In der Nacht zum 17. Mai des Jahres 1876 machte sich in der Nähe der rumänischen Donaustadt Giurgiu eine Freischar bulgarischer Emigranten auf den Weg ins unterjochte Bulgarien, das seit fast 5 Jahrhunderten unter osmanischer Fremdherrschaft stand. Angeführt wurde die Freischar vom Revolutionär und Dichter Christo Botew. Ziel war, die Landsleute in der Region von Wratza zu unterstützen, die sich wie viele andere Bulgaren auch, zu einem Aufstand erhoben hatten, der als April-Aufstand in die Geschichte eingehen sollte. Mit dem österreichischen Donaudampfer Radetzki fuhren die Freischärler nach dem Dorf Kosloduj und auf bulgarischem Boden setzten sie sich in Richtung Balkangebirge in Bewegung. In heftige Kämpfe mit dem osmanischen Heer und mit Baschi-Bosuks verwickelt, wurde die Freischar bereits nach drei Tagen aufgerieben und Botew getötet. Die blutige Niederschlagung des April-Aufstandes bewegte jedoch Russland zum Eingreifen – es kam zum Russisch-türkischen Krieg, der Bulgarien die Freiheit bringen sollte.
Seit nunmehr 71 Jahren wird sich auch in diesem Jahr eine Gruppe Enthusiasten auf den Pfaden der Freischar Christo Botews begeben – von Kosloduj bis zum Gipfel Okoltschitza, dem Ort, an dem Botew fiel. Dort steht heute ein Denkmal für den Revolutionär und Dichter.
Einzelheiten über diese traditionelle Wanderung, die am 27. Mai beginnt und am 2. Juni, dem Gedenktag Botews endet, teilte uns Sornitza Radonowa vom Bulgarischen Tourismusverband mit, der alljährlich die Initiative organisiert.
„Die Idee für diese Wanderung kam im Jahre 1946 drei Tourismus-Veteranen in den Sinn“, erzählt Radonowa. „Unter ihnen war Pawel Deliradew, der innerhalb der Tourismusbewegung in Bulgarien enormes geleistet hat. Er hat beispielsweise 1923 die erste Gruppenbesteigung des höchsten Gipfels der Balkanhalbinsel, des Musala (2.925 Meter), organisiert. Im Jahr darauf unternahm er mit einem Freund eine Wandertour vom Gipfel Kom im westlichen Balkangebirge nahe der Grenze zu Serbien quer durch Bulgarien bis zum Kap Emine am Schwarzen Meer. Die anderen zwei Ideenväter der Wanderung von Kosloduj nach Okoltschitza sind der Historiker Iwan Welkow und der Schriftsteller Dimitar Ossinin. Sie vereinte die Achtung, die sie der Tat und der Opferbereitschaft der Freischar Botews entgegenbrachten.“
Sie begaben sich im Mai auf den Pfaden der Freischärler und zeichneten eine Wanderroute auf, die auch heute noch verwendet wird. Im Jahre 1947 fand dann die erste organisierte Gruppenwanderung bis zum Gipfel Okoltschitza statt. Zu Beginn waren es lediglich 17 Enthusiasten, denen sich mit den Jahren immer mehr anschlossen, bis schließlich 1976 ein Höhepunkt mit rund 8.600 Teilnehmern erreicht wurde. Nach der Wende in Bulgarien von 1989 ging die Teilnehmerzahl sprungartig zurück, nimmt aber seitdem wieder stetig zu. In den letzten Jahren begeben sich etwas mehr als 1.000 Enthusiasten auf den Pfaden der Freischar Botews. Darunter sind viele Schulklassen, die gemeinsam diese Wanderung unternehmen.
„Die Route ist immer dieselbe, doch es ist für die Teilnehmer jedes Mal ein Erlebnis“, erzählt weiter Sornitza Radonowa vom Bulgarischen Tourismusverband. „Viele der Teilnehmer machen jedes Jahr mit und erzählen den Neulingen, was sie in den Jahren bei dieser Wanderung erlebt haben. Im Zeltlager herrscht ein fröhliches Beisammensein und die Teilnehmer gestalten verschiedene Unterhaltungsprogramme. Auch werden Wettbewerbe organisiert.“
Die Wanderroute führt an verschiedenen nationalen Tourismusobjekten vorbei, die gern von den Teilnehmern an der Wanderung besichtigt werden. Ihnen steht jedes Mal ein fachkundiger Begleiter vom Geschichtsmuseum der Stadt Wratza zur Seite. Er erzählt ihnen über die einzelnen Kämpfe und am 1. Juni, dem Tag, an dem Botew fiel, hält der Historiker einen Vortrag über die letzten Kampfhandlungen.
„Am Morgen des 2. Juni wird die Wanderung offiziell beendet und an die Teilnehmer werden Urkunden verteilt. Die Sieger in den verschiedenen Wettbewerben, die während der Wanderung veranstaltet wurden, erhalten Preise des Bulgarischen Tourismusverbandes und der Regionalverwaltung von Wratza“, sagte uns abschließend Sornitza Radonowa vom Bulgarischen Tourismusverband, der alljährlich die Initiative organisiert.
Übersetzung: Wladimir Wladimirow
Fotos: Privatarchiv
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