Die Kirche des heiligen Georg in Adrianopel (Türkisch: Edirne) wurde im Jahre 1880 nach der Einwilligung von Sultan Hamid II. errichtet. Es ist eine dreischiffige Basilika mit hohem Gewölbe. Die Architektur orientiert sich an den späten Formen der bulgarischen Wiedergeburt. Bis 1940 waren die Priester der Kirche bulgarische Staatsbürger; danach zelebrierten die Gottesdienste bulgarische Geistliche, die in Istanbul lebten, wo sich die berühmte „Eiserne Kirche“ des heiligen Stefan befindet.
Im Jahre 1951 schloss die Georgskirche ihre Tore für Besucher und das Gebäude begann langsam zu verfallen. Philipp Tschakarow, dessen Familie zu den in Adrianopel ansässigen Bulgaren gehört, kümmerte sich darum, dass das Gebäude nicht völlig verwahrlost, bis schließlich im Jahre 2001 Restaurierungsarbeiten eingeleitet wurden. Diese wurden vom türkischen Staat genehmigt, so dass das Gotteshaus in wenigen Jahren in neuem Glanz erstrahlen konnte. Die Wiedereinweihung erfolgte am 9. Mai 2004. Zusammen mit der größeren Metropolitenkirche der heiligen Konstantin und Helena gehört die Georgskirche seitdem wieder zu den Symbolen des bulgarischen Geistes in Adrianopel und wird nun nicht einzig von Gläubigen besucht – sie zählt zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt im europäischen Teil der Türkei. Unter dem Dach der Kirche konnte auch eine kleine Exposition mit ethnographischem Material eingerichtet werden, die vom Leben der bulgarischen Gemeinschaft in Südostthrakien erzählt.
„Heutzutage kommen viele Besucher aus Bulgarien nach Adrianopel – sei es Bulgaren oder Türken. Alle Gäste der Stadt, die es auf diesen Platz verschlägt, versäumen es nicht, auch unser Gotteshaus zu besichtigen“, erzählt Alexander Çıkırık, Priester der Kirche des heiligen Georg in Adrianopel. Sein Sohn Georgi lernt derzeit an der Priesterschule in der südbulgarischen Stadt Plowdiw. Alexander Çıkırık hofft, dass er eines Tages das Amt des Vaters in der Georgskirche übernimmt und damit die Familientraditionen fortsetzt.
Heute begeht die Kirche das Fest ihres Namenspatrons, denn an diesem Sonntag wird der heilige Georg geehrt.
„Jedes Jahr kommen am 6. Mai viele Leute aus Bulgarien, Griechenland und der Türkei. Dank der guten Beziehungen zwischen den beiden Nachbarländern Bulgarien und Türkei, nimmt der Besucherstrom zu. Wie es in Bulgarien üblich ist, begehen auch wir den Georgstag mit viel Volksmusik; es ist ein wahres Volksfest, das auf dem Platz vor der Kirche stattfindet. Wir begehen es gemeinsam mit unseren Freunden, den hiesigen Türken und den vielen Gästen aus dem Ausland. Moslems und Christen feiern hier ihre Feste gemeinsam. Auch beten wir gemeinsam für Frieden, Liebe und Verständigung. Wir achten gegenseitig die Religion des Anderen, zumal wir in unseren Gebeten an Gott die gleichen Dinge erbitten: Gesundheit, Glück, Achtung, Frieden und Liebe. Jede Religion will das. Es ist meiner Meinung nach wichtig, gemeinsam zu arbeiten. Jeder möge seine Gebete in seiner Sprache sprechen – in Gottes Ohren klingen sie gleich.“
Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
Fotos: Privatarchiv
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