Gott hat eine mannigfaltige Welt geschaffen, die sich uns mit vielen Gesichtern offenbart. Es liegt nur an uns selbst, ob wir Seine Schöpfung mit den Augen eines Entdeckers betrachten oder uns an Etiketten halten, die irgendjemand vorgegeben hat. In der Adventszeit erstrahlt in einem französischen Labor ein Weihnachtsbaum. Allerdings lässt seine Erscheinung im sterilen Umfeld keine Weihnachtsstimmung aufkommen. Obwohl er nur so groß wie eine Untertasse ist, bahnt sich seine Geschichte den Weg in die Welt der Wissenschaft. Sein sympathisches Erscheinungsbild wird für sie zu einem Weihnachtssymbol. Später folgt noch eine Menge anderer Dinge. Jetzt sollten wir die wichtigsten Worte aufzählen – lebende Bakterien, Nährboden, Petrischale, Präpariernadel, damit unsere Heldin Rossiza Taschkowa ihr Märchen erzählen kann, in dem die "Bösen" nicht nur töten, sondern zuweilen auch Schönheit kreieren.
"Vor zwei Jahren habe ich für meine Magisterarbeit in Mikrobiologie in einem Labor in Frankreich gearbeitet", erzählt Rossiza Taschkowa. "Da wir kein großes Kollektiv waren, war es mir manchmal langweilig. Vielleicht habe ich deswegen heimlich herumexperimentiert . Eines dieser Experimente war, aus Mikroorganismen einen Weihnachtsbaum zu kreieren, in einer Petrischale mit Nährboden."
Anstatt die sich angesammelten Petrischalen mit Bakterienstämmen in allen möglichen Formen und Farben zu entsorgen, erhitzt Rossiza eine Präpariernadel und... beginnt sich schöpferisch zu betätigen. Die Aktinomyzeten werden zu Schneesternen, verschieden Bazillen - zu einem Baumstamm, Tannenzweigen und Baumschmuck. Danach stellt sie den künftigen Weihnachtsbaum warm.
"Um eine schönes Bild zu kreieren, muss man die Eigenschaften der Mikroorganismen kennen", erklärt Rossiza Taschkowa. "Die Mikroorganismen bedürfen unterschiedlicher Bedingungen, um zu wachsen. Zudem verfärben sie sich auf unterschiedliche Weise. Auch die Farben sind ein Ergebnis der Reaktion von Mikroorganismus und Umfeld. Es kommt jedoch auch vor, das eine Art das Wachstum einer anderen behindert und sie sich dementsprechend dann auch nicht verfärbt. Das Interessante ist, dass der Künstler dabei ohne Farben malt, da sich auf dem Nährboden lediglich schwache Kratzer der Nadel abzeichnen. Die Zeichnung erwacht buchstäblich über Nacht oder über mehrere Nächte. Deshalb kann man getrost sagen, dass hier blind gemalt wird."
Nachdem der Weihnachtsbaum von Rossiza zu Leben erwacht ist, schickt sie ein Foto an die Amerikanische Gesellschaft für Mikrobiologie (ASM), die das Foto wiederum an ihre Facebook-Pinwand stellt. Die Likes und Kommentare brechen alle Rekorde. Inspiriert von der Zeichnung der Bulgarin organisiert die Gesellschaft bereits das dritte Jahr in Folge einen internationalen Wettbewerb für Zeichnungen aus Mikroorganismen in Petrischalen. Auch das Fachmagazin Bulgarische Wissenschaft, für welches Rossiza arbeitet, bereitet seinen zweiten Wettbewerb vor. Damit wollen die heimischen Wissenschaftler die Botschaft vermitteln, dass auch die Mikrobiologie eine ureigene Form von Kunst ist.
"Dafür braucht es vertiefte Kenntnisse – in Theorie und Praxis – und ein gewisses Fingerspitzengefühl für Ästhetik", meint Rossiza Taschkowa. "Seit jeher glaube ich, dass Mikrobiologen die Welt mit anderen Augen sehen. In der Regel begeistert sich der Mensch für die Natur in seinem Umfeld, wogegen der Mikrobiologe sich mit etwas Unsichtbarem beschäftigt und es sehr viel Vorstellungsvermögen bedarf, um sich den Gegenstand seiner Arbeit vor Augen zu führen. Natürlich gibt es Mikroskope, die allerdings nur begrenzt zum Einsatz kommen."
Alles um uns herum ist Kunst, man muss nur mit offenen Augen durch die Welt gehen. Wie Rossiza – die erste Wissenschaftlerin der Welt, die eine Zeichnung aus Mikroorganismen kreiert hat.
Übersetzung: Christine Christov
Fotos: ASM
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