Mit 30 fand Ivan Donev zu sich selbst und die Welt dankte ihm dafür - Anfang Februar erhielt er in Chicago den Mode-„Oscar“ und wurde damit zum besten internationalen Modedesigner gekürt. Anderthalb Monate später konnte er sich die „Goldene Nadel“ ans Revers heften, denn er wurde als bester bulgarischer Modemacher ausgezeichnet. Heute Abend wird mit seiner Gala-Revue die „SofiaFashionWeek 2018“ beendet werden.
Obwohl er mitten im schöpferischen Chaos der Schneiderwerkstatt seiner Mutter aufwuchs, träumte er als Junge, Bühnenbildner zu werden. Doch das Schicksal hatte etwas anderes mit ihm vor und arrangierte ein Treffen mit einer alten französischen Dame, die mit ihrem Finger auf die Ewige Stadt zeigte.
„Ich war Choreograph einer Revue in Paris und vor dem Ereignis fand ich ein zerrissenes Kleid“, erinnert sich an jenen schicksalhaften Tag Ivan Donev. „Ich muss zugeben, dass ich mir immer vor jeder Revue heimlich die Kleider betrachtet habe. Und da sah ich nun das zerrissene Kleid, fand Nadel und Faden und begann zu nähen. Auf einmal erschien diese Dame, schaute mich mit strengem Blick an und fragte, ob ich ein Schneider sei. Ich sagte ihr, dass ich Choreograph bin, in der Schule jedoch wie alle Kinder Nähen gelernt hätte. Die ganze Woche über beobachtete sie mich aufmerksam und gab mir am letzten Tag ihre Visitenkarte, auf die sie geschrieben hatte: „Unter deinen Händen entsteht Kunst und diese Kunst darf nicht die Mode der Anderen sein, sondern deine Mode, die du der Welt zeigen musst“.“
Die französische Dame riet ihm auch, die weltweit beste Modeakademie zu besuchen, nämlich die „L'Accademia Koefia“ in Rom, in der er sich zu einem wahren Designer ausbilden lassen soll. „Das ließ ich mir nicht zweimal sagen“, gesteht Ivan Donev.
„Koefia ist der Ort, an dem man vor allem lernt, ein guter Stilist und ein guter Schneider zu sein“, setzt er fort. „Vor allem wird man jedoch zu einem Designer erzogen und nicht zu jemanden, der Mode zeichnet und denkt, dass er kreativ ist. In der Akademie wimmelt es an Professoren, von denen man die Geschichte förmlich aufsaugen kann, denn sie selbst sind ein Teil dieser Geschichte.“
In Rom wurde Ivan Donev mit vielen Problemen konfrontiert, die ihn zur Verzweiflung brachten. Es fehlte ihm vor allem an Geld und er musste sogar hungern. Doch in dem Augenblick, an dem er alles hinschmeißen und nach Hause zurückkehren wollte, gewann er beim Lotto die nötige Summe, um die Akademie beenden zu können. Es lohnte sich, denn der Ruhm ereilte ihn bereits mit seiner Diplomarbeit im Jahre 2012. Er debütierte in „Alta Moda“ in Rom und erhielt den Preis „WorldofFashion“, was eine hohe Anerkennung ist. Es folgten Teilnahmen an allen Modewochen in der Welt, Hunderte Revuen und erneut Preise.
„Mein Markenzeichen ist der nackte Rücken“, erzählt der Designer über seine Arbeiten. „Ich finde den Rücken als einen der schönsten und anziehendsten Teile des weiblichen Körpers, den ich in meinen Modellen auf eine sehr zurückhaltende Art und Weise betone. Vor einiger Zeit war in Italien ein Artikel über meine Arbeiten unter der Überschrift erschienen: „Der Designer, der die Damen elegant entkleidet“. Die Damen sind in meinen Modellen in Wirklichkeit „bekleidet“; gleichzeitig strahlen sie jedoch Sexappeal aus und wirken keineswegs vulgär.“
Der Designer kreiert jährlich nur eine Kollektion. Er nimmt sich die Zeit für jedes Detail – vom Reißverschluss bis zum Knopf. Seine jüngste Kollektion, die er „Brücke zwischen den Kulturen“ genannt hat, ist in Schwarz-Weiß – inspiriert vom Museum für islamische Kunst in Doha, der Hauptstadt von Katar. Diese Kollektion trage voll und ganz seine Handschrift, meint er und wirft mutig auf, dass er nunmehr nicht den Trends folge, sondern selbst welche setze. Seine nächste Kollektion, ganz in Weiß, werde es beweisen.
„Landläufig meint man, dass die Mode der Spiegel der gesamten Gesellschaft ist“, sagt weiter Ivan Donev. „Und tatsächlich muss man als Designer einen Spürsinn wie Nostradamus besitzen, denn man kreiert einen Artikel für das darauffolgende Jahr und muss „wissen“, was dann gefragt sein wird. Man muss daher stets unter den Menschen sein, um ihre Bedürfnisse und Erwartungen zu erforschen. Ich meinerseits bin glücklich, dass ich bereits ein Jahr vorausdenken kann, obwohl ich erst seit fünf Jahren als Designer tätig bin.“
In ein Land zu gehen, in dem die Mode feste Tradition ist, und Erfolg zu haben, verrät, dass es nicht nur bloße Anerkennung ist. Aus diesem Grund schlüpft Ivan Donev immer häufiger in die Rolle des Lehrers, um den jüngeren Generationen Mut zu machen, die dabei sind, ihren eigenen Weg zu finden.Fotos: Privatarchiv
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