Am 13. Mai kam für die Bulgaren der sogenannte „Tag der Steuerfreiheit“. Bis zu diesem Tag haben sie theoretisch nur für den Staat und die Gemeinden gearbeitet und alle nötigen Steuern, Gebühren und Versicherungen abgezahlt; von da an arbeiten sie für ihre eigene Tasche. Diese Berechnung stellt das Institut für Marktwirtschaft an, das darauf hinweist, dass die Bulgaren in diesem Jahr für den Staatshaushalt 132 Tage arbeiten mussten.
Die direkten und indirekten Abgaben an den Staat sind in Bulgarien europaweit mit die niedrigsten. So z.B. werden die Einkommen mit einer Einheitssteuer von 10 Prozent belegt. Diese Steuer gilt auch für die Firmengewinne. Eine solche Regelung hat natürlich auch ihre Gegner, die meinen, dass die höheren Einkommen auch höher besteuert werden müssen. Die staatliche Leitung schafft es jedoch, diese Steuer so niedrig wie möglich zu halten.
Die indirekten Steuern, wie die Mehrwertsteuer, gehören ebenfalls nicht zu den höchsten in Europa. Die Mehrwertsteuer beträgt für alle Arten Handel 20 Prozent. Es gibt keine Waren und Dienstleistungen, die bestimmte Präferenzen genießen. Diese Vereinheitlichung kommt natürlich vor allem der Steuerverwaltung zugute, weil sie keinen weiteren Aufwand betreiben muss. Bislang blieben die Bemühungen linker Aktivisten und sozialorientierter Experten erfolglos, die meinten, dass die Mehrwertsteuer differenziert werden und sie beispielsweise bei Medikamenten, Büchern, Zeitungen, Brot und etlichen anderen Artikeln niedriger liegen müsse.
Die gemäßigten Steuern in Bulgarien gestatten eine verhältnismäßig bescheidene Einmischung des Staates bei der Verteilung des Bruttoinlandsprodukts. Momentan greift der Staat auf 37 Prozent dieses Produkts zurück und überlässt den großen Rest den Unternehmen, die diese Mittel ganz nach Belieben auf eigene Verantwortung verwenden können. Und diese Mittel sind keineswegs gering. Das Institut für Marktwirtschaft belegt, dass jeden Tag in Bulgarien 145 Millionen Euro erarbeitet werden. Diese Distanzierung des Staates von den Einkommen der Unternehmen und Bürger ist jedoch ein zweischneidiges Schwert. Die gute Seite ist, dass den Steuerzahlern nicht alle Einkommen eingezogen werden. Doch diese schwache Einmischung des Staates kann nicht zureichend den Staatshaushalt füllen, um die staatlichen Ausgaben zu finanzieren und das ist die Kehrseite der Medaille. Alle beklagen sich, dass es in wichtigen öffentlichen Bereichen an den nötigen Finanzen fehlt, so in der Gesundheitsfürsorge, der Bildung, der Sozialfürsorge, der Rentenversorgung, der Verteidigung und Sicherheit usw. Das kann sich auch kaum ändern, ohne Anhebung der Steuern und des für den Staat bestimmten Anteils. Das jedoch würde zwangsläufig die Einkommen der Unternehmen und Bürger senken. Ein Teufelskreis, aus dem man sich kein Ausgang anbahnt. Zugegeben, es wird auch nicht sonderlich aktiv und beharrlich danach gesucht, mit Ausnahme natürlich der linken Opposition. An dieser Stelle muss daran erinnert werden, dass die Idee zur Einführung der Einheitssteuer von 10 Prozent gerade der Linken, namentlich der Bulgarischen Sozialistischen Partei zu verdanken ist. Heute ist sie gegenteiliger Ansicht, kann aber in ihrer derzeitigen Position als Opposition nichts daran ändern.
Eine jüngst von der Meinungsforschungsagentur „Trend“ durchgeführte Umfrage bestätigt, dass sich die Bulgaren eine ernste Rolle des Staates in ihrem Leben wünschen, aber nicht zu einer Anhebung der Steuern bereit sind. 60 Prozent äußerten sogar die Ansicht, dass der Staat die Steuern senken müsse, auch wenn hinterher weniger Geld für Sozialhilfe und soziale Dienstleistungen zur Verfügung stehen würde. Lediglich 25 Prozent sprachen sich für eine Anhebung der Steuern aus, damit mehr Geld in den sozialen Bereich fließen könne. 37 Prozent der Befragten stuften die staatliche Einmischung als schädlich ein; 44 Prozent sehen in ihr eine Hilfe.
Die hauptlegende Priorität der Regierung ist und bleibt der Erhalt der Finanzstabilität, so dass abrupte Bewegungen auf diesem Gebiet nicht zu erwarten sind. Der Status quo bleibt gewahrt und wird von den meisten Bulgaren als eine Art Gegebenheit aufgefasst, die nunmehr für dieses Jahr von Steuern befreit sind...
Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
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