Während sich die Gewalt mit Worten und Fäusten einen Weg durch unseren Alltag bahnt, hat sich eine Stiftung der Aufgabe angenommen, die Verletzbarsten unter uns – die Kinder, mit ihren Rechten vertraut zu machen, damit sie nicht zu stummen Opfern der Ungerechtigkeit und des Missbrauchs werden, und falls es notwendig werden sollte, sich zu verteidigen wissen und Vergeltung fordern können.
„Die Kinder müssen sich frei fühlen und eine eigene Meinung haben. Ihre Pflicht besteht darin, die anderen und sich selbst zu achten. Ich will keine anderen Rechte haben; ich denke, dass es mir auch so gut geht“, sagte uns Trifon, ein 9jähriger Junge, der sich am Atelier der Stiftung „Die Kunst und das Kind“ beteiligt, die sich den Rechten der Kinder verschrieben hat. Im Rahmen des Projekts „Europa in Sofia mit den jungen Bulgaren – zeichne mir die Rechte“ hat sich diese Nichtregierungsorganisation zum Ziel gesetzt, mittels der Sprache der Kunst die Kinderrechtskonvention umzusetzen. Während die Kinder ihre Vorstellungen von einer gerechten Welt der Gleichgestelltheit malen, lernen sie auch, mittels ihrer Pflichten dazu beizutragen.
„Erstens: hinterher aufräumen und saubermachen, zweitens: die Rechte der anderen Kinder achten und drittens: wissen, dass alle Rechte haben, die eingehalten werden müssen“, sagt die 9jährige Maria.
„Die UNO-Konvention über die Rechte des Kindes wurde in Bulgarien 1991 ratifiziert, ist aber bis heute eines der am wenigsten popularisierten und erörterten Gesetze geblieben“, meint resigniert Borjana Sanowa, Vorsitzende der Stiftung „Die Kunst und das Kind“. Da es zu den Pflichten der Erwachsenen gehört, die Kinder über ihre Rechte in Kenntnis zu setzen, werden sie bei ihrer Beschäftigung im Atelier mittels Märchen und Rollenspielen an diesen Problemkreis herangeführt.
„Sobald sich ein Kind seiner Rechte bewusst wird, beginnt es, sich gegenüber den Rechten der Anderen tolerant zu verhalten und seinen Pflichten besser nachzukommen“, erklärt weiter Borjana Sanowa. „Die Kinderrechtskonvention beinhaltet 40 Grundrechte. An erster Stelle steht, dass alle Kinder auf der Welt gleich sind, unabhängig ihres Geschlechts, ihres Alters, ihrer Hautfarbe und ihrer Religion. Ferner müssen alle Kinder in einer gefahrlosen Umwelt aufwachsen; sie muss Schönheit, Gemütlichkeit und Liebe ausstrahlen und vor allem ökologisch sauber sein. Alle Kinder haben auch ein Recht darauf, vor physischem, emotionalem und sexuellem Missbrauch bewahrt zu werden. Das alles sind Grundrechte, die wir den Kinder anhand von verschiedenen Situationen klar machen.“
Eines der wichtigsten Dinge, die die Kinder lernen, ist, wo sie Hilfe finden können, wenn ihre Rechte verletzt werden, damit sie den Schmerz und die Angst nicht in sich verbergen müssen.
„An erster Stelle muss die Familie genannt werden, da die Kinder, vor allem die kleineren, nur schwer an die Institutionen herankommen“, erklärt Borjana Sanowa. „Die Kinder dürfen sich nicht schämen, sich mit den Eltern offen zu unterhalten. Wenn jedoch in ihrer Familie ihre Rechte verletzt werden, müssen sie Hilfe bei einem älteren Menschen suchen, sei es ein Freund oder Lehrer. Für ein Kind ist es nicht einfach, sich an den Notruf 112 zu wenden und sich verständlich zu machen. Leider schenken nicht alle Familien ihren Kindern die nötige Achtung. Auch ist häufig das Umfeld in dem sie leben und lernen nicht das Beste. Es tritt häufig der Fall ein, dass das Recht der Kinder auf einen absolut gefahrlosen Aufenthalt in der Schule verletzt ist. Mit diesem Projekt setzen wir den Anfang, dass überhaupt in der Öffentlichkeit über die Kinderrechte gesprochen wird. Es muss übrigens viel darüber geredet werden, denn es gibt viele Probleme.“
Wenn Kinder über ihre Rechte malen, bringen sie das Problem, das sie bedrängt, zum Ausdruck, nicht aber dessen Lösung. Anstatt ein gemütliches Zuhause zu malen, stellen sie beispielsweise ihre Eltern dar, wie sie in ihren Telefonen vertieft sind, oder den Bruder, wie er mit einem Schraubenzieher in der Hand am alten Fernseher bastelt. Die Kinderzeichnungen sollen anlässlich des Weltkindertages am 1. Juni in ein Buch Eingang finden, in dem die Kinderrechtskonvention erläutert wird. Der am besten gezeichnete Kinderheld soll künftig zum Symbol der Kinderrechte werden.
Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
Fotos: Diana Zankowa
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