Die weltbekannte Schriftstellerin Elizabeth Kostova, deren Romane „Der Historiker“ und „Die Schwanendiebe“ längst Beststeller sind, hat ihren dritten Roman herausgebracht. In „The Shadow Land“ erzählt die mit einem Bulgaren verheiratete Autorin von den Schatten und Ausmaßen des Bösen und wie man es mit Courage, Edelmut und Anteilnahme besiegen kann.
Vor acht Jahren träumte die Schriftstellerin von einer jungen Amerikanerin, die nach Bulgarien kommt. Eine Stunde nach ihrer Ankunft muss sie einem älteren Paar helfen, da in ihre Hände dessen Tasche gerät, in der sich eine Urne befindet. Und so macht sie sich auf die Spuren eines Unbekannten auf.
Diese durch höhere Eingebung erhaltene Story legt Elizabeth Kostova dem Buch „The Shadow Land“ zugrunde. Es ist ein Roman über Bulgarien, dessen Hauptheld ein Geiger ist. Seine Geschichte erinnert auf mysteriöse Weise an das Schicksal des legendären Violinisten und Publikumslieblings Alexander Nikolow, der unter dem Spitznamen Sascho Sladura (dt. „Sascho der Süße“) bekannt ist. Er war nicht nur ein begnadeter Musiker, sondern auch ein großer Scherzbold. Doch gerade sein Humor brachte ihn in ein kommunistisches Lager in Lowetsch, wo er nach wenigen Tagen seinen Tod fand. Im Unterschied zu ihm ist dem Romanhelden ein langes Leben beschieden. „Die Frage, die mich bei der Erschaffung meines Helden bewegte war, wie man solche lang anhaltende Erlebnisse verarbeiten kann“, gestand Elizabeth Kostova. Sie selbst erfuhr die wahre Geschichte von Sascho Sladura, nachdem sie den Roman bereits niedergeschrieben hatte. Und wieder waren geheimnisvolle Kräfte mit im Spiel, als sie sich eines Tages vor seiner Gedenktafel in Plowdiw wiederfand.
„Mein Hauptheld stirbt 2006 im Alter von 91 Jahren“, erzählt die Autorin, die dieser Tage ihren dritten Roman dem bulgarischen Publikum vorgestellt hat. „Ich machte mir Gedanken über seine Generation und was es für Künstler und Intellektuelle wie ihn bedeutet, der politischen Maschine zum Opfer zu fallen, obwohl sie apolitisch waren. Während ich noch an meinem Buch arbeitete, hatte ich die Möglichkeit, ein solches Arbeitslager zu besuchen. Die Überreste der meisten Lager hier sind für Besucher unzugänglich und wurden nicht in Gedenkstätten verwandelt. Als ich aber inmitten der Ruinen stand, war ich sehr aufgeregt und hatte ich ein Gefühl der Leere – als wenn der ganze Sinn diesen Ort verlassen hätte. Meiner Ansicht nach helfen Geschichten, leeren Räumen wieder einen Sinn zu geben. Während ich dort saß hatte ich den starken Wunsch, meinen Helden in dieses leere Umfeld zu versetzen. Das war natürlich eine sehr furchteinflößende und riesige Aufgabe. Nun kann ich sagen, dass ich viel aus den Geschichten gelernt habe, die mir die Leute aus erster Hand erzählt haben und ihren wahren Leidensgeschichten großen Respekt entgegenbringe. Durch sie habe ich viel über die Geschichte und die Erlebnisse der Menschen an diesen Orten erfahren und habe versucht, all das in den Kontext meiner Liebe zu Bulgarien zu betten – meiner zweiten Heimat und zwar voller Achtung den Menschen und nachfolgenden Generationen gegenüber“, sagt Elizabeth Kostova.
Während sie an ihrem Roman arbeitete, kam sie mit den haarsträubenden Geschichte der Menschen in Berührung, die die Konzentrationslager in Bulgarien überlebt haben. Eine Tribüne verschaffte ihnen Zwetan Todorow mit seinem Buch „Stimmen aus dem GULAG“. Elizabeth Kostova wollte dem namhaften französisch-bulgarischen Philosophen Zwetan Todorow sogar die fertige Handschrift von „The Shadow Land“ zukommen lassen, doch ist er 45 Tage vor Erscheinen des Romans verstorben, was sie sehr niedergeschlagen hat.
„Ich wusste bereits über die kommunistischen Verbrechen und Leiden jener Zeit Bescheid, weil ich mich mit den Menschen unterhalten und historische Bücher darüber gelesen hatte“, erinnert sich die Schriftstellerin. „Darüber zu berichten hat mir große Schwierigkeiten und Schmerz bereitet. Aus diesem Grund gibt es in meinem Roman beides - Licht und Schatten. Denn offensichtlich geht das Leben der Menschen weiter. In einem gewissen Sinne ist das ein Buch über Gedächtnis, Schmerz, aber auch über Überlebensfreude“, resümiert Elizabeth Kostova.
Sie arbeitet inzwischen an ihrem vierten Buch. Auch darin will sie die für sie obligatorischen Elemente einflechten – ein bulgarisches Sujet und die bulgarischen Namen ihrer drei Kinder.
Übersetzung: Rossiza Radulowa
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