Von Sommer 2013 bis Ende 2016 haben sich die Propagandamaterialen in den Medien verdreißigfacht. Das zumindest behauptet die Stiftung für humanitäre und soziale Forschung. In ihrer Studie „Antidemokratische Propaganda in Bulgarien“ verweist die Organisation auf vier Hauptthemen, mit denen man auf das Bewusstsein der Menschen losgeht – der Untergang der Europäischen Union, der Aufstieg Russlands, die käufliche Elite in Bulgarien sowie USA und NATO als globaler Hegemon und Drahtzieher im Weltmaßstab.
Im Rahmen der Studie hat die Stiftung zunächst 3.000 Internetseiten untersucht. In den acht propagandastärksten wurden dann über 3.000 Veröffentlichungen eingesehen. Es stellte sich heraus, dass sich vor allem die PIK-Agentur sowie die Tageszeitungen Trud, Duma und Weekend dieser vier Hauptthemen bedienen. Man wisse nicht, ob diese Propaganda von einer Quelle aus gezielt gesteuert werde oder nicht, kommentierte Dozent Bojan Znepolski, obwohl Europa bereits mehrfach den Kreml als Quelle ausgemacht habe. Nach Ansicht des Soziologen berge das große Gefahren für unser Land, vor allem was die EU-Mitgliedschaft betrifft.
"Eine Gefahr ist die zielgerichtete Diskreditierung politischer und wirtschaftlicher Eliten", meint Bojan Znepolski. "Zudem soll die Propaganda die Zivilgesellschaft diskreditieren – Stiftungen und Nichtregierungsorganisationen werden beispielsweise der Bedienung fremder Interessen bezichtigt. Eine weitere Gefahr ist mit der Diskreditierung der Europäischen Union und der Euro-Atlantischen-Partnerschaft als Ganzes verbunden. All das könnte dazu führen, dass Eliten abgelehnt werden und man den Menschen suggeriert, alles sei in der Hand des Volkes. Solche Spekulationen können sehr gefährlich sein."
Die Propaganda in den Medien steigt im Vorfeld gegebener Ereignisse. 2013 waren solche Erscheinungen eher ein Einzelfall. Das hat sich seit dem Maidan in Kiew geändert. 2013 ist zudem das Jahr, in dem die Bulgaren gegen die Ernennung von Deljan Peewski zum Geheimdienstchef auf die Straße gingen. Ihren Höhepunkt verzeichnete die antidemokratische Propaganda bei der Annexion der Krim, um den ersten Jahrestag der Krim-Annexion, bei der Merkel-Erklärung zur Aufnahme von Flüchtlingen, beim Eingreifen Russlands in den Syrien-Krieg, um den NATO-Gipfel in Warschau, bei den Präsidentenwahlen in Bulgarien.
"Bei genauerem Hinsehen geht es bei über 3.000 Veröffentlichungen um ein und dasselbe Thema, wobei die Zahl der Publikationen zu gegebenem Zeitpunkt um das Zehn- und Hundertfache steigt. Das ist offensichtlich wohl eher kein Zufall sondern zielgerichtetes Vorgehen, das die Leute massiv aufwiegeln und bestimmte Thesen unter ihnen verbreiten soll", meint Bojan Znepolski. "Zudem werden diese Thesen nie in einem Kontext aufgeworfen, der diese widerlegen könnte."
Als Beispiel führt der Experte die Kritik an der EU an – das sei eine politische Organisation, die den USA hörig ist und amerikanische Interessen vertritt. Interessant wäre in diesem Zusammenhang jedoch, wie die Kritik an Europa der Kritik an Russland gegenübersteht.
"In diesen Publikationen gibt es keine Kritik an Russland", erklärt Dozent Bojan Znepolski. "Eher geht es um den Aufstieg Russlands, um die Aufrüstung des Landes, um die Geopolitik. D.h. außenpolitisch wird Russland als Zivilisationsmodell dargestellt, das sich dem Westen entgegenstellt."
Während die in oligarchisch-politische Abhängigkeiten verstrickten Medien in Bulgarien zunehmend zu einem Platzdarm des Hybridkriegs werden, hat sich Bulgarien in Sachen Medienfreiheit erneut zum EU-Schlusslicht "gemausert". Im jüngsten globalen Index wurde Bulgarien von Reportern ohne Grenzen auf Rang 109 gesetzt. Der Grund – das Land wird von Korruption und der Verflechtung von Medien, Politik und Oligarchie dominiert, einschließlich von Deljan Peewski mit seiner Mediengruppe aus sechs Tageszeitungen, die 80 Prozent des Zeitungsvertriebs in Bulgarien kontrolliert. Darüber hinaus vergebe die Regierung ohne Transparenz europäische Fördermittel an ausgewählte Medien, deren Redakteure im Gegenzug von Kritik und bestimmten Themen absehen.
Übersetzung: Christine Christov
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