Das Theater "Replik" sammelt authentische Geschichten über Gewalt an Schulen, um vor den Zuschauern das Problem von allen Seiten zu beleuchten. Es geht dabei nicht darum, jemanden anzuklagen und zu verurteilen, sondern um viel mehr. Indem das Wort Schülern, Lehrern und Eltern erteilt wird, kommt es zum Schluss unweigerlich dazu, dass die Gewalttäter oder die Leidtragenden um Gnade bitten und die Frage stellen, wer ihnen helfen wird?
"Böse Kinder" ist ein dokumentarisches Bühnenstück, das von der Truppe des sozial engagierten Theaters "Replik" mit authentischen Stimmen geschaffen wurde. Die Vorlage bilden Texte der rumänischen Autorin Michaela Michailov, die die Gewalt an den Schulen als Krankheit unserer Gesellschaft darstellt.
„Es gibt viele erschütternde Geschichten, doch das beeindruckende für mich ist das Bindeglied zwischen ihnen“, sagt der Regisseur Blagoj Bojtschew nachdenklich. „Es hat sich erwiesen, dass es in den meisten Fällen von Aggression gar keine Schuldigen gibt. Sowohl Lehrer als auch Schüler geraten manchmal in Situationen, in denen Gewalt die einzige Möglichkeit ist zu reagieren.“
Durch Aggression wollen sich Kinder entweder schützen oder gehört werden und deshalb gebe es keine bösen Kinder, behauptet der Regisseur. Kinder brauchen Liebe und Aufmerksamkeit, doch oft bekommen sie sie nicht und dann ahmen sie das Verhalten der Erwachsenen nach.
„Es fehlt an positiven Beispielen. Wenn Kinder Gewalt anwenden, kopieren sie die Aggression, die sie in ihrem Umfeld erleben. Die Kinder beobachten ständig, wie ihre Eltern in irgend einer Form Opfer von Aggression werden und um zu überleben selbst aggressiv sind, weil das die Möglichkeit ist, in Bulgarien zu überleben. Bei uns prosperieren die Starken und Aggressiven, diejenigen mit nicht ganz sauberen Westen, die mit teuren Geländewagen protzen. Sogar im Fernsehen wird suggeriert, das auch die Politiker nur dann erfolgreich sind, wenn sie aggressiv sind. Dass ist das alltägliche Bild, das den Kindern vor Augen geführt wird. Sie wollen einfach überleben und sich über wasser halten“, schlussfolgert Bojtschew.
Auch wenn das paradox klingt, sind alle Opfer von Gewalt.
„In der Vorstellung selbst wird nicht gezeigt, wer der Schuldige ist. Nachdem die persönliche Geschichte vorgestellt wird, sind die Zuschauer weniger geneigt, zu urteilen. Ich persönlich kann niemanden eine konkrete Schuld zuweisen. Wir alle sind schuldig. Das, was wir als Theatertruppe machen können ist, die Aufmerksamkeit auf das Problem zu lenken“, sagt Blagoj Bojtschew.
Jeder sollte Verantwortung gegenüber der Gesellschaft tragen, empfiehlt der Regisseur. Denn es sei zu leicht, zum Beispiel den Lehrern die Schuld für dieses Verhalten zuzuweisen. „Es wird sogar verlangt, in den Schulen Kameras zu installieren, um zu beobachten, ob unsere Kinder nicht zufällig von ihnen malträtiert werden. Wir sollten uns aber in Erinnerung rufen, dass die Lehrer vor Jahren protestiert haben, sie aber kaum jemand unterstützt hat. Darüber sollten wir uns Gedanken machen.“
Das neueste Stück des Theaters "Replik" trägt den Titel "Fernreportagen aus Bulgarien – Die Odyssee" in Anlehnung an die Essays von Georgi Markow und erzählt eine Geschichte aus unserer totalitären Vergangenheit, die uns immer wieder einholt und in der die Uhren stehen geblieben waren.
„Wir dürfen nicht vergessen, dass die heutigen Probleme in der Vergangenheit wurzeln“, behauptet Blagoj Bojtschew. „Die Bürokratie, die Vetternwirtschaft und die Korruption sind nicht von heute. Besorgniserregend ist, dass über unsere Vergangenheit oft Lügen verbreitet werden, die die Jugendlichen manipulieren zu glauben, dass die totalitäre Gesellschaft besser war als die heutige Demokratie. Natürlich wissen sie nicht konkret, was besser gewesen sein soll, doch offensichtlich suchen sie nach Antworten. Diese Antwort lautet, dass es in Bulgarien ein totalitäres Regime gegeben hat. Wenn das nicht kategorisch erklärt und diese Zeit ehrlich erforscht wird, dann werden die Uhrzeiger nicht vorwärts laufen“, ist Blagoj Bojtschew überzeugt.
Übersetzung: Georgetta Janewa
Fotos: Privatarchiv
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