Sendung auf Deutsch
Textgröße
Bulgarischer Nationaler Rundfunk © 2024 Alle Rechte vorbehalten

Die traditionelle Kleidung der Bulgarin und der Einfluss der europäischen Mode

БНР Новини

Die bulgarischen Frauen sind für ihren Fleiß, ihre Fertigkeiten und Sinn für das Schöne bekannt. Das ist insbesondere in den bulgarischen Frauentrachten sehr gut sichtbar. Die Bulgarin hat die Stoffe einst selbst gewebt, ihre Kleidung genäht und mit Stickereien versehen. Altertümliche Motive wurden von Generation zu Generation weitergegeben. An der Tracht war erkennbar, aus welchem ethnografischen Gebiet die Frau stammte und welcher Familie sie angehörte. Anhand der Kleidung konnte man einst zahlreiche Informationen über die Trägerin erhalten.

Bis zur Befreiung Bulgariens von der türkischen Fremdherrschaft 1878 trugen die Frauen auf den Dörfern Trachten. Die Kleidung der Frau bestand aus einem Leinenhemd und einem Oberkleid, das vorn offen war. Es nannte sich Saja“, erzählt die Ethologin Eli Guzewa. „Das Hemd war reich mit Stickereien verziert. Zum Kostüm gehörten Strümpfe, eine Schürze, eine Bauchbinde aus Stoff, Ledergürtel und Schmuck in Abhängigkeit davon, welcher sozialen Schicht die Frau angehörte, ob sie verheiratet war oder nicht. Das Kopftuch war ein fester Bestandteil der verheirateten Frau.

Pailletten, Glasperlen, Spitze gehörten erst später zur Kleidermode der Bulgarin. Die komplizierten Stickereien und reiche Ornamentik sind ab Ende des 19. Jahrhunderts nicht mehr in der Kleidung anzutreffen.

Ganz anders sah die Kleidung der Frauen in der Stadt aus. Noch vor der Befreiung Bulgariens 1878 waren die Einflüsse fremdländischer Mode sichtbar – der südliche Teil Bulgariens war von Istanbul beeinflusst und der nördliche Teil und Sofia von Wien. Die neuen Elemente veränderten die Struktur der Kleidung der Frauen. Die wohlhabenderen Bulgarinnen, deren Familien sich leisten konnten, nach Wien, Paris und anderen europäischen Städten zu reisen, wollten unbedingt so aussehen wie ihre Zeitgenossinnen in Westeuropa. Es war eine Frage der Prestige in den reichen Familien, sich nach europäischem Vorbild zu kleiden.

Verkürztes Hemd, das nicht mehr unter dem Rock zu sehen ist und als Unterhemd benutzt wird.

Auf dem Lande erfolgte die Veränderung sehr langsam und betraf in erster Linie die Verzierung der Kleidung.

Die Stickereien mit ihrer Symbolik, die sehr arbeitsaufwendig waren, entfielen mit der Zeit“, berichtet Eli Guzowa. „Sie wurden durch Spitze ersetzt, die am Kleidersaum und an den Ärmeln angenäht wurde. Das Hemd wurde kürzer und spielte die Rolle eines Unterkleids. Das Oberkleid wurde auch vereinfacht. Auf dem Lande existierte der symbolträchtige Schmuck weiterhin, doch er wurde nicht mehr aus edlen Metallen gefertigt.“

Das rituelle Umbinden eines Kopftuchs zum Lazarustag

Teilung des Oberkleids in Rock und WesteWas allmählich auch verschwand, war für das Kopftuch, das für den Betrachter ein eindeutiges Zeichen war, dass die Frau verheiratet ist.

Das Umbinden eines Kopftuchs gehörte lange zum Brauchtum bei bestimmten Festen wie Palmsonntag oder die Hochzeit“, unterstreicht die Ethologin. „In der Stadt wurden Hüte in den verschiedenen Größen und Farben große Mode.“

Was die Farbe der Kleidung anbelangt, orientierte sich die Bulgarin an den Farben in der Natur. Das Färben der Stoffe war auch ein wesentlicher Bestandteil des Lebens der Frauen. Früher wurden ausschließlich Naturfarben benutzt. Charakteristisch war das Färben der Kleider in roter Farbe, die man früher aus der Kermeslaus gewann. Ende des 19. Jahrhunderts entstanden spezialisiert Handwerke, die sich mit der Kleidung befassten. Immer öfter wurden fertige Stoffe benutzt. Handgewebte Stoffe wurden immer seltener und waren meistens nur in den Dörfern anzutreffen.

All das hat natürlich mit der Industrialisierung und der größeren Engagiertheit der Frauen zu tun, insbesondere in der Stadt. Sie hatten nicht mehr die Zeit, die Stoffe für ihre Kleider selbst zu weben. Schritt für Schritt änderte sich die traditionelle Kleidung der Bulgarin und so wichen die traditionellen Trachten der modernen europäischen Kleidung.

Übersetzung: Georgetta Janewa

Fotos: Dessislawa Semkowska



Последвайте ни и в Google News Showcase, за да научите най-важното от деня!

mehr aus dieser Rubrik…

Foto: Facebook /Apolonia Arts Festival

„Apollonia“ feiert 40-jähriges Bestehen

Nur wenige Jahre vor   dem Fall der Berliner Mauer und dem damit einhergehenden euphorischen Gefühl von Freiheit traten auf den Bühnen des Kunstfestivals „Apollonia“ in Sosopol zum ersten Mal Musiker, Künstler, Schriftsteller und..

veröffentlicht am 28.08.24 um 10:20

Hommage an den emblematischen bulgarischen Opernbass Boris Christow

Eine Fotoausstellung, die der Persönlichkeit des großen bulgarischen Opernbasses von Weltrang Boris Christow gewidmet ist. Die Ausstellung wird von der Abteilung für Kultur, Archäologie und kulturelles Erbe der Stadtverwaltung von Plowdiw..

veröffentlicht am 25.08.24 um 09:25

Aufnahme der Bischofsbasilika von Philippopolis in UNESCO-Liste wird angestrebt

Die Bischofsbasilika von Philippopolis (dem heutigen Plowdiw) ist ein anschauliches Beispiel dafür, wie die Entwicklung des bulgarischen Kulturtourismus gefördert werden kann. Das sagte der Minister für Tourismus Ewtim Miloschew bei einem Treffen..

veröffentlicht am 22.08.24 um 10:32