Die bulgarische Balkanstadt Trojan ist auch außerhalb unserer Landesgrenzen für ihre von Hand bemalte Keramik mit dem unverwechselbaren Pfauenaugen-Motiv berühmt. Aus dieser Stadt stammt auch Ralitsa Yovkova. Sie wurde in eine Familie geboren, in der das Töpferhandwerk bereits seit Generationen gepflegt wird. Ihre ersten Erinnerungen sind der Geruch des feuchten ungebrannten Tons und das Schnurren der Töpferscheibe. Es war für sie eine Selbstverständlichkeit, die örtliche Schule für angewandte Künste zu besuchen und danach die Töpferkunst an der Nationalen Kunstakademie in Sofia zu erlernen.
„Dort kamen mir ehrlich gesagt Zweifel, ob ich das wirklich will, oder ob ich ganz einfach nur blindlings den Familientraditionen gefolgt bin“, erzählt die heutige Töpfermeisterin. „Es gab nämlich Kommilitonen, die viel besser waren als ich. Ich begann mich also ernsthaft zu fragen, ob ich nicht fehl am Platz bin. Schließlich hatte ich auch andere Veranlagungen. Beispielsweise war ich sehr gut in Mathe und dieses Fach gefiel mir sehr. Dann sagte ich mir aber, dass ich ganz einfach besser werden muss. Immerhin hatten mein Urgroßvater, mein Großvater und mein Vater so einiges im Töpferhandwerk geleistet. Diese Erfahrungen durften einfach nicht ungenutzt bleiben! Gleichzeitig begann ich auch nach meinem eigenen Stil zu suchen. Hierbei wurde ich von meinen Lehrern an der Akademie gefördert. Sie sagten mir, dass drei Wege zum Erfolg führen. Beim ersten Weg müsse man der Erste sein, d.h. man muss sich mit Kunstkeramik beschäftigen, die sich von der traditionellen Keramik grundlegend unterscheidet und etwas ganz Neues kreieren. Beim zweiten Weg muss man besser als der Erste sein, der sich etwas Neues hat einfallen lassen, was ebenfalls nicht einfach ist. Der dritte Weg besteht darin, ganz einfach anders zu sein. Einige Arbeiten meiner Kollegen beeinflussten mich sehr, doch dann wurde ich mir bewusst, dass ich nur nachahme und unbefriedigende Kopien anfertige. Schließlich kehrte ich zur Technik meiner Vorfahren zurück und gerade sie machte meine Arbeiten verschieden. Es handelt sich um die sogenannte Engoben-Technik. Das ist eine dünnflüssige weiße Tonmasse, die eingefärbt werden kann. Eine Engobe ist kleine Glasur. Die Glasuren sind ihrerseits meist in grellen satten Farben, während die Engoben in Pastellfarben gehalten sind. Diese Nuancen sind charakteristisch für meine Arbeiten, wie auch die grafische Ausschmückung selbst.“
In Trojan ist es keine Seltenheit, wenn sich eine Frau an die Töpferscheibe setzt und stolz den Titel „Töpfermeisterin“ führt. Die Töpferei hat hier alt Traditionen und gehört seit je her zu den Haupterwerbszweigen der Bevölkerung, da der Boden hauptsächlich aus Tonerden besteht, die für eine florierende Landwirtschaft ungeeignet sind. Dafür ist aber der hier gewonnene Ton erstklassig.
Ihre ersten Arbeiten verkaufte Ralitsa Yovkova eher nebenbei. Da ihre Mutter Französisch unterrichtet, sind bei ihr häufig Gäste aus Frankreich zu Besuch. Ihnen fiel nicht nur die Töpferware des Vaters auf, sondern fragten einmal, ob man diese Gefäße nicht kaufen könnte und zeigten auf die Arbeiten von Ralitsa. Mittlerweile werden ihre Tongefäße in Deutschland, Frankreich, Großbritannien und dem USA vertrieben.
„Die Keramikherstellung ist größtenteils ein rein technologischer Prozess. Man muss die Eigenschaften des Tons sehr gut kennen. An einem Gefäß, sei es auch nur ein Becher, arbeitet man rein technologisch bedingt mindestens zwei Wochen“, erzählt die Töpfermeisterin und fährt fort: „Zu Beginn begann ich, wie alle anderen jungen Kunsthandwerker, meine Arbeiten in verschiedenen kleinen Kunstgewerbeläden und Souvenir-Shops anzubieten. Dort wurde ich von größeren Händlern bemerkt und sie bestellten bei mir Ware für die gesamte Sommersaison an der Schwarzmeerküste. Das hat mich natürlich ungemein gefreut. Ich hörte auf, mich um den Vertrieb meiner Ware zu kümmern – die Käufer begannen sich mit Großbestellungen direkt an mich zu wenden. Man begann, für Großstädte in Bulgarien und im Ausland zu bestellen. Meine Arbeiten fanden schnell Anklang, nicht nur bei den Bulgaren, die im Ausland leben, sondern auch bei Keramikfans, wie beispielsweise in Frankreich. Dort begehrt man meine Schwarz-Weiß-Serie, während in Deutschland eher die Grün-Nuancen gefragt sind; die buntere Keramik gefällt hingegen besonders den Russen.“
Ralitsa Yovkova versicherte uns, dass man aus Ton genauso feine Artikel herstellen kann, wie aus Porzellan. Man müsse nur genügend Erfahrungen haben. Doch dahinter verbergen sich viel Fleiß, Geduld und natürlich Liebe zum Töpferhandwerk.
Übersetzung: Wladimir Wladimirow
Fotos: Privatarchiv
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