Die bis vor kurzem utopisch anmutende Idee von Premier Bojko Borissow, Bulgarien zu einem wichtigen europäisches Gaszentrum zu etablieren, hat dieser Tage moderate Unterstützung vom größten Gaslieferanten in Europa erhalten – dem russischen Staatskonsortium Gazprom. Bulgariens Energieministerin Temenuschka Petkowa und Gazprom-Chef Alexej Miller haben am vergangenen Wochenende in Sankt Petersburg eine Road Map über den Ausbau des bulgarischen Gasnetzes unterzeichnet. In den offiziellen Statements war kein einziges Wort vom bulgarischen Gashub „Balkan“ enthalten. Experten sind allerdings der Ansicht, dass die besagte Road Map ein Schritt in Richtung reale Umsetzung des Vorhabens von einem Gashub an der bulgarischen Schwarzmeerküste ist. Die Regierung in Sofia plant, über dieses Gasverteilungszentrum Gas an die Länder aus Mittel- und Osteuropa zu verkaufen und Profit aus den Transitgebühren zu schlagen.
Auf dem Papier sieht alles ziemlich verlockend aus. Das Problem aber ist: Woher soll das Erdgas kommen, das Bulgarien verkaufen will? Es ist weder ein arabisches Land mit reichen Gasvorkommen, noch Russland, das ganz Europa beliefert. Über eigenes Gas verfügt Bulgarien so gut wie gar nicht, mit Ausnahme von ein-zwei kleinen Gasvorkommen mit schwindend geringer Kapazität. Es stimmt zwar, dass man momentan aktiv auf der Suche nach Gas und Öl im Schwarzen Meer in der bulgarischen Wirtschaftszone ist, doch werden diese Erkundungen noch eine Zeitlang andauern und zudem ist ungewiss, ob man auf Öl- und Gas stoßen wird oder nicht. Auf jeden Fall wird sich Bulgarien in den kommenden zehn Jahren nicht auf eigene Gas- und Ölressourcen verlassen können.
Das gescheiterte South-Stream-Projekt, bei dem die Pipeline über Bulgarien verlaufen und Europa mit Gas beliefern sollte, ließ die Chancen der bulgarischen Idee von einem Gasverteilungszentrum besser aussehen, denn bei einer Kapazität von 60 Milliarden Kubikmetern Gas pro Jahr hätten bulgarische Firmen einen Teil dieser Mengen für den Reexport auflaufen können. Doch selbst das wäre nicht möglich, hätte die Gazprom nicht eingewilligt, sich an die EU-Regeln zu halten und auch anderen Gaslieferanten Zugang zu seinen Gasrohren zu verschaffen. Auf jedem Fall hätte es Bulgarien genug Gas gesichert – sowohl für den Eigenbedarf als auch für den Export. Russland hat aber beschlossen, sich der Türkei zuzuwenden und mit Ankara den Bau der Pipeline Turkish Stream zu vereinbaren, mit einer Kapazität von etwas mehr als 15 Milliarden Kubikmeter Gas.
Nachdem sie sich vor ihrer ersten Enttäuschung erholt hat, wittert die bulgarische Führung aber auch in diesem Projekt Chancen für Gashandel. Nicht von ungefähr hat Ministerin Temenuschka Petkowa mit Gazprom-Chef Alexei Miller die Zustellung von eben solchen Gasmengen nach Bulgarien besprochen, die über ein zweites Rohr der Turkish Stream oder über eine Abzweigung nach Bulgarien transportiert werden könnten. Das sind allerdings Gasmengen, denen das bulgarische Gasnetz in seinem jetzigen Zustand nicht gewachsen wäre. Aus eben diesem Grund laufen Verhandlungen mit der Gazprom über den Ausbau des Gasnetzes in Bulgarien. Und das lässt das Balkan-Gashub-Projekt realer erscheinen. Zumal Sofia derzeit darum bemüht ist, sein Gasnetz mit dem seiner Nachbarländer zu verknüpfen – mit der Türkei, Griechenland, Rumänien und Serbien. Denn über diese sollen die vom Balkan-Hub verkauften Gasmengen fließen.
Die Europäische Kommission hat zu verstehen gegeben, dass sie der bulgarischen Idee von einem Gashub gewogen ist und hat sogar finanzielle Unterstützung in Aussicht gestellt. Bulgarien hat vorgestern auch von Deutschland grünes Licht für dieses Projekt erhalten, doch wird seine Umsetzung laut Experten mindestens fünf oder sechs Jahre in Anspruch nehmen. Und das im Falle, dass die Lage auf dem Balkan stabil bleibt und es nicht zu einer neuen Eskalation der Spannungen zwischen Russland und der Türkei kommt. Auch sollten wir die Frage nach der Diversifizierung der Gaslieferungen nicht aus den Augen verlieren. Die eventuelle Inbetriebnahme des Schwarzmeergashubs und dessen Versorgung mit russischem Gas wird den Einfluss Russlands nicht nur in Bulgarien, sondern auch in den restlichen europäischen Ländern verstärken, die diesen Gashub nutzen würden. Und hier reden wir bereits von Geopolitik, wo die Wirtschaftslogik oft politischen Rechnungen und Erwägungen unterliegt.
Übersetzung: Rossiza Radulowa
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