, dass das staatliche Unternehmen auf alle Fälle bereit sei, sich an einer ähnlichen Ausschreibung zu beteiligen.
Die von Präsident Radew in Russland unterbreitete Idee für direkte russische Gaslieferungen für Bulgarien ist der Idee des Kabinetts Borissow für den Bau des Gas-Hubs „Balkan“ auf bulgarischem Territorium nicht unähnlich. Die Europäische Kommission hat dafür im vergangenen Jahr die Finanzierung für die Forschungsarbeiten gebilligt und in diesem Jahr wurde der Vertrag über ihre Vergabe unterzeichnet.
Russland hat bisher vermieden, über einen Neustart des Projekts „South Streem“ durch Bulgarien wegen der fehlenden Garantien seitens der EU zu sprechen. Auch nach dem Treffen Putin – Radew kommentierte der russische Energieminister Alexander Nowak, dass Russland die Zusammenarbeit im Prinzip nicht ablehne und für jegliche Varianten bereit sei, wenn es Garantien für die Käufer von Gas gibt und die europäischen Richtlinien eingehalten werden.
Im Kontext der geäußerten Wünsche von Bulgarien und der zaghaften russischen Zusage, darauf positiv zu antworten, wird immer deutlicher, dass es eine konkrete Entwicklung nur dann geben wird, wenn von Brüssel grünes Licht gegeben wird.
Übersetzung: Georgetta Janewa
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