Ein bemerkenswertes Bild mit einem geheimnisvollen Schicksal wurde der breiten Öffentlichkeit vorgestellt, nachdem es rund ein Jahrhundert lang ein Schlummerdasein fristete. Das Werk stellt eines der beliebtesten Themen der christlich-religiösen Malerei dar – das Letzte Abendmahl, während dem Christus von seinen Jüngern Abschied nahm. Dieses Bild stammt jedoch nicht aus der Hand eines bekannten westeuropäischen Malers, sondern des in Bulgarien tätigen Malers tschechischer Abstammung Jan Mrkvička, der von 1856 bis 1938 lebte.
Über die Entstehungsgeschichte des "Letzten Abendmahls" von Mrkvička ist nichts bekannt; auch sein Schicksal in den Jahrzehnten nach seiner Entstehung ist in Dunkelheit gehüllt. Vor 30 Jahren erwarb es Dimitar Indschow – Galerist in der südbulgarischen Stadt Plowdiw. Das Bild befand sich in einem schlechten Zustand und war bis zur Unkenntlichkeit verschmutzt, so dass es mehrere Male restauriert werden musste. Der Sammler seinerseits verrät nicht die Umstände des Kaufs und trägt damit zusätzlich zum Mysterium des Bildes bei. Derzeit ist es in einer Sammelausstellung mit anderen Werken der bulgarischen Malerei aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu sehen, die sich in Privatsammlungen befinden.
In seinem Bild, mit dessen Thema sich bereits viele Künstlergenerationen auseinandergesetzt haben, scheint Mrkvička mehr Fragen zu stellen, anstatt sich wie die meisten seiner Kollegen auf die Szene zu konzentrieren, in der Christus zu seinen Jüngern sagt: „Einer von euch wird mich verraten“. Schon auf den ersten Blick wird der Betrachter verunsichert: Wer sitzt an der linken Seite des Erlösers, dem er eine besondere Aufmerksamkeit widmet? Ist es Johannes, der als jüngster unter den Jüngern meist mit zarten Gesichtszügen dargestellt wird, oder ist es die von Jesus bekehrte ehemalige Sünderin und von da an ständige Begleiterin Maria Magdalena?
„Das kann ich nicht mit Sicherheit sagen, denn das erfordert eine tiefgründige Untersuchung. Die Wahrscheinlichkeit, dass es nicht Johannes, sondern Maria Magdalena ist, erscheint sehr groß“, erzählte uns Dimitar Indschow. „In den letzten Jahren wird dieses Thema nach Erscheinen der Thriller von Dan Brown und der Überlieferungen der Bruderschaft vom Berg Zion, dass Maria Magdalena und Jesus Christus Nachkommen gezeugt hätten, breit diskutiert. Auf dem Bild von Mrkvička reicht Christus der Person zu seiner Linken (sei es nun Magdalena oder Johannes) ein Stück Brot. Die anderen Jünger, die dieser Handlung beiwohnen, zeigen sich davon stark bewegt – einige sind nachdenklich, andere bestürzt oder sogar aufgebracht. In ihren Gesichtern spiegeln sich eine Reihe von Fragen wider: ist das eine Geste der Ernährung und warum gerade sie (oder er)?“
Während die meisten Künstler für die Szene des „Letzten Abendmahls“ ein Querformat wählen, in dem die Figuren bequem positioniert werden können, hat Mrkvička auf ein Hochformat zurückgegriffen. Die Komposition wird zwangsläufig „pyramidal“ und die Figuren sind dicht zusammengedrängt. Sie sitzen damit nicht statisch im Raum, sondern sind recht dynamisch, was ihren individuellen psychologischen Ausdruck verstärkt. Mimik und Gestik verwandeln sich in ein Labyrinth auf engem Raum.
„In den meisten Darstellungen des Letzten Abendmahls wird betont, dass Christus über den materiellen Dingen steht. Auf dem Tisch stehen neben einem einfachen Kelch einige leere Teller und einige wenige Lebensmittel, wie ein Brot“, erzählt weiter der Sammer, der darauf hinweist, dass im Bild von Mrkvička der Kelch einem reich verzierten Prunkpokal gleicht, während Christus in wahrhaft königlicher Kleidung dargestellt ist – Ausschnitt und Ärmelenden sind mit Goldstickerei, Halbedelsteinen und Perlen besetzt. Damit fasst Mrkvička die Bezeichnung für Christus als „König der Juden“ wörtlich auf. Dafür hat wie beim berühmten Abendmahl von Leonardo da Vinci keiner der Jünger einen Heiligenschein. Der Nimbus von Christus ist seinerseits prunkvoll und kann als Teil des Hintergrunds aufgefasst werden, der eine mit einem geometrischen Mosaik geschmückte Wand darstellt. Die Ornamente selbst, die teilweise hinter zu beiden Seiten leicht zurückgezogenen Vorhängen verborgen sind, lassen nur schwer eine Deutung zu. Und noch eine Besonderheit:
„Für gewöhnlich befindet sich in einer solchen Szene Judas Iskariot am Rande, wird im Schatten gezeigt, oder sein Kopf liegt am niedrigsten, wie das beispielsweise im Abendmahl von Leonardo der Fall ist“, sagt Dimitar Indschow. „Bei Mrkvička steht er jedoch unmittelbar hinter Johannes (oder Maria Magdalena) und wird frontal gezeigt. Nur Christus und ein weiterer Apostel links im Bild sind auf diese Weise dargestellt. Judas hält zum Zeichen seines schlechten Gewissens das Haupt leicht gebeugt. Man kann ihn unschwer am Geldbeutel in seinen Händen identifizieren – eine Andeutung für die 30 Silberstücke, die er für seinen Verrat erhält.“
Es ist nicht genau geklärt, wann Jan Mrkvička sein Abendmahl gemalt hat. Die Jahresangabe auf dem Bild ist nicht mehr eindeutig lesbar. Der Sammler Dimitar Indschow geht davon aus, dass es Mrkvička noch in seiner Heimat Tschechien gemalt hat, bevor er 1881 nach Bulgarien übersiedelte. Warum der Maler gerade dieses Bild mitgenommen hat, wird wohl ein Rätsel bleiben, genauso wie die Tatsache, warum er es nicht ausgestellt hat – vielleicht um sich Ärger mit der Kirche zu ersparen?
Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
Fotos: Diana Zankowa
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